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Abzug aus AfghanistanNur im Zusammenpacken groß

Es ist überschaubar, was die Bundeswehr zuletzt noch in Afghanistan tat. Nun ziehen die verbliebenen Soldaten bald ab. Die Bilanz ist dürftig.

Camp Marmal: Die Bundeswehr bereitet sich auf den Abzug aus Afghanistan vor und packt zusammen Foto: dpa

S chon 2013 und 2014 rückte ja der Großteil der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan ab. Damals gab es viele sehr ähnliche Reportagen zu lesen davon, dass so ein Abzug natürlich eine besondere Herausforderung sei. Es müsse ja all das Zeug – Waffen, Zelte, Medizingerät – nun per Bahn und Flugzeug heimgeschickt werden. Aber: Zusammenpacken können wir, Logistik ist unser Ding!, lautete das Motto.

Diese Woche haben die USA den vollständigen Abzug bis September verkündet. Kein Nato-Partner wird auch nur einen Tag länger in Afghanistan bleiben. Die Pressestäbe der Bundeswehr grübeln bestimmt schon, ob man den „Im Packen sind wir ganz groß“-Spin noch einmal setzen sollte.

Allerdings gibt es für die Bundeswehr nun gar nicht mehr so viel zusammenzupacken. Ihre Aufgabe in Afghanistan lautete seit 2015 nur noch: Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten – und das in einem so überschaubaren Umfang, dass die Pressestäbe darauf lieber keine Aufmerksamkeit mehr lenkten.

Es mochte zuletzt ja auch sonst niemand mehr so genau Richtung Hindukusch gucken: Die Bundestagsabgeordneten etwa, die noch Ende März das Afghanistan-Mandat bis 2022 verlängerten. Oder die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die dazu im Bundestag sprach: Es gehe darum, den Einsatz zu verlängern, damit „die Friedensverhandlungen zu Ende geführt werden können“.

taz am wochenende

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Nur unter Skrupeln der Nato-Bündnislogik gebeugt

Sind sie nun aber nicht. Die Taliban machen halt nicht mit. Ist uns aber auch egal, nicht wahr?

Sunk Cost Fallacy heißt es auf BWL-Englisch, wenn man etwas nur deshalb weitermacht, weil es schon so viel Mühe oder Geld gekostet hat. Oder sogar Menschenleben. „Die Kameraden dürfen nicht umsonst gestorben sein“, sagten auch viele Bundeswehrsoldaten auf die Frage, ob sie den Sinn in ihrem Einsatz erkannten. Emotional gut nachvollziehbar, aber hoffentlich finden sie jetzt andere Antworten. Der Einsatz wird beendet, weil er nicht aus dem einzigen Grunde weitergeführt werden kann, dass schon so viele gestorben sind.

Zu Bergen von Papier ließen sich die Reden zusammenfegen, die seit 2001 im Bundestag und ringsherum zum Thema „Verantwortung für Afghanistan“ gehalten wurden. Viele PolitikerInnen hatten sich nur unter Skrupeln der Nato-Bündnislogik gebeugt, sie fanden: Wenn wir den Amerikanern schon ans Ende der Welt folgen, dann lasst uns da wenigstens keinen Mist bauen.

So ungefähr mahnte etwa Winfried Nachtwei von den Grünen über Jahre: Wenn die Bundesrepublik die Zuständigkeit für den Polizeiaufbau in Afghanistan übernimmt („Polizei, das können wir“), muss sie auch Polizisten dorthin schicken. Allein, dem deutschen Föderalismus war nicht danach: Die Innenminister der Bundesländer machten nicht mit. Dies nur als plastisches Beispiel aus der Reihe: „Dinge, die wir uns in Afghanistan zugetraut haben“.

Die meisten ernsthaften Überlegungen, was man sicherheitstechnisch vor Ort sinnvoll unternehmen könnte, waren ohnehin 2009 mit dem Luftangriff von Kundus beendet. Der deutsche Oberst Georg Klein ließ gegen alle Einsatzregeln rund 100 Menschen in den Tod bombardieren. Es wurde wirklich schwierig, dann noch für die Schönheit und Bedeutung des deutschen Einsatzes vor Ort zu werben.

„Wir werden und müssen über die Bilanz von Afghanistan reden“, sagte Kramp-Karrenbauer neulich im Bundestag. Es klang hohl. Ehrliche Bewertungen, kritische Evaluationen, wie dringend wäre all das schon vor über zehn Jahren nötig gewesen. Die Schlüsse, die ziehen in Afghanistan demnächst dann wieder die Taliban und die Warlords.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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4 Kommentare

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  • Die " P a r l a m e n t s" - Armee

    wurde

    vom " P a r l a m e n t"

    zurückgerufen.

    Danke für die Namentliche Abstimmung.

  • Politiker*nnen Generation in Bundestag, Bundesregierungen war seit Nine Eleven 2001 bereit, in uneingeschränkter Solidarität mit den USA, Originalton damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), unbegrenzten Blankscheck für Bundeswehreinsatz Preis in Afghanistan an der Seite von Nato Bündnispartnern out of Area zu zeichnen im Krieg gegen sog internationalen Terrorismus zu zeichnen, bestehende Haager Kriegsordnung zur Behandlung Gefangener, frei von Folter durch Freundes- vs Feindesrecht zu suspendieren, bei Immunität von Bündnis Soldaten*nnen im Auslandseinsatz.



    Der Preis, ungeachtet 18 Milliarden €, ein Abgrund an Vertrauensverlust, Glaubwürdigkeit bundesdeutscher Gesellschaft in Wahrhaftigkeit von Bundestagsbeschlüssen, Regierungshandeln im Namen sog. Demokratieaufbau, Nationbuilding am Hindukusch, von dem rasch klar war, dass es sich in Sprachregelungen verpackt zynisches Organisationsverschulden handelte, BND/MAD/KSK Geheim Deals mit Warlords operativ verdeckt zu halten, mit weitreichenden Folgen für Zivilgesellschaft, Bundeswehr Einsatz Gefahr, Stressabbau Drogenkonsum, sich politischer Verantwortung am Hindukusch und hier zuhause gegenüber Gesellschaft, Bundeswehrangehörigen, deren Familien, 59 Toten unter ihnen, Kriegsversehrte, Posttraumatisierte, zerstörte Familienverhältnisse, Partnerschaften schon während Einsatzes, nach Heimkehr von Soldaten*nnen durch Konflikte, Probleme bei scheiternden Versuchen ins zivile Leben zurückzufinden, Radikalisierung, Militarisierung der Standpunkte im Für und Wider Afghanistan Einsatzes, seiner korrumpierenden Hinterlassenschaft dort und hierzulande in Wirtschaft, Politik nicht gezählt, für den nach Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan bis Nine Eleven 2021, nicht veranlagte Kosten Gesundheitswesens, Sozialkassen für Reha-Maßnahmen, Trauma Therapien, Wiedereingliederung, frühe Rentenansprüche aus Sozialversicherung statt aus Regierungssonderfonds, politisch verantwortlich andere aufkommen werden, Waffenexport steigt

  • Ein Bekannter von mir hat als Bundeswehrsoldat beim Einsatz in Afghanistan sein Bein verloren. Für ihn sind zynische und hämische Artikel wie dieser ein Schlag ins Gesicht. Auch wenn der Einsatz insgesamt nicht so erfolgreich verlief, wie man es sich hätte wünschen können, ist es immer noch besser, eine Befriedung und Demokratisierung zumindest zu versuchen, anstatt einfach selbstbezogen die Augen zu verschliessen. Wenn die Bündnistruppen abgezogen sind, ist für die Bevölkerung dort das Schlimmste zu befürchten. Aber was schert das ideologisch verblendete Intellektuelle in Deutschland - Pazifismus ist tatsächlich ein Privileg der Behüteten.

    • @Tom Berger:

      Stimmt!