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Agnès Buzyn für ParisNeue Kandidatin nach Sexvideo-Eklat

Emmanuel Macrons Kandidat für das Pariser Bürgermeisteramt musste weichen. Nun soll es die bisherige Gesundheitsministerin richten.

Agnès Buzyn soll den Eklat vergessen machen: In Paris gab sie ihren Rücktritt als Ministerin bekannt Foto: dpa

PARIS taz | Die bisherige französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn soll als Spitzenkandidatin der Regierungspartei La République En Marche! (LREM) bei den kommenden Kommunalwahlen Mitte März das Rathaus der Hauptstadt erobern – oder falls dies nicht gelingt, wenigstens die peinliche Episode des Abgangs von Benjamin Griveaux vergessen machen.

Dieser musste am letzten Freitag nach der Veröffentlichung von intimen Videos, die er einer jungen Frau geschickt hatte, auf seine Kandidatur als Pariser Bürgermeister verzichten. Noch ist nicht klar, ob er dabei in eine plumpe Falle getappt ist. Gegen den Aktionskünstler Pjotr Pawlenski und dessen Gefährtin, die diese fraglichen Videos dem Vernehmen nach erhalten hatten, wird aufgrund einer Klage von Griveaux wegen Verletzung der Privatsphäre ermittelt.

Seither suchte die LREM-Leitung verzweifelt nach einem Ersatz. Mehrere Persönlichkeiten der von Emmanuel Macron gegründeten Bewegung hatten dankend abgelehnt, andere wollten nur zu gerne, bekamen aber intern nicht den erhofften Segen der Nominierung, um für LREM um das begehrte Bürgermeisteramt zu kämpfen.

Auch Buzyn hatte mehrfach explizit gesagt, dass sie bei diesen Wahlen nicht kandidieren wolle. Noch am 14. Februar, als LREM sie schon als mögliche Lückenbüßerin betrachtete, lehnte sie das Ansinnen entschieden ab. Sie argumentierte, als Sozial- und Gesundheitsministerin habe sie mit der Coronavirus-Epidemie und mit der unter ihrer Zuständigkeit begonnenen Debatte über die Rentenreform mehr als genug zu tun.

Drei Frauen stehen zur Wahl

Es brauchte die ganze Überzeugungskraft von Präsident Macron, um sie am Sonntag zu einem Meinungswandel zu bewegen. Er hält sie für die Einzige, die genügend bekannt und populär sein könnte, um diesen durch Griveaux vermasselten Wahlkampf vielleicht noch zu retten.

Allerdings hat sie jetzt nur vier Wochen Zeit, um sich in die Kommunalpolitik einzuarbeiten und sich als eventuelle Oberbürgermeisterin der Hauptstadt zu profilieren. Ihre politischen Gegner scheuen sich nicht, bereits diese „Improvisation“ als Handicap der Kandidatin zu kritisieren. Um trotz ihres abrupten Rollenwechsels glaubwürdig zu erscheinen, musste Buzyn von ihrem Ministerposten zurücktreten.

Sie hat jetzt nur vier Wochen Zeit, um sich in die Kommunalpolitik einzuarbeiten und sich als Bürgermeisterin der Hauptstadt zu profilieren

Für LREM bedeutet der Wechsel an der Spitze der Wahlliste, dass das gesamte Material für Griveaux' Wahlwerbung eingestampft und mit dem Namen Buzyn neu gedruckt werden muss. Gleich drei Frauen haben jetzt eine Chance auf den Posten. Neben der bisherigen Bürgermeistern, der Sozialistin Anne Hidalgo, sind dies die konservative Ex-Justizministerin von Nicolas Sarkozy, Rachida Dati, und nun Buzyn.

Noch am Sonntagabend hat Macron den neuen Sozial- und Gesundheitsminister ernannt. Es handelt sich um den LREM-Abgeordneten Olivier Véran (39), einen Neurologen aus Grenoble.

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1 Kommentar

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  • Dahinter steckt Putin - wer denn sonst

    Zu dieser Affäre gehört auch, daß in Paris wie aus der Pistole geschossen blühende Verschwörungstheorien ins Kraut schießen und man allen Ernstes Putin dahinter vermutet. Ja wen denn sonst? Das Nachtrichtenmagazin „Marianne“ jedenfalls machte sich gestern obdessen mit der Schlagzeile lustig: „Die Hand Putins in der Unterhose von Griveaux“ („La main de Poutine dans la culotte de Griveaux“): „Nach der Griveaux-Affäre stimmen die professionellen Kremologen, früh aufgestandene Putinianer und mit allen Wassern gewaschene Ex-Sowjetologen die alte Leier an und verfolgen die verschneite Piste des Feindes, der aus der Kälte kam, um Verwirrung in unsere gute alte Demokratie zu sähen.“ („Après l'affaire Griveaux, les kremlinologues professionnels, les poutiniens du petit matin, les ex-soviétologues avertis y vont de leur petite musique pour explorer la piste enneigée de l’ennemi venu du froid pour semer le trouble dans notre bonne vieille démocratie.“)

    Das erinnert an eine andere Verschwörungstheorie vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich, der Kreml hätte das Ondit in die Welt gesetzt, Macron sei schwul, um ihn bei den Wählern zu diskreditieren, dabei verkennend, daß Gerüchte über sexuelle Extravaganzen in Frankreich traditionell schlecht dazu taugen, das Ansehen eines Politikers zu beschädigen: Eher im Gegenteil...