piwik no script img

AfD will Bundestagsvize stellenHarder-Kühnel stellt sich zur Wahl

Der Bundestag stimmt über die AfD-Kandidatin für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin ab. Ob Harder-Kühnel auch gewählt wird, ist ungewiss.

Mariana Harder-Kühnel zählt zu den eher moderateren AfD-PolitikerInnen Foto: dpa

Berlin taz | An diesem Donnerstag, 14:40 Uhr, steht er zum vierten Mal auf der Tagesordnung: Der Versuch der AfD, einen Vertreter ihrer Fraktion in das Bundestagspräsidium zu entsenden. „Wahl einer Stellvertreterin des Präsidenten“, heißt das auf der Tagesordnung. Denn nachdem Albrecht Glaser zu Beginn der Legislaturperiode dreimal durchgefallen war, schickt die AfD nun eine Frau ins Rennen: Mariana Harder-Kühnel, die wie Glaser aus Hessen stammt und innerhalb der AfD zu den eher moderateren PolitikerInnen zählt. Das Kalkül der Fraktion: Gegen Harder-Kühnel speziell ist schwer etwas vorzubringen – außer, dass sie die Positionen ihrer Partei teilt.

Doch ob sie gewählt werden wird, ist ungewiss. SPD und Linkspartei hatten bereits kurz nach der Nominierung angekündigt, eher nicht für Harder-Kühnel zu stimmen, weil sich die Partei nicht ausreichend vom Rechtsextremismus distanziere. Auch aus den anderen Fraktionen hörte man kritische Stimmen. Die Wahl ist geheim.

Union, SPD und FDP hätten das Angebot der AfD ausgeschlagen, Harder-Kühnel zu befragen, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann. Er aber sehe „keinen Grund“ warum man Harder-Kühnel nicht wählen solle. „Dieser Posten steht uns zu“, sagte Baumann. Der Bundestag hatte in seiner konstituierenden Sitzung beschlossen, dass jede Fraktion eineN BundestagsvizepräsidentIn stellen kann.

Harder-Kühnel verortet sich in der Partei irgendwo in der Mitte und sagt, sie sei „AfD pur“

Harder-Kühnel, 44, war hessische Spitzenkandidatin ihrer Partei. Sie ist eine der 62 SchriftführerInnen im Bundestag und familienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Gerne kritisiert sie die „Frühsexualisierung“ an den Schulen und hält strikt am Werbeverbot für Abtreibungen fest. Die Juristin verortet sich in der Partei „irgendwo in der Mitte“ und sagt, sie sei „AfD pur“. Aus der Partei aber hört man, dass dies eben auch bedeute, dass sie sich beiden Seite andiene und auch schon mal gemeinsame Sache mit den Rechtsaußen in der AfD mache. Sie bringe „Sachlichkeit, Neutralität und Ausgewogenheit“ mit, sagte Harder-Kühnel nach ihrer Nominierung über sich selbst. Und: „Ich möchte eine Bundestagsvizepräsidentin für alle Fraktionen sein.“

Vor einem Jahr war der ursprünglich aufgestellte Kandidat Glaser dreimal durchgefallen. Die anderen Fraktionen hatten dem langjährigen CDU-Kommunalpolitiker aus Frankfurt wegen seiner Äußerungen zum Islam die Zustimmung verweigert. Glaser hatte den Muslimen in Deutschland das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Religionsfreiheit abgesprochen, weil seiner Auffassung nach der Islam selbst keine Religionsfreiheit kennt.

„Dem privaten Gläubigen muss das Recht auf Religionsfreiheit zustehen“, sagte dagegen Harder-Kühnel. Das sei grundgesetzlich garantiert und könne nicht entzogen werden. Glaser hatte genau das für Muslime in Frage gestellt. Damals hieß es, alle in der Fraktion würden dies wie der Kandidat sehen. Zumindest öffentlich hatte Harder-Kühnel nicht wiedersprochen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 6G
    66584 (Profil gelöscht)

    Ist die "links-rechts" Debatte ist immer noch nicht ausgeschlachtet?



    Man kann in der Politik mit jedem Sachverhalt genau zwei Sachen machen: Ihn beibehalten, also konservieren, oder ihn verändern, das nennt man dann progressiv.



    Ob den vielen Menschen, die sich dem "Kampf gegen Rechts" verschrieben haben bewusst ist, dass alles, was wir beibehalten konservativ ist? Also z.B. Umweltschutz und die Sozialsysteme. Sollen all diese Errungenschaft im Rahmen des Kampfes gegen Windmühlen auch geopfert werden?



    Ich bin über die vorsätzliche Schwammigkeit der Begriffe nur noch entsetzt, es ist als würde man programmierten Lemmingen zuhören. Man möchte heulen.

  • Da die Altparteien die Ablehnung Glasers mit dessen persönlichen Überzeugungen begründeten, ist es ein cleverer Zug der AfD, jetzt eine Gemäßigte aufzustellen.



    Wenn sie wie zu erwarten durchfällt ist ihr die Märtyrerrolle sicher, und die Altparteien haben deutlich gemacht, daß ihnen inhaltliche Positionen gleichgültig sind.



    Schließlich gibt es ja schon eine Vizepräsidentin, bei der die Position "Deutschland, du mieses Stück Schei***" auch nicht zur Nichtwahl geführt hat.

    • @Don Geraldo:

      AfD-Sektenterminologie kombiniert mit den Platitüden der Neubraunen. Abwink ....

    • @Don Geraldo:

      "Aber die Pözen Linken sind ja genauso schlimm wie (oder noch schlimmer als) die Rechten".

      Genau so wird wohl Chamberlain gedacht haben, als er damals Adolf die Hand geschüttelt hat.

      Tsk, tsk.