AfD nominiert Werteunion-Chef: Sogar Maaßen zu rechts
CDU-Mann Max Otte droht der Parteiausschluss, weil er für die AfD bei der Bundespräsidentenwahl antritt. Auch Hans-Georg Maaßen zieht Konsequenzen.
Seine Nominierung hat für Otte direkte parteiinterne Konsequenzen. Der noch amtierende Generalsekretär Paul Ziemiak und dessen Nachfolger Mario Czaja forderten Otte bereits vor der offiziellen Bestätigung dazu auf, die CDU zu verlassen. „Wer eine Nominierung durch die AfD erwägt, verletzt die Werte der CDU und hat in unserer Partei nichts verloren“, sagte Ziemiak bei einem Pressestatement am Mittag im Konrad-Adenauer-Haus.
„Es ist nicht das erste Mal, dass Otte gegen die Regularien der CDU verstoßen hat. Wir haben ihn aufgefordert, bis 17:30 Uhr zu erklären, ob er die Nominierung annimmt“, ergänzte Czaja. Am Abend solle dann der CDU-Parteivorstand über mögliche weitere Schritte entscheiden, so Czaja, „ein Ausschlussverfahren ist definitiv einer davon“. Diese Stellungnahme sei in enger Abstimmung mit dem neuen CDU-Chef Friedrich Merz und dem alten Chef Armin Laschet erfolgt.
Otte ist Chef des kleinen, aber lautstarken Vereins Werteunion am rechten CDU-Rand. Er ist zwar seit 1991 Unionsmitglied, macht aber aus seinen Sympathien für die AfD keinen Hehl. Zuletzt nannte er Merkel „Sozialistin“ und „Apparatschik“. Er plädiert schon länger für eine Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU, war zweieinhalb Jahre Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Erasmus-Stiftung und arbeitet daran, die Grenzen der CDU nach rechts zu verwischen.
Für Otte selbst steht eine mögliche Kandidatur nicht im Widerspruch zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen von Werteunion und CDU, die Zusammenarbeit mit der AfD eigentlich ausschließen. Otte sagte der taz am Vormittag: „Ich sehe mich als Ur-Christdemokraten. Eine Nominierung wäre eine hohe Ehre und das überparteiliche höchste Staatsamt ist keine Parteienfrage.“ Er sehe seine Nominierung nicht als Provokation, sondern die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen und Gräben zuzuschütten. Einen Austritt aus der CDU schloss er aus.
Laschet: „Eine Schande“
Otte ist Wunschkandidat der völkischen Strömung in der AfD. Parteichef Chrupalla hatte die Kandidatur parteiintern mit einer Mehrheit gegen das Lager um den scheidenden Parteichef Jörg Meuthen durchgesetzt. Chrupalla sagte bei seiner Vorstellung: „Otte ist ein honoriger Politiker und Chef der Werteunion. Das ist ein guter Tag für die Demokratie.“ Weidel versuchte weiter, die CDU zu ärgern: „Dass die CDU keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat, zeigt, dass sie noch nicht in ihre Oppositionsrolle hineingefunden hat. Wir sorgen für wertkonservative Alternative.“
Aus Teilnehmerkreisen der CDU-Fraktionssitzung am Nachmittag war unterdessen zu hören, dass die Union noch am Abend handeln wolle. Laschet drängte demzufolge auf einen schnellen Ausschluss gemäß CDU-Statuten in „dringenden und schwerwiegenden Fällen“. Ottes gemeinsame Pressekonferenz mit Weidel und Chrupalla habe eine Schwelle überschritten, so Laschet: „Wir müssen noch am heutigen Tag handeln.“ Auch Merz soll gedrängt haben: „Wir werden Otte heute Abend zeigen, dass wir sehr schnell und sehr eindeutig handeln.“ Man werde ein klares Zeichen setzen, so Merz.
Eigentlich wollte die AfD mit dem Manöver vor allem die CDU ärgern. Doch dass die Rechten Otte zum Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten aufstellen wollen, sorgte mittlerweile auch in der Werteunion für Verwerfungen.
Noch vor CDU-Spitze oder Otte selbst reagierte das Werteunion-Mitglied Hans-Georg Maaßen auf die Nominierung. Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen hatte zwar selbst immer wieder rechte Positionen bezogen und keine Probleme damit, dass er im Wahlkampf als CDU-Direktkandidat selbst von AfD-Politiker*innen unterstützt wurde und sogar Wohlwollen von gefestigten Neonazis genoss, fand es nun aber ein Unding, dass Otte sich direkt von der AfD aufstellen lässt.
Maaßen tritt aus Werteunion aus
„Für mich ist es völlig inakzeptabel, dass sich der Chef der Werteunion von der AfD zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominieren lässt und der Vorstand der Werteunion das duldet“, schrieb Maaßen am späten Montagabend auf der rechtslastigen Online-Plattform Gettr. Damit werde die Arbeit der Werteunion diskreditiert, diese solle nur innerhalb der CDU wirken, so Maaßen. Deswegen sei er nun ausgetreten.
Das sorgte wiederum für Verwunderung bei Werteunion-Chef Otte: „Unsere Positionen sind eigentlichen größtenteils deckungsgleich. Maaßen weiß wahrscheinlich selber nicht so recht, was er will“, sagte Otte am Dienstagvormittag der taz.
Was schon jetzt klar ist: Ein AfD-Kandidat für die Bundespräsidentenwahl ist aussichtslos. Die Union hatte bereits Unterstützung für das amtierende Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier (SPD) angekündigt, der auch der gemeinsame Kandidat der Ampelkoalition ist. Die Linkspartei hat mit dem Sozialmediziner Gerhard Trabert ebenfalls einen Kandidaten aufgestellt, der voraussichtlich ebenfalls keine Mehrheit bekommen wird. Der Bundespräsident wird am 13. Februar von der Bundesversammlung gewählt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin