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Achse Moskau-PjöngjangKim Jong Un schickt Wladimir Putin Verstärkung

Nordkorea vereinbart mit Russland die Entsendung von Tausenden Minenräumern und Bausoldaten. Sie sollen in die vom Krieg zerstörte Region Kursk.

Der russische Sicherheitsberater Sergej Schoigu zu Besuch bei Kim Jong Un Foto: Korean Central News Agency/Korea News Service/AP

Seoul taz | Wieder einmal war Sergej Schoigu zu Besuch in Pjöngjang. Allein in diesem Jahr hat sich der russische Sicherheitsberater zum dritten Mal mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un getroffen. Die von den Staatsmedien publizierten Fotos zeugen daher wenig überraschend von einer vertrauten, geradezu freundschaftlichen Atmosphäre.

Doch natürlich ist Schoigu am Dienstag nicht mit leeren Händen wieder abgeflogen. Stattdessen hat sich Putins Gehilfe neue nordkoreanische Unterstützung zugesichert: Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass soll Nordkorea zum Wiederaufbau zerstörten Region Kursk 1.000 Minenentschärfer und 5.000 Bausoldaten entsenden. Die Gegend rund um die von der Ukraine zurückeroberte Stadt ist nicht nur schwer zerstört, sondern auch von Minen durchzogen.

Dass Schoigu mittlerweile Dauergast in Pjöngjang ist, löst insbesondere in Südkorea Unbehagen aus. Schließlich fragt man sich in Seoul, was die Nordkoreaner im Gegenzug für ihre Unterstützung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erhalten.

Neben Geldzahlungen, mit denen das Regime sein Atomprogramm modernisieren kann, dürfte Nordkorea wohl auch russische Militärtechnologie erhalten. Gegenseitige Sicherheitsgarantien haben sich Kim und Putin bereits im letzten Sommer versprochen. Damals haben die beiden einen historisch beispiellosen Pakt unterzeichnet.

Trotz der alarmierenden Entwicklungen wählt Südkoreas neuer Präsident Lee Jae Myung derzeit einen Entspannungskurs gegenüber dem Norden. Als erste vertrauensbildende Maßnahme hat der linksliberale Staatschef den Aktivisten im eigenen Land untersagt, Flugblätter oder andere Propagandamaterialien mit speziell präparierten Heißluftballons über die Grenze fliegen zu lassen. Nordkorea wertet diese als Angriffe auf die eigene Souveränität.

Russland ist stärker denn je auf Nordkorea angewiesen

Doch klar ist: Solange Pjöngjang weiterhin eine solch enge Unterstützung von Russland genießt, dürfte es keinerlei Anreize haben, ernsthaft auf die Annäherungsversuche aus Südkorea einzugehen.

„Der wahrscheinlichste Weg zu einer größeren diplomatischen Offenheit Nordkoreas führt über eine Beendigung des Ukrainekriegs“, sagt der Politikwissenschaftler Mason Richey von der Hankuk Universität in Seoul. Das Beispiel macht deutlich, wie sehr die Entwicklungen in Europa auch mit Ostasien zusammenhängen: Frieden in der Ukraine dürfte auch die Sicherheitslage in Korea entspannen.

Derzeit gibt es dafür jedoch wenig Hoffnung. Schoigus erneuter Besuch in Pjöngjang hat ja deutlich gemacht, dass Russland stärker denn je auf nordkoreanische Unterstützung angewiesen ist und sich auch auf einen langen Krieg gegen die Ukraine einstellt.

Bereits im Vorjahr hat das Kim-Regime nicht nur Artillerie und Munition nach Russland entsandt, sondern auch 11.000 Soldaten. Im Frühjahr soll Pjöngjang in einer zweiten Welle 3.000 zusätzliche Truppen geschickt haben. Die Angaben beruhen auf Schätzungen der südkoreanischen und ukrainischen Geheimdienste.

Nordkorea verschweigt neue Hilfe

Zuletzt gab der britische Geheimdienst am Sonntag bekannt, dass man davon ausgehe, Nordkoreas Armee hätte in der Region rund um Kursk mindestens 6.000 Soldaten verloren. Dabei handelt es sich um eine grobe Schätzung, die Verletzte als auch Tote inkludiert.

Die hohen Verluste dürften auch erklären, warum zwar die russisches Staatsmedien die Mobilisierung von 6.000 weiteren Nordkoreanern publik gemacht haben, die Nachrichtenagentur KCNA dies jedoch verschweigt.

Offensichtlich hält die Parteiführung in Pjöngjang es für keine gute Idee, der Bevölkerung mitzuteilen, dass Landsleute als Söldner in einem Krieg sterben, der für die meisten Nordkoreaner nicht nur geografisch, sondern auch gefühlt sehr weit entfernt ist.

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