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AfD Hannover setzt Vereine unter DruckPost von Rechtsaußen

Die hannöversche AfD-Fraktion hat Rechenschaftsberichte von Vereinen mit Migrationsberatung angefordert. Die sind nun verunsichert.

Auch hier hat die AfD Auskunft verlangt: Synagoge der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover Foto: Peter Steffen/dpa

Hamburg taz | Als sie die E-Mail der hannöverschen AfD-Fraktion geöffnet habe, sei Mahjabin Ahmed von der Initiative für Internationalen Kulturaustausch (IIK) erschrocken. „Ich habe Unsicherheit gefühlt und Angst“, sagt die Vorsitzende des Vereins, der sich um die Verständigung zwischen Minderheiten und der Mehrheitsgesellschaft kümmert.

In der Mail bittet die AfD-Ratsfraktion um Zusendung der Satzung und Rechenschaftsberichte der vergangenen zwei Jahre im Hinblick auf die bevorstehende Verabschiedung des Haushaltsplanes 2025/2026. Die Dokumente seien „von großer Bedeutung, um eine fundierte und transparente Entscheidungsfindung zu gewährleisten“, steht da. Man bitte die Adressaten, „uns die genannten Dokumente zeitnah zur Verfügung zu stellen“.

Ahmed fand dieses Vorgehen ein bisschen forsch und so ungewöhnlich, dass sie die Ratsfraktionen der SPD und der Grünen anrief und um eine Einschätzung bat. Sie habe Angst bekommen, möglicherweise irgendwo nicht korrekt gehandelt zu haben. „Fehler findet man immer, wenn man danach sucht“, sagt Ahmed.

Bei der Ratsfraktion der Grünen meldete sich auch die Liberale Jüdische Gemeinde, die die gleiche Mail erhalten hatte. „Wir waren darüber sehr überrascht und irritiert“, sagt Geschäftsführerin Rebecca Seidler. Sie habe dergleichen noch nie erlebt.

AfD nicht an gutem Miteinander interessiert

Die Grünen entschlossen sich auf die Nachfragen hin, die Öffentlichkeit zu suchen. Für die Fraktion sei klar gewesen: „Wir müssen die Vereine informieren, dass die Rechenschaftspflicht nur gegenüber der Verwaltung existiert, nicht gegenüber den Fraktionen“, sagt das grüne Ratsmitglied Liam Harrold.

Natürlich stünden die Vereine, die Zuwendungen erhalten wollten, im Kontakt mit den Fraktionen. Die Fraktionen ließen sich die Arbeit der Vereine vorstellen. Der Austausch finde aber in einem ganz anderen Duktus statt, sagt Harrold.

Auch Marc-Dietrich Ohse, Geschäftsführer der SPD-Ratsfraktion, ist über das Ansinnen der AfD-Kollegen verwundert. „Wenn die Vereine Zuwendungsanträge stellen, müssen sie alle Informationen vorlegen“, sagt Ohse, „das heißt, alle Unterlagen, die die AfD möchte, stehen den Parteien ohnehin zur Verfügung.“ Im Rahmen des Zuwendungscontrollings der Stadt könne die AfD diese Unterlagen jederzeit einsehen.

Die Mail der AfD zeige, dass sie nicht an einem guten Miteinander interessiert sei, sagt SPD-Fraktionschef Lars ­Kelich. Dass sie vor allem migrantische Vereine anschreibe, zeige, dass es ihr vor allem darum gehe, Ressentiments zu schüren. „Diese Aktion kommt aus dem braunen Sumpf“, resümiert Kelich.

Ratsherr Harrold von den Grünen drückt sich vorsichtiger aus. Was die AfD mit ihrer Aktion verfolge, sei zwar unklar. „Aber es ist offensichtlich, welches Weltbild dahinter steckt“, sagt er. Die Vorgehensweise der Rechtsaußenpartei sei perfide.

Wie das wirkt, schildert Ahmed von der IIK. „Wir wissen schon, warum sie uns solche Mails schicken“, sagt sie. „Wir kämpfen seit vielen Jahren und haben ein bisschen was aufgebaut gegen Rassismus.“ Jetzt habe sie Angst um ihr Lebenswerk. Sie habe keine Kraft, das noch mal zu machen.

Wolfgang Becker, Sprecher des MigrantInnenselbstorganisationsnetzwerks Hannover (Miso), zu dem auch die IIK gehört, sagt, die AfD-Mail habe unter den 52 Mitgliedsvereinen zu Verunsicherung geführt. Per Rundmail teilte das Netzwerk seinen Mitgliedern mit, dass sie nicht verpflichtet seien, die angeforderten Unterlagen herauszugeben.

Niedersachsens Verfassungsschutz beobachtet AfD

Das Netzwerk betrachte die Aufforderung der AfD als „Versuch einer Ausforschung der migrantischen Communitiy“, der zu ignorieren sei. Es folgt der Hinweis, dass sich die AfD als Partei mit ausländerfeindlichen Parolen zu profilieren suche und vom niedersächsischen Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet werde.

Nach Auskunft ihres Vorsitzenden Jens Keller hat sich die AfD-Fraktion für ihr Anschreiben gezielt Vereine herausgesucht, die Migrationsberatung betreiben. An circa zehn Vereine sei die Mail gegangen. Die Fraktion habe höflich um Auskunft gebeten.

Die Auswahl begründet Keller damit, dass Migration ein „großer Kostenfaktor“ sei. Sie sei in Ordnung, wenn sie eine Gegenleistung erbringe. Wenn allgemein gespart werde, könne auch die Migrationsberatung davon nicht ausgenommen werden. Die AfD wolle hinterfragen, wie sinnvoll das Geld angelegt sei. „Ich kürze lieber bei einem Migrationsverein, bevor ich einen Kindergarten schließe“, sagt Keller.

Die Sorgen der Vereine erklärt er für unbegründet. Es gehe nur um die Haushaltsplanung. Dabei stehe „alles auf dem Prüfstand“.

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Mit Verunsicherung fingen die Rechten schon immer gerne an.



    Sogar ein schwarzer Innenminister hat schon mal bewusst darauf verzichtet, Teile der Bevölkerung zu verunsichern.



    Den Rechten ist jedes Mittel recht und keins zu rechts.

  • "...hat sich die AfD-Fraktion für ihr Anschreiben gezielt Vereine herausgesucht, die Migrationsberatung betreiben. (...) Die Sorgen der Vereine erklärt er für unbegründet. Es gehe nur um die Haushaltsplanung. Dabei stehe „alles auf dem Prüfstand“."



    Und weil _alles_ auf dem Prüfstand steht, suchen wir ganz gezielt bestimmte Vereine raus. Nee is klar.

  • Man kann sich vorstellen, was migrantische Vereine zu erwarten haben, wenn die AfD auch die Verwaltungen und Ministerien besetzt. Im Osten steht das ja leider unmittelbar bevor.

  • Man muss ja solche Schreiben nicht beantworten. Wenn Vereine öffentliche Gelder haben möchten, müssen sie eh vorstellig werden und die Fragen beantworten.

  • Interessant wäre noch eine Einschätzung der taz gewesen inwieweit die Vereine verpflichtet sind unter welchen Voraussetzungen und welche Konsequenzen es haben könnte, wenn sie die Anfragen nicht beantworten. Können daraufhin Kürzungen folgen. Handelt die AfD Fraktion nicht außerhalb ihrer Kompetenzen?

    • @Nobodys Hero:

      " „Wir müssen die Vereine informieren, dass die Rechenschaftspflicht nur gegenüber der Verwaltung existiert, nicht gegenüber den Fraktionen“, sagt das grüne Ratsmitglied Liam Harrold."

    • @Nobodys Hero:

      Was nach meinem Verständnis aus dem Artikel deutlich genug hervorgeht. Auskunftspflichtig ist ein städtisch geförderter Verein zuerst der Stadtverwaltung. Diese Infos stehen DANN Fraktionen des Stadtrats zur Verfügung. Ganz genau genommen lässt das die Frage noch offen, ob solche Vereine auch gegenüber einer Ratsfraktion AuskunftsPFLICHTIG sind. Wenn nicht, können die Vereine "Nein" sagen. Ich sehe aber in der Sache schon etwas mehr als allein einen schlechten Stil. Verschiedene Vereinsvertreter waren ja höchst irritiert über die abweichende, unübliche Vorgehensweise der AfD. Man mag ja höflich nachgefragt haben aber für "hintenherum" halte ich das trotzdem. Denn man behandelt zur "Haushaltsprüfung" auf eigene Faust nicht alle Vereine gleich. Man trifft eine Vorauswahl mit Blick auf Kürzungen. Hat man auf die Freiwilligkeit im Schreiben hingewiesen? Hat man ein wenig so getan, als sei eine Antwort gegenüber der hochwohllöblichen Autorität Stadtratsfraktion verpflichtend?

      Die anderen trifft es immer zuerst. Was folgt? Werden demnächst z. B. städtisch geförderte Arbeitsloseninitiativen in Großstädten, wo es davon mehrere gibt, von AfD-Fraktionen angeschrieben? Hoppla, aufgemerkt.

  • Der Staat sollte überhaupt keine religiösen Organisationen finanzieren denn Religion ist Opium für das Volk (Karl Marx).