AfD-Parteitag in Riesa: AfD will EU-Parlament abschaffen
Die Rechtspopulisten beschließen ihr Programm für die Europawahl. Die Parteispitze bemüht sich um Mäßigung – setzt sich aber nur zum Teil durch.
Dabei verzichtete er, anders als sonst, auf medienwirksame Provokationen. „Ich glaube, es ist nicht klug, in so einer Situation mit einer Maximalforderung in die Wahl hineinzugehen“, sagte Gauland mit Blick auf mögliche Verwerfungen rund um den Brexit. Ein chaotischer Austritt Großbritanniens könne auch WählerInnen in Deutschland beeinflussen. Ziel der AfD sei nicht, die Europäische Union abzuschaffen, sondern „auf den Kern zurückzuführen“.
Damit sprang Gauland seinem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen bei, der eine Änderung zum Leitantrag der Programmkommission eingebracht hatte. Meuthen wollte unbedingt die Forderung streichen, dass Deutschland aus der EU austritt, falls sich diese nicht innerhalb von fünf Jahren sehr radikal im Sinne der AfD verändert. Nach kontroverser Debatte verabschiedeten die Delegierten einen Kompromiss in Meuthens Sinn. Im Wahlprogramm heißt es jetzt, ein Austritt sei notwendig, sollte die EU nicht „in angemessener Zeit“ reformiert werden. Eine deutlich dehnbarere Formulierung als die ursprüngliche.
Gleich darauf aber verschärften die Delegierten den Leitantrag – und damit eine jener notwendigen Veränderungen. So ist jetzt nicht mehr Ziel, das EU-Parlament zu verkleinern und seine Kompetenzen größtmöglich zu beschneiden. In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD nun dessen ersatzlose Abschaffung.
Zähes Wahlverfahren
Die Delegierten tagen bereits seit Freitagmittag. In den ersten beiden Tagen hatten sie in einem sehr zähen Verfahren und mit zahlreichen gänzlich aussichtslosen Bewerbungen weitere sieben KandidatInnen für die Europawahl aufgestellt.
Darunter sind Thorsten Weiß (Platz 14), ehemaliger Chef der Jungen Alternative in Berlin und Mitglied im dortigen Abgeordnetenhaus, und der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider (Platz 19), bislang Sprecher der Patriotischen Plattform. Beide haben gute Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung und stehen am äußersten rechten Rand der Partei.
Auf der Liste stehen aber auch KandidatInnen, die innerhalb des AfD-Spektrums als gemäßigt gelten. Spitzenkandidat ist Jörg Meuthen, er wurde bereits Mitte November auf einem ersten Europa-Parteitag in Magdeburg gewählt. Nach der Programmdebatte, wollen die Delegierten bis Montagabend weitere Listenplätze besetzen. Das Ziel sind 40, was angesichts der fortgeschrittenen Zeit aber unrealistisch ist.
„Eine Tonspur runter“
Inhaltlich bemühte sich die Parteispitze in Riesa sehr um einen gemäßigten Ton. Man müsse „eine Tonspur runter“ sagte die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch. Es gehe darum, bürgerliche WählerInnen zu erreichen. Nicht nur Gauland, auch Meuthen und der sächsische Landeschef Jörg Urban, der Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst werden will, hielten sich zurück.
Die AfD sei eine „Volkspartei“ geworden, sagte Urban, „in der sich liberale Patrioten genauso engagieren wie sozial engagierte Patrioten“. Damit zielte er wohl auch auf den Austritt von Partei-Rechtsaußen André Poggenburg ab, der am Rande des Parteitags heftig diskutiert wurde.
Am Samstag begleiteten Proteste den Parteitag. Nach Polizeiangaben versammelten sich mehrere hundert Menschen vor der Halle, die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl auf 1.300 bis 1.500.
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