AfD-Parteitag in Magdeburg: Keine Alternative für Europa
Sechs Tage lang hat die extrem rechte Partei getagt. Dabei will sie das EU-Parlament abschaffen, die Europäische Union eigentlich auch.
Davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Das Ende der EU bleibt das Ziel der extrem rechten Partei: „Wir halten die EU für nicht reformierbar und sehen sie als gescheitertes Projekt“, heißt es im Wahlprogramm. Und weiter: „Daher streben wir einen ‚Bund europäischer Nationen‘ an, eine neu zu gründende europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, in der die Souveränität der Mitgliedsstaaten gewahrt ist.“
Zunächst war eine langwierige Debatte über die Präambel, in der diese Formulierungen stehen, erwartet worden. Eine Gruppe um den rechtsextremen Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke hatte einen gänzlich neuen Text dafür vorgelegt – und beantragt, jenen aus dem Leitantrag zu ersetzen. Eine Abstimmung darüber hätte eine weitere Auskunft über die Stärke Höckes innerhalb der Partei geben können. Am Sonntagmorgen aber verkündete Parteichefin Alice Weidel sichtlich erfreut, aus den zwei Präambelentwürfen sei in einer Nachtsitzung einer geworden. Und der wurde ohne große Debatte angenommen. Grundsatzstreit wollte die AfD-Spitze unbedingt vermeiden.
Bereits das zweite Wochenende in Folge tagte die Bundespartei der AfD in Magdeburg. Erst wurden in einem zähen Prozess die Kandidat*innen für die Europawahl aufgestellt, am Sonntag ging es um das Wahlprogramm. Das EU-Parlament wird im Juni 2024 neu gewählt, es wird eine Stärkung der radikal rechten Parteien erwartet.
In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD die Auflösung des Europaparlaments, die Rückkehr der D-Mark und eine Emanzipation von den USA. Zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist von „viel Leid bei den Betroffenen“ die Rede, verurteilt wird der Krieg aber nicht. Die Sanktionen gegen Russland sollen aufgehoben, russisches Gas wieder durch die Nord-Stream-Pipeline fließen.
Je radikaler die Beiträge, desto größer der Applaus
Die AfD will den Außengrenzschutz der EU massiv verstärken und „Remigration“, also die massenweise Abschiebung von Einwanderer*innen, forcieren. Eine europäische Sozialunion und soziale Mindeststandards in der EU will sie nicht. Abtreibungen sollen eingeschränkt werden, „Genderideologie“, „Klimawahn“ und eine „Schuld- und Schamkultur“ mit Blick auf die Kolonialzeit werden abgelehnt.
Bis Samstagnacht hatte die AfD 35 Kandidat*innen für Brüssel aufgestellt, fünf mehr als eigentlich geplant. Neben zahlreicher Redebeiträge zeigte auch das, wie stark sich die AfD angesichts ihrer derzeitigen Umfrageergebnisse fühlt. Bei der Europawahl 2019 holte sie elf Sitze.
Spitzenkandidat ist Maximilian Krah aus Sachsen, Anwalt, Katholik und im neurechten Spektrum bestens vernetzt. Er sitzt bereits im EU-Parlament. Bei den zahlreichen Bewerbungsreden galt grob: Je radikaler die Beiträge, desto größer der Applaus und die Aussicht, als Kandidat gewählt zu werden.
Namen, die innerhalb der Partei als eher gemäßigt gelten, finden sich auf der Liste kaum. Das ärgerte die Europaabgeordnete Sylvia Limmer: „Es gibt eigentlich keines unserer ehemaligen Prinzipien, die bei dieser Listenaufstellung nicht über Bord gegangen wären“, rief sie bei der Bewerbung um Listenplatz 20, ihrem dritten Versuch. „Mich haben auf Befehl die strammen Höcke-Kader kaltgestellt als Abrechnung dafür, dass ich mitgestimmt habe, Kalbitz aus der Partei zu werfen.“ Dann zog Limmer ihre Kandidatur zurück. Der Rechtsextremist Andreas Kalbitz war gegen den Widerstand des Höcke-Flügels ausgeschlossen worden.
Derweil sagte Spitzenkandidat Krah am Rande des Parteitags, die EU und der Euro müssten verändert, aber nicht sofort abgeschafft werden. Auch einen Nato-Austritt befürworte er derzeit nicht. Die Nato sei derzeit alternativlos. „Aber wir wünschen uns eben, dass sie nicht mehr alternativlos ist.“ Selbstverharmlosung ist eine bewährte Strategie der AfD.
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