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AfD nach den Landtagswahlen im OstenHöckes Wahlparty zu Gigi D’Agostino

Die AfD feiert ihre Wahlerfolge mit rassistischen Parolen und „L’amour toujours“. Und will jetzt Fördermittel für demokratische Vereine streichen.

Die Presse muss draußen bleiben: Björn Höcke bei der Ankunft am Gasthaus, in dem die Wahlparty der AfD stattfindet Foto: Christoph Soeder/dpa

Erfurt/Berlin taz | Es war ein Abend ganz nach dem Geschmack von Björn Höcke: Die verhasste Presse hat seine AfD Thüringen von ihrer Wahlparty ausgeschlossen, sie musste vor der Tür warten. Drinnen stimmen Wahlhelfer kurz vor Bekanntgabe der ersten Zahlen die Melodie des von Rechtsextremen vereinnahmten Gigi-D’Agostino-Hits „L’amour toujours“ an und grölen: „Döp-dö-dö-dö, Döp-dö-dö-dö“.

Der Song ist in den letzten Monaten zu so etwas wie dem Soundtrack der Selbstverharmlosung des Rechtsextremismus geworden, nachdem vielfach Videos bekannt worden sind, bei denen besoffene Jugendliche, handelsübliche Neonazis, aber auch Sylter Bonzenkids oder Sicherheitsleute in Flüchtlingsunterkünften auf die Melodie den althergebrachten Nazi-Slogan „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ singt.

Höcke findet das witzig, wie ein Video belegt, dass vom extrem rechten Magazin Compact ins Netz gestellt wurde. Er grinst, als die Melodie von rechtsextremen Aktivisten um ihn herum gesungen wird – kurz bevor das Wahlergebnis eingeblendet wird und das Lokal Hopfenberg in der Nähe des Thüringer Landtags im Jubel versinkt. Später, als Höcke bei der Party über die aus dem Landtag geflogenen Grünen spricht, grölen die Gäste der Wahlparty: „Ab-schie-ben!“

Bei der Wahlkampf-Abschlussdemo der AfD tags zuvor gab es mehrfach Hitlergrüße, wegen derer die Polizei ermittelt. Und so erscheint es eher nach einem „deutschen Gruß“ als nach Zugeständnissen für ernstgemeinte Koalitionsverhandlungen, wenn Höcke vor dem Mikro des Politsenders Phoenix mit Blick auf von allen anderen Parteien ausgeschlossene Zusammenarbeit mit der extrem rechten Partei sagt: „Meine Hand ist ausgestreckt.“

Sperrminorität in Thüringen

Die AfD ist in die Landtage von Thüringen und Sachsen an diesem 1. September 2024 so stark wie nie zuvor eingezogen. Die New York Times verschickte das Ergebnis der Thüringer Landtagswahlen als besorgte Eilmeldung, dass die extreme Rechte in Deutschland erstmals seit der Nazi-Ära wieder eine Landtagswahl gewonnen habe.

Es ist eine politische Zäsur: In Thüringen ist die AfD mit 32,8 Prozent stärkste Kraft und liegt mit zwei Sitzen über der Sperrminorität, kann also wichtige Entscheidungen mit einem Drittel der Mandate blockieren und Einfluss erpressen. Das gilt unter anderem für Verfassungsänderungen, Ernennungen von Rich­te­r*in­nen sowie die Besetzung des für die Überwachung des Verfassungsschutzes zuständigen parlamentarischen Kontrollgremiums. Ebenso steht der AfD als stärkste Kraft das erste Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten zu.

Der Sozialwissenschaftler David Begrich findet es mit Blick auf die Normalisierung von Rechtsextremismus erschreckend, wie schnell viele Po­li­ti­ke­r*in­nen angesichts dieses tiefen Einschnitts zum politischen Alltag übergegangen sind – wenn etwa der CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer plötzlich behaupte, dass die AfD eine normale Oppositionspartei sei – „gerade am Tag nach der Wahl muss man sagen: Nein, das ist sie nicht.“ Er habe das Gefühl, viele im politischen Berlin hätten den Schuss nicht gehört, „vielfach findet bereits wieder die übliche Vorwärtsverteidigung der eigenen Partei statt“, so Begrich.

Ein Übergang zur Tagesordnung sei unangebracht: „Ostdeutschland ist für die extreme Rechte seit der Wiedervereinigung Testgelände Nummer eins. Alles, was die AfD im Osten abspielt, wird mit gewisser Zeitverzögerung auch in den AfD-Hochburgen im Westen ins Werk gesetzt.“ Es handele sich um einen Bruch in der politischen Kultur: „Die gegenwärtige Entwicklung im Osten hat das Potenzial, dieser Republik mindestens ein Bein wegzuhauen“, befürchtet Begrich. Umso wichtiger sei nun, jene Initiativen und Projekte zu unterstützen, die sich vor Ort noch für demokratische Kultur einsetzten.

Wie zur Bestätigung sagte Thüringens AfD-Co-Chef Stefan Möller am Montag in Berlin, dass er die neu gewonnene Macht dafür einsetzen wolle, Fördermittel für demokratische Vereine zusammenzustreichen.

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14 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Was soll das Gerede: die AFD etc. Die AFD wird von Rassisten, Fremdenfeinden, LGBT - und Grünenhassern gewählt. Kein Verstand, Hass ist die Troebfeder. Hass auf Grün celebrieren jetzt auch Huber u Söder v d CSU .

  • Die Berichterstattung über die Wahl ist oftmals grotesk, bei Miosga (ARD) wurde zum größten Teil über Flüchtlinge als Bedrohung diskutiert und nicht über die Bedrohung durch Rechtsextreme, z. B. in Thüringen. Die gehören dort seit Jahren zum Alltag in den kleinen Städten Thüringens, sie dringen mit Hilfe der AFD in die bürgerliche Mitte. Mann kennt sich vom Stammtisch oder Verein, Sport. Alles halb so schlimm.



    Folge: Die Kurstadt Bad Frankenhausen, die dringend auf Touristen -also Fremde - angewiesen ist, wählte zu 40 Prozent AFD.



    Skandalös, aber dies wird von der Berliner Politik, vor allem der CDU, nicht als Skandal wahrgenommen.

    Das ZDF interviewte Bürger in Thringen nach der Wahl, "nein ich bin kein Nazi, wenn ich AFD wähle, schreit ein Bürger agressiv in die Kamera".



    Vor dieser Verharmlosung kann gar nicht genug gewarnt werden, weil der aufkommende Faschismus viele feine Adern hat, die aus der NS-Zeit, der DDR, der Nachwendezeit stammen.



    Michael Hanecke analysierte in seinem Film genau, was die Kindergeneration ausmachte, die den NS-Faschismus später vorantrieb. Grauen und Gewalttaten wie in diesem Film sind längst wieder vorhanden. Kaum einer will sie sehen.

  • Nicht alle Nazis wählen die AfD

  • Es ist höchste Zeit, denn von der CDU kann man die erforderliche Abgrenzung nicht erwarten. Im Gegenteil, durch das Aufgreifen der Themen der AgD macht sie diese Themen noch gegenwärtiger und stärkt damit die Neo-Faschisten. Für deren Wähler, die nur ein Thema kennen, nämlich Migranten zu verunglimfen, ist die CDU der Steigbügelhalter für deren Wahlentscheidung, denn sie wählen bewußt das Original. Rechts-Extremismus schreckt sie nicht ab, sondern bestärkt sie nur in ihrer kruden Weltwahrnehmung.



    Daher #AfDVerbotJetzt

  • Es ist einfach nur widerlich, man gibt sich offen rechtsextrem, schon vor der Wahl, und erhält die Mehrheit. Was ist falsch mit den Leuten, die für dieses Ergebnis gesorgt haben?

    Und welche Mitschuld tragen die anderen Parteien? So bitter es ist, dieses Ergebnis ist nicht nur das die Folge obskurer Demagogie sondern mindestens im gleichen Maße auch ein Versagen der anderen Parteien denen es offensichtlich nicht gelungen ist die Wähler abzuholen. Es reicht nicht zu sagen man hat recht und das Wahlvolk sei nur zu dumm zu verstehen und deren Ängste schlicht falsch. Wahrnehmung ist die Realität jedes einzelnen und in der Wahrnehmung vieler ist beim Thema Migration auch viel falsch gelaufen. Diese Ängste muss man ernst nehmen und nicht von oben abkanzeln, es sei denn man wünscht sich genau diese Ergebnisse. Wer behauptet alles sei alternativlos, der bekommt die Alternative und das kotzt mich an. Es sind halt nicht alle Menschen Berliner Akademiker, so traurig das ist. Wenn diese aber schon bei der CDU Faschismus schreien, dann darf das Ergebnis nicht wundern sondern muss mahnen.

  • Ich bin extrem nachdenklich, auch was historische Vergleiche wie den der New York Times betrifft. Insbesondere denke ich über die Stimmung bei derlei Veranstaltungen nach und was man aus Geschichtsbüchern oder TV Sendungen der Vor-Hitler-Zeit an Parallelen sieht. Die für mich eindeutig sind!



    Was mir aber massiv zu denken gibt ist die Rolle der Politik. Die ist seit Jahren nicht wehrhaft. Eine Dämonisierung der AfD führt zu nix. Die lässt seit Jahren keine echten argumentativ politischen Aktivitäten gegen die AfD erkennen. Sie lässt überdies nicht erkennen, dass sie Willens und in der Lage ist die Gründe warum welche Partei gewählt wird anzuerkennen und inhaltlich dagegen zu arbeiten. Also nur das eigene Dogma pflegen und wenn das an der Wahlurne nicht reicht, dann waren die anderen schuld?



    War das vor fast 100 Jahren etwa auch so? Eine ignorierende politische Elite? Ich habe derzeit so meine negativen Aha- Effekte.

  • Da reden sich die afd Wähler wie folgt raus: „Nur weil ich afd wähle bin ich doch kein Nazi“.



    Ja was denn sonst, wenn kein Nazi, etwa ein Menschenfreund mit Moral, Empathie und Verständnis für die schwachen der Gesellschaft?

  • Es stimmt bedenklich, wenn der Kretschmer als CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Sachsen die AfD als "normale Oppositionspartei" einstuft. Auf der Wahlparty der AfD in Thüringen konnte man eindeutig erkennen, dass dies keine "normale Oppositionspartei" ist. "Ausländer raus"-Gegröle und der Hitlergruß auf AfD - Veranstaltungen und des in Sylt bekannten missbrauchten Liedes machen nicht nur symbolisch die AfD zu Nazis. Hocke zitiert den SA-Schlachtruf "Alles für Deutschland!" Nach Kretschmer eine "normale Opposition". Was für eine Normalisierung des Post- bzw. Neofaschismus. Neofaschismus passt besser als Postfaschismus, da dieser mit der AfD neu geschaffen wird und reinkarniert. ES wäre zu erwarten, dass SPD, Grüne und FDP lernen nicht rechtsextreme Politik salonfähig zu machen und Geflüchtete nicht unter Generalverdacht zu stellen, dass diese Islamisten seien. Die Remigration-Debatte der AfD wird somit in der Bevölkerung auch als "normal" gewertet, wenn der Denkprozess und die politischen Entscheidungen gegen Migrant*innen und Geflüchtete gerichtet werden. Dass gleiche gilt auch für die Bürgergeld-Diskussion. Feindbilder helfen der AfD. Demokratie ist Menschenwürde.

    • @Alucard_Marcuse:

      Woher kommen die Infos und Bilder der geschlossenen Wahlergebnis-Party? Die Presse war ja gesamt ausgeschlossen worden. War Compact doch dabei? Da wird es hoffentlich ne Anzeige geben...

    • @Alucard_Marcuse:

      Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die CDU der AfD ein Koalitionsangebot macht, da muss er von „normaler Oppositionspartei“ sprechen. Es ist zum ko……!

  • Also der Künstler Gigi D’Agostino muss schon ausdrücklich sagen, dass seine Musik nicht von den verdammten AfD-Rechtsextremen gespielt werden soll.

    • @Ice-T:

      Darauf warte ich auch schon seit einiger Zeit.

  • AfD-Parteiverbot einleiten bevor es zu spät ist.