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AfD-freundlicher InfluencerBauernverband plant Auftritt mit Rechtspopulist Anthony Lee

Der umstrittene Influencer Anthony Lee soll bei einer Versammlung mit dem Top-Agrarfunktionär Günther Felßner auftreten. Für Kritiker ist das ein Dammbruch.

Rechts des Bauernverbands gibts Anthony Lee, dessen politische Einstellung so braune wie die Scholle auf dem Acker ist Foto: Frank Hammerschmidt/dpa

Berlin taz | Günther Felßner, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands und CSU-Politiker, will bei einer Veranstaltung mit dem rechtspopulistischen Influencer Anthony Lee auftreten. Der AfD-freundliche Youtuber solle am Samstag in Sontheim im Unterallgäu bei einer „Bauernkonferenz“ zu „500 Jahre Bauernkrieg“ und „Ernährungssouveränität im Grundgesetz“ sprechen, teilte der Bayerische Bauernverband mit, dessen Chef Felßner ist. Auch die kleinere Gruppierung „Landwirtschaft verbindet Bayern“ (LSV) ruft zu dem Treffen und einer Traktorensternfahrt dorthin auf. Zudem sollen lokale Vertreter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter bei der Versammlung reden.

„Während der großen Bauernproteste vor eineinhalb Jahren hatte der Bauernverband sich noch von ex­tremistischen Kräften innerhalb der Protestbewegung distanziert. Aber hier ist ja gar keine Distanz mehr gegeben“, sagte Ottmar Ilchmann der taz, niedersächsischer Landesvorsitzender der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Dass der Bauernverband so direkt beteiligt ist, ist schon eine neue Qualität – und dann gleich so prominent mit seinem bayerischen Landesvorsitzenden.“ Felßner sei ja „nicht irgendein Kreisvorsitzender oder so“, so Ilchmann. „Ich find’s wirklich krass.“ Man müsse froh sein, dass der Verbandsfunktionär, anders als von CSU-Chef Markus Söder geplant, nicht Bundesagrarminister geworden ist.

Lee sei „ein zumindest rechtspopulistischer Influencer, der mittlerweile weit über die Landwirtschaft hinaus mit Verschwörungserzählungen zu Klimawandelleugnung und Migration Stimmung macht“, ergänzte Ilchmann. „Das steht einem demokratischen Verband nicht gut zu Gesicht, sich mit so jemanden gemein zu machen.“ Wenn Lee bei der Veranstaltung auftrete, sollten der Bauernverband und Felßner sich nicht an ihr beteiligen.

Der Niedersachse hat allein bei Youtube mehr als 200.000 Abonnenten und zählt damit zu den reichweitenstärksten AfD-freundlichen Influencern. Bis Juni 2024 war Lee Bundessprecher der Bauernprotestbewegung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ (LSV). Den Posten musste er abgeben, nachdem er gegen die Agrarsoziologin Janna Luisa Pieper vor Gericht verloren hatte. Lee wollte ihr die Äußerung verbieten lassen, dass er durch „rechts­extreme bis hin zu rechtspopulistischen Aussagen aufgefallen“ sei. Heute äußert er sich in seinen Videos kaum noch zu Landwirtschaft, sondern bezeichnet „Migration und Klima“ als seine „Topthemen“.

Migranten als „Invasoren“ dargestellt

Dabei schürt er fremdenfeindliche Ressentiments sowie Angst vor Flüchtlingen und betreibt Desinformation. In einem Video vom 9. Juni bezeichnete er die Ankunft von Migranten an der britischen Küste als „Invasion“. Anschließend zeigte er eine Videoaufnahme von einem Mann, der einem Rollstuhlfahrer anscheinend etwas stiehlt. Damit wollte er offenbar suggerieren, dass Migranten generell kriminell und eine Bedrohung seien.

Bei einer Blockadeaktion auf einer Autobahn im Januar 2024 als Protest gegen die Politik der damaligen Bundesregierung behauptete er, Politiker wollten Bauern ihr Land zugunsten von Flüchtlingen wegnehmen. Dabei hatte niemand in der Koalition gefordert, Höfe zu enteignen.

Lee bezweifelt auch immer wieder, dass der Klimawandel menschengemacht ist. In einem Beitrag vom 7. Juni machte er sich über Hitzewarnungen infolge der Erderwärmung lustig, weil es während seines Drehs gerade regnete. Lee zitierte einen Fernsehbeitrag, dass einem dänischen Wissenschaftler zufolge nicht der Mensch, sondern „die Sonnenaktivität“ schuld am Klimawandel sei. „Das letzte Ding, was noch fallen muss, ist die Klimanummer“, so der Influencer.

99 Prozent der Wissenschaftler, die Fachaufsätze zum Klimaschutz veröffentlichen, sind laut einer Antwort der Bundesregierung von 2019 der Überzeugung, dass die derzeit beobachtete Erderwärmung durch den Menschen verursacht ist. Der Weltklimarat hat festgestellt, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen eindeutig die Ursache für die bisherige und die weitere Erwärmung des Klimasystems seien.

Regelmäßig unterstellt Lee der Ukraine, keinen Frieden zu wollen, obwohl der Staat sich bekanntlich lediglich gegen Russland verteidigt.

Für Bündnis mit AfD

Bei einer Veranstaltung der Werte-Union 2021 sagte er: „Mein Vater war britischer Soldat bei der Rheinarmee. Und mein Opa war Waffen-SS-Offizier. Das heißt also, wenn ich Klartext spreche, hat das seine Gründe.“ Die Waffen-SS war für zahlreiche Massaker im Zweiten Weltkrieg verantwortlich.

Da Lees Positionen auffällig oft mit denen der AfD übereinstimmen, warb er im November 2024 für ein Bündnis der CDU mit dieser Partei. Sie galt dem Bundesamt für Verfassungsschutz schon damals als rechtsextremistischer Verdachtsfall, den ein Gutachten der Behörde mittlerweile bestätigt hat.

Dennoch soll Lee jetzt bei der Veranstaltung im Unterallgäu laut Einladung erklären, „wie die Rechte der Bauern und Bürger in einer demokratischen Gesellschaft heute aussehen sollten, um eine gerechte und nachhaltige Landwirtschaft zu sichern“.

Bauernverband rechtfertigt Auftritt

Der Bayerische Bauernverband schrieb der taz, Felßner nehme teil, „um sich mit anderen Positionen auseinanderzusetzen und diesen nicht das ‚Feld‘ zu überlassen“. Der Sprecher des Milchbauernverbands BDM, Hans Foldenauer, teilte mit: „Dass das BDM-Kreisteam Unterallgäu an dieser Veranstaltung mitwirkt, habe ich/wir erst erfahren, als die Planungen abgeschlossen waren.“ Der Bundesverband werde die Versammlung nicht bewerben. Ob sie dazu beiträgt, Lee salonfähiger zu machen, werde sich zeigen: „Ab und an kommt es auch zu ‚Entlarvung‘ von Protagonisten, deren Antrieb vor allem darin liegt, sich selber zu ‚präsentieren‘.“

Der Deutsche Bauernverband, LSV Bayern und Lee ließen Bitten der taz um Stellungnahmen bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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21 Kommentare

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  • Günther Felßner, ein Umweltstraftäter, ist auch noch Präsident des Bayrischen Bauernverbandes und sollte Landwirtschaftsminister für die Söder isst Partei werden , Gleichzeitig ist der Bayrische Bauernverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes und somit hoheitliche Aufgaben war. Da Frage ich mich ob Herr Felßner auf zu unserer Verfassung steht oder ist er ein Fall für den Verfassungschutz ?

  • Auf Milch und Fleischprodukten kann man ja auch sehen, aus welchem Bundesland die kommen, da werde ich morgen mal sehen, dass ich nicht versehentlich was mit der Kennzeichnung BY kaufe, ich will ja nicht versehentlich solche geschichtsvergessenen Zündler unterstützen.

    • @Axel Schäfer:

      Geschichtsvergessen ist es, fürchte ich, nicht. Hier werden bewusst Anknüpfungspunkte an die unsäglichen Zeiten der deutschen Geschichte gesucht. Bei etlichen Landwirten dürften diese leider auch leicht zu finden sein.

  • Das war doch zu erwarten. Alle nur Aktionismus um von der fachlichenn Unwissenheit des Verbandes abzulenken.



    Wenn die auf der Höhe wären und ein wahres Interesse an dem Fortbestand der Zunft hätten würden die ganz andere Aktionen organisieren, um das Brunnenvergiftertum und die Zerstörung unserer Lebensgrundlage zu beenden. Die schauen doch alle nur auf Geldmaximierung für sich selbst und auf Kosten der Lebensgrundlage, den die kann sich nicht wehren. Nehemen von den Wehrlosen. Mehr isst nicht drinn. War ja auch nicht zu erwarten. So lost.

  • Das Herr Maurin den Herrn Lee nicht leiden kann, hat er in mehreren Artikeln bereits bewiesen. Die Meinung kann man haben.

    Aber er sollte schon bei Fakten bleiben.



    Wenn er schon schon verlinkt zu welchem Thema Herr Lee sprechen soll, dann sollte er das Thema auch wahrheitsgemäß benennen und sich kein anderes suchen.

    Zitat von der hier verlinkten Seite: "Anthony Lee (Landwirt und ehemaliger LsV Deutschland Sprecher) erklärt wie die Rechte der Bauern und Bürger in einer demokratischen Gesellschaft heute aussehen sollten, um eine gerechte und nachhaltige Landwirtschaft zu sichern."

    Aber das Herr Lee zu Themen wie demokratisch, gerecht und nachhaltig sprechen soll, würde nicht so gut in die rechte Ecke passen, in die Herr Maurin die Bauern schieben will.

    • @Thomas2023:

      Man muss Herrn Lee nicht erst in die rechte Ecke schieben - er hat sich dort längst eingerichtet. Seine Posts während der Anti-Ampel-Proteste der Bauern unterschieden sich nicht wesentlich von denen anderer Verschwörungsunternehmer wie Alexander Raue, Hoss und Hopf, Kolja Barghoorn usw.

      • @C. Avestruz:

        Haben Sie auch inhaltlich was zu meinem Kritikpunkt zu sagen?

        Außerdem habe ich gesagt das Herr Maurin die Bauern generell in die rechte Ecke schieben will und nicht Herrn Lee

  • A.Lee ist in dem Rechtsstreit mit Agrarsoziologin Pieper nicht zum Rechtspopulisten degradiert worden, wie hier behauptet wird, sondern der Frau Pieper ist lediglich das Recht auf freie Meinungsäußerung zugestanden worden. Immer schön bei den Fakten bleiben, J.oost Maurin. Und versuchen Sie nicht ständig kritische Bauernverbände, wie den "LSV", ebenfalls wiederholt dem "rechten Lager" zuzuordnen. Diese Behauptung ist Ihnen ebenfalls schon gerichtlich untersagt worden !

    • @Johannes Jessen:

      Getroffene Hunde und so ... ^^

      • @Lahmarsch:

        Wen meinen Sie mit getroffenem Hund? Würde auch auf Herrn Maurin zutreffen

  • Anthony Lee ist nicht nur rechtslastig, sondern erfindet auch nette Greenwashing- Geschichten gegen jegliche Veränderung der umweltzerstörerischen Praxis der Intensiv-Landwirtschaft in Deutschland. Das der dort auf die Bühne gestellt wird, sagt viel darüber aus, wie es um Fortschritte im Ackerbau bestellt ist: Finster!

  • So driften unsere deutschen Bäuerlein mehr und mehr in den rechtsradikalen Sumpf.



    Der Bauernverband gehört vom Verfassungsschutz mindestens beobachtet.



    Wenn ich Landwirt wäre, ich würde mir zweimal überlegen, ob ich mich von so einem rechtslastigen Verein vertreten lassen würde....

  • War der Bauerverband eigentlich auch eine 500 NGOs, zu deren Finanzierung die CDU eine Anfrage eingereicht hat? Oder wurde der ausgeklammert?

    • @T-Rom:

      Der Bauernverband ist eine Berufsvertretung und keine NGO. Deshalb würde es auch keinen Sinn machen die bei der NGO-Anfrage einzubeziehen.

    • @T-Rom:

      Das sind doch klassische Wähler*innen der Rechten. Sowas verdirbt sich die CSDU ganz sicher nicht selbst....

      • @Perkele:

        Bauern sind mehrheitlich klassische Wähler der konservativen Mitte.



        Diese Mitte versuchen nur viele nach links zu ziehen um die Konservativen nach als rechts abzustempeln.

        • @Thomas2023:

          Ach so ist das?! Die Rechte ist also gar nicht rechts, es ist die Linke, die die Rechten nur so bös aussehen lässt. Das ist eine tolle These....

          • @Perkele:

            Sie sind also nicht der Meinung, das was früher als mittig konservativ galt, heute schneller als rechts angesehen wird??

            • @Thomas2023:

              Es IST deutlich weiter nach rechts gerückt. Und das wird nicht "schneller so angesehen...."

        • @Thomas2023:

          Das ist mal eine kreative Verschwörungserzählung.

          • @Lahmarsch:

            Das ist meine Meinung. Die muss man natürlich nicht teilen. Aber das als Verschwörungserzählung runterzumachen weil das nicht Ihrer Meinung entspricht ist Quatsch