AfD beim Zentralrat der Muslime: Eklat mit Ansage
Die rechtspopulistische AfD ist beim Zentralrat der Muslime zu Besuch. Allerdings nicht besonders lange. Die Partei bleibt bei ihrem Antiislamkurs.
„Warum hassen Sie uns Muslime“ lautete die Frage, die Mazyek mit der AfD-Spitze diskutieren wollte. Er hatte Parteichefin Frauke Petry und ihre Mitstreiter medienwirksam zum Gespräch gebeten, nachdem diese vor einigen Wochen ein Grundsatzprogramm beschlossen hatten, in dem es unter anderem heißt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“
Um kurz nach elf quetschten sich Petry und Paul Hampel, der niedersächsische Landesvorsitzende, an zahlreichen Fernsehkameras und noch mehr Journalisten vorbei, die vor dem Sitzungssaal warteten. Und dann verschwanden sie wortlos hinter der Tür, wo Mazyek und zwei weitere VertreterInnen des Zentralrats bereits saßen. Nach einem knappen Händedruck, so berichteten beide Seiten später, erhitzte sich die Diskussion schnell.
Der Zentralrat forderte, die AfD möge jene Passagen in ihrem neuen Parteiprogramm, die die grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit einschränken, zurücknehmen. Die AfD wiederum verlangte, Mazyek solle sich von seiner Aussage, mit der AfD gebe es erstmals seit „Hitler-Deutschland“ eine Partei, „die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“, verabschieden. Maximalforderungen sind bekanntermaßen keine gute Voraussetzung für einen sachlichen Austausch.
Nach einer Stunde abgerauscht
Im Vorraum fasste der Mitarbeiter der Pressestelle unterdessen einen klugen Entschluss: Er ließ den AfD-Aufsteller eingerollt. Er wäre auch fehlplatziert gewesen. Denn zu einem gemeinsamen Statement von Petry und Mazyek – oder gar Fotos, auf denen beide gemeinsam zu sehen sind – kam es nicht.
Nach knapp einer Stunde rauschten die AfD-Vertreter aus dem Raum, berieten sich kurz und erklärten dann das Gespräch für beendet. Eine Erklärung, so hieß es dann, würden sie umgehend in der Lobby abgeben. Also weit entfernt vom ZdM-Aufsteller im ersten Stock.
Der Beschluss: Der AfD-Bundesvorstand hat beschlossen, dass Mitglieder weder als Redner noch mit Parteisymbolen bei Pegida-Veranstaltungen auftreten sollen. Sanktionsmöglichkeiten wurden nicht benannt.
Der Hintergrund: Vor knapp zwei Wochen hatte Hans-Thomas Tillschneider, Abgeordneter in Sachsen-Anhalt und Sprecher der Patriotischen Plattform, auf einer Pegida-Kundgebung gesprochen, der rassistischen Bewegung gedankt und Gründer Lutz Bachmann für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Kurz darauf sprach ein Pegida-Vertreter bei einer AfD-Kundgebung in Erfurt.
Die Konsequenz: Für Tillschneider könnte das Konsequenzen haben. Seine Rede könne als parteischädigend beurteilt werden. Das könne zum Parteiausschluss führen. (sam)
„Wir mussten uns vorwerfen lassen, eine Partei aus dem Dritten Reich zu sein“, sagte Petry. Das sei inakzeptabel. Zudem habe der Zentralrat verlangt, „ein demokratisch beschlossenes Parteiprogramm zurückzunehmen“. Das sei schockierend. Deshalb habe die AfD das Gespräch beendet. Dann wiederholten sie und ihre Mitstreiter, dass ein Islam ohne Scharia nicht denkbar sei. Diese passe eben nicht zum Grundgesetz.
Zu selben Zeit kritisierte Mazyek im ersten Stock des Nobelhotels, die AfD habe klar gemacht, „dass man den Weg des Populismus und der Diffamierung und auch vor allem der Vorurteile weitergehen will“. Die AfD-Vertreter hätten sich geweigert, Passagen aus ihrem Parteiprogramm zu streichen, die sich gegen die Muslime richteten. Dazu gehörte die Einmischung in die Frage, wie Moscheen in Deutschland gebaut werden sollten, wie das Selbstbestimmungsrecht der Frau – mit Blick auf das Kopftuch – auszulegen sei und wie geschächtet werden dürfe.
All das falle unter die Freiheit der Religionsausübung, die durch das Grundgesetz gedeckt sei. „Das Grundgesetz ist für uns unverhandelbar“, so Mazyek. Die AfD wolle den Weg der Vorurteile und der pauschalen Diffamierung weitergehen. „Das ist ein Bruch mit dem gesellschaftlichen Konsens und erinnert an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte.“
Es war wenig überraschend, dass das Treffen im Eklat endete. In der AfD hatte es im Vorfeld unterschiedliche Einschätzungen zu diesem Gespräch gegeben. Vorstandsmitglied Alice Weidel hatte ihre Teilnahme nach scharfer Kritik an Mazyek kurzfristig abgesagt. Parteivize Beatrix von Storch wollte die Teilnahme an Bedingungen knüpfen. Noch am Wochenende hatte Petry ihren Antiislamkurs noch einmal pointiert formuliert, auch Mazyek hatte seine Kritik an der AfD im Vorfeld noch einmal scharf geäußert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben