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Ärchäologische Funde in GazaHamas zerstört kulturelles Erbe

Im Gazastreifen ist jeder Quadratmeter kostbar, Überreste alter Zeiten sind den Behörden egal: Trotz Protesten wird ein Fundort aus der Bronzezeit planiert.

Bulldozer haben die 4.500 Jahre alte Siedlung in Gaza plattgemacht Foto: ap

Gaza-Stadt ap | Erst vor knapp 20 Jahren waren sie entdeckt worden: die ältesten Mauerreste des Gazastreifens. Bereits 2002 mussten die Ausgrabungen aus Sicherheitsgründen gestoppt werden. Stück für Stück fiel das Gelände daraufhin Bauprojekten zum Opfer. Nun sind auch die letzten Spuren der vermutlich 4500 Jahre alten Siedlung Tel Es-Sakan für immer verschwunden. Für die regierende Hamas hat Archäologie keine hohe Priorität. Wissenschaftler aus der Region waren gegen die Entscheidung der radikalislamischen Organisation machtlos.

„Man hat hier eine sehr wichtige Ausgrabungsstätte zerstört“, sagt Muin Sadek. Nach dem eher zufälligen Fund im Jahr 1998 hatte der palästinensische Archäologe den historischen Ort am südlichen Ende von Gaza-Stadt gemeinsam mit dem französischen Kollegen Pierre de Miroschedji freigelegt. Seit die Bulldozer hier waren, ist davon allerdings nichts mehr zu sehen. „Ich weiß nicht, warum die Zerstörung des Geländes genehmigt wurde.“

Tel Es-Sakan (deutsch: Hügel aus Asche) war Sadek zufolge die wohl größte kanaanitische Stadt zwischen Palästina und Ägypten. Der Name ist neu. Er wurde von den Archäologen gewählt, weil bei den Ausgrabungen große Mengen Asche gefunden wurden. Dies deutet darauf hin, dass die befestigte Siedlung einst niederbrannte – möglicherweise im Rahmen eines Krieges. Die auf dem etwa zehn Hektar großen Gelände gefundenen Reste waren älter als die Pyramiden von Gizeh.

Als im September die schweren Maschinen anrückten, machte sich der in Jerusalem arbeitende Archäologe Jean-Baptiste Humbert auf den Weg nach Gaza, um sich ein Bild von der Lage zu machen. „Die komplette südliche Fassade ist jetzt verschwunden“, sagt der Experte. An den übrigen Flanken seien die Mauern und Wall-Anlagen bereits in den Jahren seit 2002 abgetragen worden. „Jetzt ist ringsherum alles zerstört.“

Historische Schätze weichen oft militärischen Anlagen

Nach Angaben Humberts zählte die Ausgrabung zu den ältesten Belegen für die Herausbildung von „urbanen Gesellschaften“ im Nahen Osten. Tel Es-Sakan sei wohl an einem wichtigen Handelsweg zwischen dem alten Ägypten und der Levante errichtet worden. Auf einer Luftaufnahme aus dem Jahr 2000 sind die Umrisse noch gut zu erkennen. Es habe sich um „die erste Siedlung Palästinas mit einer Stadtmauer“ gehandelt, betont Humbert.

Das Gebiet des heutigen Gazastreifens ist reich an archäologischen Schätzen. Eine systematische Erforschung ist aufgrund der politischen Umstände aber derzeit kaum möglich. Im Gegensatz zu einigen anderen islamistischen Extremisten zerstört die Hamas zwar nicht mutwillig historische Funde. Angesichts der schnell wachsenden Bevölkerung und der unter der israelisch-ägyptischen Blockade leidenden Wirtschaft sieht sie nach eigenen Angaben aber keine Möglichkeit, auf solche Ausgrabungsstätten Rücksicht zu nehmen.

Historische Schätze müssen im Gazastreifen nicht nur zivilen Gebäuden weichen, sondern oft auch militärischen Anlagen. So wurden 2013 Teile der 3000 Jahre alten Ruinen des Hafens von Anthedon abgerissen, um Platz für ein Ausbildungslager zu schaffen. In den Jahren 2009 und 2012 wurden für Neubauten einer Universität die westliche und die nördliche Flanke von Tel El-Sakan zerstört. Über dem östlichen Bereich errichtete die Hamas während der jüngsten Kriege mit Israel provisorische Unterkünfte für Vertriebene.

Das Land am südlichen Ende von Tel El-Sakan soll nach Angaben der Behörden als Kompensation an einige leitende Angestellte vergeben werden, denen wegen der knappen Kassen die Gehälter nicht in voller Höhe ausgezahlt werden könnten. Das Ministerium für Tourismus und Altertümer protestierte dagegen. Und mit Unterstützung des herbeigeeilten Humbert sowie Wissenschaftlern der Islamischen Universität Gaza konnten die Abrissarbeiten zunächst gestoppt werden. Doch am Ende war der Druck der Hamas-Regierung zu groß.

Katastrophe für die Archäologie

In der vergangenen Woche nahmen die Bulldozer die Arbeit wieder auf. Das mit Tonscherben und anderen Zeugnissen einer vergangenen Epoche durchsetzte Erdreich wurde auf Lastwagen geladen und abtransportiert. Der örtliche Archäologe Fadel al-Utul rettete aus dem Abraum unter anderem noch eine Klinge aus Feuerstein sowie Fragmente, mit denen er einen bronzezeitlichen Krug zu zwei Dritteln zusammensetzen konnte.

Die Zerstörung von Tel El-Sakan sei „eine Katastrophe für die Archäologie und für das kulturelle Erbe in Palästina“, sagt der Unesco-Mitarbeiter Dschunaid Sorosch-Wali, der nach dem Abzug der Bulldozer am Dienstag vor Ort war. Die UN-Organisation habe den zuständigen Behörden ihre Besorgnis übermittelt.

Erst 2016 waren die neu entdeckten Überreste einer byzantinischen Kirche im Gazastreifen zerstört worden; 2014 verschwand eine seltene Statue des griechisch-römischen Gottes Apollon. Um wenigstens die noch verbliebenen Schätze zu schützen, sollen einige Dutzend von ihnen möglichst bald in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen werden.

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3 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    "Im Gazastreifen ist jeder Quadratmeter kostbar..." - damit wäre alles gesagt.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Islamistische Regierungen auch jenseits des IS kennen nur eine Geschichte die glorifizierte islamische alles was da nicht dazugehört oder reinpasst wird ignorriert und im Zweifelsfall zerstört wenn es im Weg steht.

    Die EU sollte sicherstellen, dass ihre Hilfsgelder nicht der Hamas zu Gute kommen.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      "Die EU sollte sicherstellen, dass ihre Hilfsgelder nicht der Hamas zu Gute kommen."

       

      Und dann? Ein übervölkertes Staatswesen, das auf Lebensmittellieferungen aus dem Ausland angewiesen ist. Wollen Sie die Paästinenser verhungern lassen?

       

      Wenn man nichts zu essen hat, ist die Bereitschaft sich für kulturelles Erbe einzusetzen relativ gering.