piwik no script img

Aktion gegen sexualisierte Gewalt„Ich bin Fußballerin, kein Objekt“

Der Fußballklub Berolina Mitte veranstaltet ein Laufevent gegen sexualisierte Gewalt im Sport. Katharina vom Dahl ist eine der Initiatorinnen.

Auf dem Fußballplatz geht es leider nicht immer nur um den Sport Foto: dpa
Interview von Jacqueline Dinser

taz: Frau vom Dahl, Sie wollen mit dem Projekt „Clubs for Change“ Vereine für sexualisierte Gewalt im Sport sensibilisieren. Warum ist das gerade hier wichtig?

Katharina vom Dahl: In den letzten Monaten wurde medial vor allem in anderen Bereichen, wie der katholischen Kirche, über sexualisierte Gewalt berichtet. Wir wollen mit der Aktion zeigen, dass es auch im Breitensport passiert, und die Wahrnehmung darauf lenken.

Gibt es in ihrem Verein einen konkreten Vorfall, der das Projekt angestoßen hat?

Nein, wir haben im Verein kein grundsätzliches Problem mit körperlicher, sexualisierter Gewalt. Wir erleben eher die abgeschwächte Version davon in Form von unangebrachten sexualisierten Sprüchen vom Spielfeldrand.

Auch das kann schon eine Grenzüberschreitung sein.

Definitiv. Verbale Äußerungen wie „Ey Süße“ überschreiten für viele eine Grenze. Wenn ich auf dem Feld stehe, bin ich Fußballerin und kein Objekt. Ein Fußballplatz sollte ein schöner Ort sein, an dem sich alle wohlfühlen.

Im Interview: Katharina vom Dahl​

Katharina vom Dahl

29, leitet das Projekt „Clubs for Change“ und ist Kapitänin der 1. Frauen des Fußballvereins Berolina Mitte. Seit fünf Jahren spielt sie für den Verein.

Wie kann die Aktion dazu beitragen?

Wir erhoffen uns von dem Projekt, dass Tä­te­r*in­nen abgeschreckt werden, weil die Haltung unseres Vereins klar ist. Gleichzeitig sollen auch Zeu­g*in­nen aufmerksam sein und einschreiten, wenn sie etwas mitbekommen. Wir möchten sexualisierter Gewalt präventiv begegnen und dafür sorgen, dass es kein Tabuthema bleibt.

Was sind konkrete Präventionsmaßnahmen?

Seit diesem Jahr bieten wir in unserem Verein eine Reihe von Onlineworkshops an. Zum Beispiel für Übungs­lei­te­r*in­nen und auch für die Spielerinnen selbst, damit sie lernen, wie man mit verbalen Übergriffen umgeht. Außerdem erstellen wir gerade ein Präventions- und Interventionskonzept, weil uns der Opferschutz sehr wichtig ist. Hier ist dann schriftlich festgehalten, wie wir als Verein bei einem Fall von sexualisierter Gewalt vorgehen.

Gab es vorher keine Vorgaben, welche Schritte in einem solchen Fall eingeleitet werden müssen?

Alle großen Sportverbände bieten hierfür Vorlagen und Material an. Wir erfinden das Rad mit der Aktion also nicht neu, schlagen aber die Brücke, um das Thema auch auf die Agenda kleinerer Vereine zu bringen.

Um auch öffentlichkeitswirksam auf sexualisierte Gewalt im Sport aufmerksam zu machen, hat Ihre Frauen- und Juniorinnen-Abteilung das Laufevent am Sonntag ins Leben gerufen. Wie läuft das ab?

Das Laufevent am Sonntag

Der Fußballverein Berolina Mitte ruft am Sonntag dazu auf, ein Zeichen gegen sexualisierte Gewalt zu setzen. Wer sich beteiligen möchte, kann ortsunabhängig eine beliebige Strecke laufen und dies dann virtuell auf Instagram über den Hashtag #clubsforchange und eine Verlinkung der Frauenmannschaft (@berofrauen) teilen. Angestoßen wurde die Aktion von der Frauen- und Juniorinnen-Abteilung des Fußballvereins Berolina Mitte in Berlin. 

Damit die Aktion coronakonform ist, haben wir innerhalb des Vereins Laufteams gebildet, die zu zweit unterschiedliche Routen in Berlin joggen werden. Es beteiligen sich nicht nur die 1. Frauen- und Herrenmannschaft, sondern Spieler und Spielerinnen aus allen Frauen- und Herrenmannschaften des Vereins. Sie werden Laufjacken mit unserem Projektlogo tragen, um so Aufmerksamkeit zu erregen. Bei den Strecken war uns wichtig, dass sie nicht nur an typischen Berliner Merkmalen, sondern auch an Berliner Sportplätzen vorbeiführen. Der Lauf endet insgesamt an unserem Berolina-Sportplatz, aber nicht alle Einzelrouten.

Wie können Nichtmitglieder die Aktion unterstützen?

Wir rufen dazu auf, dass alle mitlaufen, die auch ein Zeichen gegen sexualisierte Gewalt setzen möchten. Dazu kann je­de*r ortsunabhängig mitmachen. Die gelaufene Strecke kann dann über eine geeignete App getrackt und auf Instagram mit dem Hashtag #clubsforchange und einer Verlinkung unserer Frauenmannschaft (@berofrauen) geteilt werden.

Das Projekt heißt „Clubs for Change“ – Plural also. Bisher beteiligt sich aber nur der Verein Berolina Mitte.

Momentan sind wir in Berlin noch der einzige Fußballverein, der sich an dem Projekt beteiligt. Wir hoffen aber darauf, Antreiber zu sein, damit sich mehr Vereine im Breitensport gegen sexualisierte Gewalt einsetzen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!