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Abschiebung aus dem FrauenhausSchutzraum nicht mehr sicher

Die Bewohnerin eines Hamburger Frauenhauses ist mit ihren beiden Kindern abgeschoben worden. Autonome Frauenhäuser sprechen von „Zäsur“.

Sollte eigentlich unantatsbar sein: Frauenhaus Foto: Sophia Kembowski/dpa

Hamburg taz/dpa | Eine 28-jährige Türkin und ihre beiden sechs und acht Jahre alten Kinder, die in einem Hamburger Frauenhaus Schutz vor dem gewalttätigen Ex-Partner gesucht haben, sind abgeschoben worden. Sie wurden bei einem Termin in der Ausländerbehörde in Gewahrsam genommen, wie die Behörde bestätigte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zuvor den Asylantrag der Frau als unbegründet abgelehnt und im Rahmen des Dublin-Verfahrens ihre Abschiebung nach Österreich angeordnet.

Eine Mitarbeiterin, die seit 2010 in dem Frauenhaus arbeitet, sagte der taz, so etwas habe sie noch nicht erlebt. Laut Mitteilung der Frauenhäuser hatte die Frau der Behörde im August dieses Jahres ihre Absicht zur freiwilligen Rückkehr in ihr Herkunftsland mitgeteilt und war dabei, die notwendigen Schritte zur Ausreise vorzubereiten. Zur Frage, warum sie trotzdem abgeschoben wurde, sagten die Behörden am Freitag nichts.

„Die Autonomen Frauenhäuser Hamburg sind erschüttert über das Vorgehen der Hamburger Ausländerbehörde und des rot-grünen Senats, die auch vor der Ingewahrsamnahme von Frauen und Kindern, die vor Gewalt geflohen sind, nicht zurückschrecken“, teilten die Frauenhäuser mit. „In Österreich wurden die Frau und ihre Kinder in eine Unterkunft gebracht, zu der auch ihr gewalttätiger Ex-Partner Zugang hat – die Person, vor der sie geflohen ist“, schilderte eine Mitarbeiterin.

Diese Abschiebepraxis stelle eine Bedrohung für die Arbeit der Frauenhäuser dar, die als anonyme Schutzorte für Gewaltbetroffene gedacht sind. „Durch das Vorgehen wird die Sicherheit dieser Schutzräume ernsthaft untergraben – eine Zäsur in der Geschichte der Hamburger Frauenhäuser“, hieß es in der Mitteilung.

Linke spricht von nächster Eskalationsstufe

Die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Cansu Özdemir, kritisierte, dass die 28-Jährige und ihre Kinder während der Ingewahrsamnahme und im Bus die Toilette nur bei offener Tür benutzen durften. „Das ist eine unfassbare Verletzung der Intims- und Privatsphäre“, so Özdemir. Außerdem sei die Frau dazu gedrängt wurde, die vertrauliche Adresse des Frauenhauses bekanntzugeben, das sei „ein Verstoß gegen die wichtigste Grundregel zum Schutz der Frauenhäuser“.

„Nach der Abschiebung aus dem Kirchenasyl ist dies die nächste Eskalationsstufe, die der Senat einleitet“, teilte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken, Carola Ensslen, mit. Zuletzt hatte der Fall eines Afghanen für Aufsehen gesorgt, der aus einem Hamburger Kirchenasyl nach Schweden abgeschoben wurde. Der Senat „betreibt einen riesigen Aufwand, um ausgerechnet die vulnerabelsten Menschen abzuschieben“.

Nicht die erste Abschiebung aus Schutzraum

Im Sommer 2021 hatte Hamburgs Ausländerbehörde eine Mutter und ihr Kind aus einer Unterkunft in Hamburg-Eppendorf abgeschoben, die speziell für geflüchtete Frauen eingerichtet wurde, die Schutz vor gewalttätigen Ex-Partnern suchen. Damals sagte Matthias Krumm, Sprecher des Amtes für Migration: „Aus Sicht der Ausländerbehörde dienen sichere Unterkünfte dem Schutz vor unrechtmäßigen Übergriffen durch Dritte, nicht vor staatlichen Maßnahmen.“ Die Autonomen Hamburger Frauenhäuser fordern: „Frauenhäuser müssen sichere Orte bleiben“.

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18 Kommentare

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  • Die Familie in Eppendorf war wahrscheinlich anwaltlich nicht vertreten worden, aber grundsätzlich müssten die Betroffenen nachweisen, dass sie nicht transportfähig sind.



    Und die Betroffenen müssten trotzdem kooperativ bleiben, also sich nicht entziehen. Der Ort an sich ist denkbar kritisch, aber die Behörde hat auf einer Ebene recht, dass hoheitliche, rechtliche Bedingungen weitergeleten müssen, das wäre dann hier eben genau nachzulesen, ob die Familie anwaltlich vertreten war und alle Informationen vorlagen. Ich befürchte, dass bei Dublin-Fällen viele Gerichtsprozesse notwendig sein werden, damit geklärt wird, ob eine Familie in einem kritischen Zustand in einen anderen EU-Staat gebracht werden kann und ob dort Schutz und Sozialleistungen auch abrufbar sind. Ich würde vermuten, dass es bei einigen EU-Süd-Staaten nicht der Fall ist, aber das müsste wahrscheinlich vor Gericht dargestellt werden.

    Ich glaube, dass die Idee, wir schieben jetzt ab, zu pauschal ist und zu Entscheidungen und Abschiebungen führt, die dann im Nachinein sich als falsch erweisen werden. Aber das ist jetzt das Produkt einer Kampagne der CDU, die das so haben will, bald könnten sie an die Regierung kommen.

    • @Andreas_2020:

      Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Transportunfähigkeit und Frauenhaus?

      In Dublin Fällen gibt es eine Handlungsfrist von sechs Monaten. Insoweit ist die Frist für die Behörde in der Praxis doch recht kurz bemessen.

      Die Berücksichtigung eines angeblichen Rückkehrwillens oder eines Frauenhauses ist stets mit dem Risiko der Fristüberschreitung verbunden.

      Da Österreich hinsichtlich seiner Schutz- und Sozialstandards als vollkommen unproblematisch gelten sollte, ist die hier vorliegenden Rückführung nicht weiter zu beanstanden.

      Das ist auch kein "Produkt der CDU" sondern geltendes EU-Recht.

      • @DiMa:

        Zu ihrer Frage: Seelische Belastung, PTSB und Zumutbarkeit im Hinblick auf die Kinder - das könnte man als Transportunfähigkeit auffassen, ob das ein Anwalt auch vorgetragen hat, stand nicht im Artikel.



        Natürlich sind Rückführungen nach Österreich nicht zu beanstanden, aber hier wurde die Frau aber in irgendeine Unterkunft gepackt, das müsste Österreich dann schon korrigieren, die benötigt Schutz.



        Und das spricht nicht gerade für diese Rückführung.



        Natürlich verhalten sich die Behörden jetzt härter, weil die CDU seit Monaten so tut, als ob die Regierung die Grenzen für alle geöffnet hat / geöffnet hält. Das führe ich auf die CDU (und AfD) zurück, dass jetzt mit Härte Dublin umgesetzt wird.

  • Hier werden zwei Sachverhalte unzulässig vermengt, um die Abschiebung unrechtmäßig erscheinen zu lassen. Die Frau ist ausreisepflichtig und weiß das auch. Die Behörden setzen geltendes Recht um. Wo ist da Willkür zu erkennen?

    • @wintermute:

      Am Termin, denn Sie wollte ja ausreisen, allerdings nicht nach Österreich sondern in die Türkei und unter Sicherstellung, dass der prügelnde Typ nichts davon mitkriegt.



      Wie empathielos kann Mensch eigentlich noch sein

  • Ich hoffe, dass die Hamburger Frauenhausbetreiber auf dem "kleinen Dienstweg" Schutz für die Frau und ihre Kinder vor dem gewalttätigen Partner in Österreich erreichen können. Sicherlich wollen auch die Österreicher nicht, dass diese Frau und/oder ihre Kinder getötet werden.

    Was die Rückreise in die Türkei angeht, nehme ich an, dass sie, vielleicht auf Grund sprachlicher Hürden, nicht in der Lage war, der Ausländerbehörde darzulegen, wie weit ihre Bemühungen seit August in die Türkei zurückzukehren gediehen sind und weshalb sie nicht zum beginnenden Schuljahr, in der Türkei Mitte September, zurückkehren konnte. (In der Türkei beginnt die Schulpflicht mit dem fünften Lebensjahr.)

  • Es gibt keinen Grund, Frauen in Frauenhäusern hinsichtlich des Aufenthaltsrechts besser zu stellen. Der Schutz der Frauen kann dann in den jeweiligen anderen Ländern durch geeignete Maßnahmen sicher gestellt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Frauenhäuser nur wegen drohender Abschiebung aufgesucht werden. Angesichts der fehlenden Kapazitäten gilt es diesem Risiko vorzubeugen.

    • @DiMa:

      Keine Ahnung von nichts, aber davon eine ganze Menge.



      Die Türkei ist aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen ausgestiegen und dort haben Menschen die Ehefrauen oder ehemalige Ehefrauen umbringen nichts zu befürchten.



      Ich bin gerade echt erschüttert über die Empathielosigkeit unter diesem Artikel

      • @Ramelow Cathrin:

        Das heißt es gibt in diesen Ländern für solche Morde keine Strafverfolgung?

      • @Ramelow Cathrin:

        Die Frau ist mit ihren Kindern nach Österreich überstellt worden. Österreich hat die Istanbul-Konvention unterzeichnet, ist nicht ausgestiegen und verfügt über Frauenhäuser.

        Was sollte das Problem sein?

        "Keine Ahnung von nichts, aber davon eine ganze Menge." Das passt wohl ganz gut.

  • Krass, und wo liegt da der Handlungsdruck, eine Frau, die bereits eine Rückreise ins Heimatland vorbereitet, zuvor noch schnell in die Unsicherheit nach Österreich abzuschieben? Das Vorgehen ist ein Tabubruch, unmenschlich und verletzt außerdem die Istanbul Konvention (vom Europarat übernommen), wenn eine Gewaltgefährdete Frau von einer staatlichen Behörde aus dem sicheren Schutzraum in eine Unterkunft im Nachbarland abgeschoben wird, zu der der Gefährder Zugang hat. Ich hoffe es formiert sich vor Ort breiter ziviler Widerstand gegen diesen Bruch der demokratischen und rechtsstaatlichen Basis, gegebenfalls kann man hier auch das Frauenhauses / die Betroffenen bei einer Klage gegen diesen Willkürakt unterstützen). Leider muss auch hierzulande die Zivilgesellschaft die Demokratie inzwischen vor staatlicher Unrechtshandlungen schützen, man kann sich auf nichts mehr verlassen.

  • Es gibt keine Schutzräume, weil es in einem Rechtsstaat keine rechtsfreien Räume geben darf.



    Was es gibt, sind Entscheidungen, von zuständigen Einrichtungen, wie Gerichten, die z.B. eine Aufschiebung von Verfahren darstellen.

    Hier ging es um die Abschiebung in das Land der Erstantragstellung, mehr nicht.

    Die Frage, ob und wie, die Bedrohungslage durch den Ehemann besteht, wie sie gegebenenfalls vor ihm zu schützen wäre, kann nur eine Behörde oder ein Gericht in Österreich feststellen. Das ist keine Frage für ein deutsches Gericht und es verändert auch nichts am Asylverfahren.

    Die vermeintliche Empörung ist fehl am Platz.



    Das betrifft das Medienkonstrukt des Schutzraumes, insbesondere des Kirchenasyls, also auch die Vermengung unterschiedlicher Problemlagen.

    Unglücklicherweise ist kein Frauenhaus vor einem entschlossenen gewaltbereiten Täter sicher, weder in Österreich, noch in Deutschland.



    Das könnte man thematisieren.

  • Wenn rechtliche Gründe vorliegen, ist auch eine private Wohnung kein geschützter Raum mehr. Warum also sollte es ein Frauenhaus sein ?

  • Wenn es keinen schutz vor einem übergriffigen Staat mehr gibt, ist eben die nächste Stufe zu einem diktatorischen Regime erreicht. VIELE wollen es so, durch stille Akzeptanz und dem Schönreden a la "aber woanders is es noch schlimmer". Die Zeichen stehen seit 35 Jahren auf Sturm, aber sie wollten nicht gesehen werden. Keine Diktatur bricht über die Bevölkerung herein, sie wird stets herbeigebettelt.

    • @Mohammed Wasiri:

      Sie empfinden die Durchsetzung geltenden Rechts als übergriffig und als Merkmal einer Diktatur?

      • @Moby Dick:

        Ja.

        Frauenhäuser sind SCHUTZräume. Kein Mann hat den Schutzraum zu betreten, nicht einmal Handwerker würde ich reinlassen. Wird dieser Schutz vor Patriachismus verletzt, werden auch Frauenrechte missachtet. Die Missachtung von Menschenrechten kommt in Diktaturen ausnahmslos immer vor, und wir sind, nicht zuletzt wegen Trump, noch mehr rechts gerückt.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Frauenhäuser sind Schutzräume gegen Gewalttäter. Es sind keine rechtsfreien Räume, also Schutzräume gegen den Rechtsstaat.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Die Abschiebung erfolgte aus den Räumen der Ausländerbehörde. Kein Fremder hat in diesem Zusammenhang das Frauenhaus betreten.