AfD-Demo und Gegenprotest in Berlin: Zuletzt die Nationalhymne
Die rechtspopulistische AfD und deren Anhänger haben in Berlin gegen Merkels Flüchtlingspolitik protestiert. Es gab mehrere Gegendemos.
„Ich will nicht, dass meine Kinder irgendwann als Deutsche in der Unterzahl sind“, sagte eine Frau in Dreißigern der taz. Ihren Namen wollte sie nicht nennen. Sie selbst war auf der Demonstration in der Unterzahl: Deutlich mehr Männer als Frauen, mehr Alte als Junge liefen mit. Andere Teilnehmer wollten mit der „Lügenpresse“ erst gar nicht reden.
Auf der Auftaktkundgebung am Roten Rathaus riefen die beiden Parteivizes Beatrix von Storch und Alexander Gauland dazu auf, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abzuwählen. „Die Nation ist die Grundlage jeder Demokratie und die braucht Grenzen“, sagte von Storch. Sie betonte, der Protest richte sich gegen die Regierung und nicht gegen die Flüchtlinge selbst.
Gauland verwies auf die Zeit der Völkerwanderung, als das weströmische Reich „von Barbaren überrannt wurde“. Merkel beschädige das deutsche Volk mit ihrer Politik. „Diese Frau muss weg“, rief Gauland unter donnerndem Applaus. Die Menge skandierte „Volksverräter“ und „Merkel muss weg“.
Schon zwei Stunden vor Beginn der AfD-Demo hatte sich in Kreuzberg ein erster Protest gegen die Rechtspopulisten formiert und zog Richtung Unter den Linden, um gegen Rassismus und Hetze zu demonstrieren. Insgesamt nahmen etwa 1.100 Demonstraten an Gegenveranstaltungen teil. Es waren deutlich mehr erwartet worden.
Gegenseitiges „Nazis raus“
Immer wieder versuchten Gruppen, die Demoroute der AfD zu blockieren. Doch diese war fast überall von Absperrgittern begrenzt, zudem waren 1.100 Polizisten im Einsatz, um AfD-Anhänger und Gegendemonstranten auseinanderzuhalten. An manchen Stellen beschimpften sich beide Seiten gegenseitig mit „Nazis raus“.
Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) muss einen Kommentar über die AfD von der Website ihres Ministeriums entfernen lassen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die rechtsgerichtete Partei hatte sich daran gestoßen, dass die Ministerin dort mit den Worten zitiert wurde: „Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden.“ Damit bezog sie sich auf das Motto der AfD-Demo am Samstag in Berlin. Die AfD monierte, dass der Kommentar nicht von Wankas Partei verbreitet worden war, sondern vom Ministerium. Das Gericht gab der Klage statt. (dpa)
Als die Demonstration am Hauptstadtstudio der ARD und später an der Bundespressekonferenz vorbeizog, wo in- und ausländische Medien ihre Büros haben, riefen die AfD-Anhänger minutenlang „Lügenpresse“. In einer hölzernen Rede am auf der Abschlusskundgebung am Hauptbahnhof forderte Parteichefin Frauke Petry eine „Rückkehr zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“: „Frau Merkel, beenden sie die staatlich verordnete Anarchie“ rief sie in die Menge. „Merkel muss weg“ skandierten die AfD-Anhänger.
Am Ende stimmten sie die Nationalhymne an. Dann gingen mehrere von ihnen auf einen Pressefotografen los. „Angeblich weil ich meine Mütze bei der Hymne nicht abgesetzt habe“, sagte dieser später der taz. Die mehreren hundert Gegendemonstranten hinter Polizeikette und Absperrgitter riefen: „Ganz Berlin hasst die AfD“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen