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Abstimmung über Afghanistan-EinsatzLinke will mit Jein stimmen

Im Bundestag steht die Entscheidung über den Evakuierungseinsatz in Afghanistan an. Die Linken-Spitze empfiehlt der Fraktion, sich zu enthalten.

Evakuierte aus Afghanistan werden in Taschkent bei der Zwischenlandung registriert Foto: Marc Tessensohn/Bundeswehr/dpa

Berlin taz | Die Parteiführung der Linkspartei hat sich entschieden: Die Bundestagsfraktion soll sich bei der Abstimmung über das nachträgliche Bundeswehrmandat für die bereits laufende Evakuierung von Menschen aus Afghanistan geschlossen enthalten. „Wir sind für die Rettung von möglichst vielen Menschen, deshalb wollen wir nicht dagegen stimmen“, begründete die Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin Janine Wissler am Montag das empfohlene Jein.

Die Linkspartei kritisiert, dass die Bundesregierung die Evakuierung katastrophal umsetze. „Deshalb halten wir eine Enthaltung für einen gangbaren Weg“, sagte Wissler auf der wöchentlichen Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale. Die Kritik der Linken richtet sich vor allem dagegen, dass das militärische Mandat zu weit gefasst sei, der Kreis der Personen, die für die Flüge in Frage kommen, aber zu eng.

Daher empfiehlt die Parteiführung keine Zustimmung zu den bereits laufenden Evakuierungsflügen der Bundeswehr. Für die Linksfraktion wäre es dennoch ein Novum, wenn sie sich geschlossen enthielte. Haben die Linken im Bundestag doch bisher gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr gestimmt und waren von Anfang an gegen den Einsatz des Militärs in Afghanistan.

Der Parteivorstand, der sich am Sonntag zu einer Sondersitzung per Video traf, hatte sich drei Stunden Zeit genommen, die heikle Frage zu diskutieren. Teil­neh­me­r:in­nen sagten der taz, man habe lange und gründlich abgewogen, um Formulierungen gerungen – und das ohne „Gepöbel“.

Alle oder keiner

In dem Beschluss, der am Ende mit 22 Ja-Stimmen bei 5 Gegenstimmen gefasst wurde, heißt es nun: „Eine Zustimmung käme nur unter der Bedingung in Betracht, dass alle Ortskräfte und alle Men­schen­rechts­ak­ti­vis­t:in­nen gleichberechtigt mitgerettet werden.“ Des Weiteren stellt die Linkspartei fünf weitere Bedingungen auf, darunter ein Aufnahmeprogramm für alle Afghan:innen, die von den Taliban verfolgt werden.

In dem Antrag der Bundesregierung heißt es, Ziel des Einsatzes sei die „militärische Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Afghanistan“. Außerdem solle „im Rahmen verfügbarer Kapazitäten“ sich die Evakuierung auch „auf Personal der internationalen Gemeinschaft sowie weitere designierte Personen, inklusive besonders schutzbedürftige Repräsentantinnen und Repräsentanten der afghanischen Zivilgesellschaft, erstrecken“.

Doch obwohl der Vorstand der Linkspartei die Bedenken nach vorn gestellt hat, ist noch offen, ob die Fraktion der Empfehlung am Mittwoch folgt, sich zu enthalten. Die 69 Abgeordneten treffen sich am Dienstagnachmittag zur Fraktionssitzung. „Ich persönlich würde das Bundeswehrmandat der Regierung ablehnen“, sagte Friedenspolitiker Tobias Pflüger der taz. Er werbe aber dafür, dass die Fraktion geschlossen abstimme – und könne daher auch den Kompromiss mittragen, der „Enthaltung“ heißt.

Pflüger kritisiert scharf, dass es sich um einen weiteren „Kampfeinsatz“ der Bundeswehr handelte. Das habe Annegret Kramp-Karrenbauer im Verteidigungsausschuss vergangene Woche deutlich gemacht. Pflüger moniert auch, dass Angehörige des Kommando Spezialkräfte (KSK) unter den bis zu 600 Sol­da­t:in­nen sind. Es bestehe, die Gefahr, dass wieder aktiv gekämpft werde.

Evakuierung ohne Gewalt

Eine Befürchtung, die auch von anderen Lin­ken­po­li­ti­ke­r:in­nen geteilt wird. Der Linken-Abrüstungsexperte Jan van Aken hatte im Interview mit der taz gesagt, er wäre dagegen, „dass die Bundeswehr sich, um Leute zu retten, den Weg durch Kabul freischießt. Dann wären wir zurück im Krieg.“

In der Tat handelt es sich bei dem Antrag der Bundesregierung, der am Mittwoch zur Abstimmung steht, um ein sogenanntes robustes Mandat, welches den Einsatz militärischer Gewalt umfasst, „insbesondere zum Schutz der zu evakuierenden Personen, sowie im Rahmen der Nothilfe.“

Linken-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch kündigte an: „Wir werden am Mittwoch sehr deutlich machen, was unsere Kritik ist.“ Die Fraktion hat außerdem einen eigenen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt, unter der Überschrift „Evakuierung jetzt – Nato-Interventionspolitik in Afghanistan stoppen.“ Dieser liegt allerdings noch nicht vor.

In einem Punkt scheint die Skepsis der Linken gut begründet: Das Bundeswehrmandat soll bis zum 30. September gelten. Die Taliban haben allerdings mit Konsequenzen gedroht, sollten die USA und ihre Verbündeten das Land nicht bis zum 31. August verlassen haben.

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Der Linken-Abrüstungsexperte Jan van Aken hatte im Interview mit der taz gesagt, er wäre dagegen, „dass die Bundeswehr sich, um Leute zu retten, den Weg durch Kabul freischießt. Dann wären wir zurück im Krieg.“

    Wenn ich sowas lese, dann frage ich mich, wie naiv ist das..? Hat das irgendwas mit der Realität zu tun- oder doch etwas mit Blümchen und Bienchen..?



    Die Linke bekommt von mir keine Stimme mehr. Nicht bei dem Führungsduo, nicht mit L+W, die auf querfriendly machen, nicht mit irgendwelchen Sektierern wie jetzt in HH, die getötete Soldaten bejubeln..

  • Och, @PFANNI. Sie können sich ja freiwillig melden, wenn Ihnen nach Ballern zumute ist. Hat ja sooo viel gebracht, die letzten zwanzig Jahre.

    Ersatzweise können Sie sich auch bei einer Runde "Call of Duty" abreagieren.

    • @tomás zerolo:

      Och nö, keine Lust.



      Aber wie wär's, wenn Sie meine Frage beantworten, statt Fragen zu beantworten, die ich gar nicht gestellt habe?

  • Ergänzt:

    Kommando Spezialkräfte (KSK), das mit Warlords gegen Taliban geheimbündelt hat und das zugleich von Fall zu Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Bundestag vorbei, ist für Taliban rotes Tuch. Dass die Bundesregierung, voran CDU Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nun ganze Evakurierungsmission unter Bundeswehr Regie mit 600 Soldaten*nnen aus unterschiedlichen Einheiten, darunter Sanitätseinheit, am Kabuler Flughafen neben US Army gefährdet, weil sie KSK dabei haben will, dem nun wirklich alles an Anforderungsprofil für diese Mission fehlt, nur ramponierten KSK Ruf propagandistisch in Medien aufzupolieren, ja selbst Abstimmung im Bundestag Mittwoch 25.8. für Bundeswehrmandat in Turbulenzen innerhalb der Koalition aus CDU/CSU/SPD im Bundestagswahlkampf bringen könnte, zeigt Ignoranz der Bundesregierung und Anmaßung als sei sie trotz allem mit verursachten Chaos Herrin des Verfahrens gegenüber wirklichen Lage in Afghanistan, Kabuler Flughafen, mit Taliban als alten neuen Machthabern, die bereits von UN Mitgliedsstaaten China, GUS, Pakistan de jure anerkannt sind, beim Wechsel von der Kriegspartei gegen Nato Einsatzkräfte, gegen von denen installiert gestützte afghanische Regierung zur Ordnungsmacht im Frieden unter unkalkulierbar massivem Dauerstress stehen, längst nicht alle Gruppierungen selbst unter Taliban unter Kontrolle haben, während sich in einigen Provinzen bereits militärischer Widerstand formiert, regt, mutmaßlich auch von Interessen im Ausland gesponsert?

    Linkspartei Bundestagsfraktion täte gut daran, mit Verweis auf diesen ganzen inszenierten KSK Budenzauber Zapfenstreich zur Aufpolierung dessen selbstverschuldet ramponierten Ruf als Muster ohne Wert innerhalb Bundeswehr Evakuierungsmission expressis verbis gut begründet einstimmig gegen Bundeswehr Bundestagsmandat zu stimmen

    Unerreichbar für Taliban afghanische Devisen-, Goldreserven vorsorglich ausgelagert in USA (7 Milliarden $), London (2 Milliarden)

  • „Der Linken-Abrüstungsexperte Jan van Aken hatte … gesagt, er wäre dagegen, „dass die Bundeswehr sich, um Leute zu retten, den Weg durch Kabul freischießt. Dann wären wir zurück im Krieg.“



    Die Taliban ihrerseits haben für ihren eigenen Waffengebrauch bekanntlich keine derart kleinlichen Bedenken, wenn ihnen irgendwas nicht passt. Und sie können dann auf die wehrlosen Leute schießen, die eigentlich gerettet werden sollen, ohne selbst ein „Echo“ befürchten zu müssen! Was wäre der Vorteil, und für wen?

  • Wie krude das Verhältnis der ´Linke´zu Afghanistan ist, kann man bei marx.21 nachlesen,einer trotzkistischen Splittergruppe, wo Janine Wissler auch mal partizipierte.

    • @conny costa:

      Na ja, ein krudes Verhältnis haben alle Parteien zu Afghanistan. Das desaströse Ergebnis in Afghanistan hat die Linke nicht zu verantworten, sondern die Regierungsparteien!

      taz.de/Surfer-uebe...hanistan/!5794786/

  • Kampfeinsatz klingt nachvollziehbar. Aber 600 Soldaten? Die auf einem Flughafen untergebracht werden müssen, der aus allen Nähten quillt, um - was eigentlich genau zu machen?



    Heute morgen war zu lesen, dass Bundeswehr und Auswärtiges Amt es nicht einmal hinkriegen, am Flughafen Gruppen von Deutschen und Einheimischen Helfern zusammen zu stellen, und stattdessen abgelehnte Asylbewerber nach Deutschland fliegen.



    600 Soldaten?