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Abschiebungsbeobachter sind wichtigNicht als Alibi missbrauchen

Katharina Schipkowski
Kommentar von Katharina Schipkowski

Die EU-Staaten sind verpflichtet, Abschiebungen zu beobachten und zu dokumentieren. Umgesetzt wird das in Deutschland kaum. Es ist wohl zu unangenehm.

Bei Abschiebungen hin zu gucken, ist in vielfacher Hinsicht schwierig: Abschiebeknast Langenhagen Foto: dpa

E ine Abschiebung ist oft ein grausamer, manchmal ein menschenverachtender Akt. Es sollte selbstverständlich sein, dass solche Vorgänge, bei denen Beamt*innen tief in die Rechte und das Leben von Menschen eingreifen, von einer unabhängigen Stelle begleitet und beobachtet werden. Leider ist es das nicht.

Zwar schreibt die EU eine Überwachung vor – alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, ein „wirksames System zur Überwachung von Rückführungen“ zu schaffen –, trotzdem gibt es bundesweit nur sechs Abschiebungsbeobachter*innen an vier Flughäfen.

Woran liegt das? Einerseits ist es nicht im Interesse der Sicherheits- und Abschiebebehörden, dass Verstöße dokumentiert werden – es ist schlicht unangenehm für sie. Zweitens wird Polizist*innen generell viel zu viel blindes Vertrauen entgegengebracht, dass sie ihren Dienst schon verantwortungsvoll verrichten werden. Das zeigt sich auch oft vor Gericht, wenn Richter*innen den Schilderungen von Polizist*innen folgen, egal wie lückenhaft und widersprüchlich sie sind.

Der Abschiebungsbeobachter am Hamburger Flughafen, Felix Wieneke, stufte im vergangenen Jahr 16 Prozent der von ihm beobachteten Abschiebungen als „diskussionswürdig“ ein. Das heißt, dass es nach seiner Beobachtung zu unverhältnismäßiger Gewalt seitens der Beamt*innen kam. Allerdings kann er nicht mal ein Viertel der Abschiebungen aus Hamburg beobachten – eine Beobachter*in pro Flughafen ist viel zu wenig.

Es würde aber nicht reichen, nur mehr von ihnen einzustellen. Ihre Arbeit muss endlich ernst genommen werden. Wenn 16 Prozent der beobachteten Abschiebungen übermäßig brutal ablaufen, muss das Konsequenzen haben. Solange das nicht passiert, missbraucht der Staat die Beobachter*innen als schlechte Alibis.

Abschiebungen dürfen nicht im Verborgenen stattfinden. Die Gesellschaft muss hingucken. Ja, das tut weh und ist grausam. Wenn man das nicht sehen will, kann man diese unmenschliche Praxis ja abschaffen.

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Katharina Schipkowski
Redakteurin | taz Nord
Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.
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2 Kommentare

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  • "Wenn man das nicht sehen will, kann man diese unmenschliche Praxis ja abschaffen."



    Das ist meiner Meinung nach der Kernpunkt. Entweder ein Staat will Abschiebungen, dann bitte konsequent, oder man will keine Abschiebungen, dann sollten wir uns den Aufwand und den Ärger sparen. Ich bin für Letzteres, sofern die Asylgesetzgebung diesem Umstand angepasst wird.

    • @*Sabine*:

      Abschiebungen sind immer dann nicht notwendig, wenn der Betroffene nach Durchschreiten des Instanzenweges (Entscheidung des BAMF, ggf. Klage beim Verwaltungsgericht, Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht, eventuell Verfassungs- und/oder Menschenrechtsbeschwerde an den EGMR, Asylfolg- oder Wiederaufnahmeantrag beim BAMF nebst erneuten Rechtsmittelmöglichkeiten, Anrufen des Petitionsausschusses oder der Härtefallkommission, eventuell Kirchenasyl...) der dann vollziehbaren Ausreiseaufforderung folgt und selbstbestimmt ausreist. Der Verwaltungszwang, vulgo Abschiebung, ist dann nämlich nicht erforderlich. Das ist halt so mit staatlichen Maßnahmen: Wenn man keine Steuern oder Rundfunkgebühren zahlt, dann wird man auch dazu gezwungen, irgendwann sogar mit Erzwingungshaft.