Abgesagter Feine-Sahne-Fischfilet-Film: Rechtsextreme geben AfD Futter
Ein interner Facebook-Dialog offenbart, wie Rechtsextreme mit der AfD gegen eine Schul-Kinovorführung agitieren – bis hin zu Morddrohungen.
Die Grund- und Gemeinschaftsschule der Gemeinde Timmendorfer Strand hatte einen Schulausflug ins Kino geplant. Doch am Mittwoch wurde die Vorführung im Movie Star wegen einer massiven Drohung abgesagt. Per E-Mail an die Schule hatten die „Enkel von Adolf Hitler“ am 8. November gedroht, im Kino „C4 Sprengkapseln“ zu verstecken und „euch linke Lehrer (Volksverhetzer) mit 7.63 mm Vollmantelgeschossen aus Sturmgewehren“ zu „erlösen“: „Wir wünschen ein schönes langsames Sterben. Wir reden nicht mehr wir handeln“.
Der mehrfach preisgekrönte Film von Charly Hübner porträtiert den „Feine Sahne“-Sänger Jan „Monchi“ Gorkow und stellt das Engagement der Band gegen Rechtsextremismus im ländlichen Raum dar. Die Kinowoche, innerhalb derer der Film laufen sollte, wird von dem Netzwerk „Vision Film“ getragen – unter Beteiligung der Bildungsministerien.
René Metz, der einst in Wismar den rechten Szeneladen „0815“ betrieb und heute in Timmendorf wohnt, hatte den Schulbrief mit „Informationen zum Klassenausflug zu dem Schulkinowochen“ am 6. November auf Facebook veröffentlicht. „Was geht hier bloß ab“, schrieb er und postete zwei kotzende Emojis.
Weiterleitung an die AfD „schon in Arbeit“
Ein Kommentar eines anderen Users: „Krankes Land, indem Linksradikalismus so ‚gepusht‘ wird“, und ein weiterer: „Hat das schon mal einer an die AfD weitergeleitet“. „Ist schon in Arbeit“, antwortete Metz in dem Chat, der der taz vorliegt. In den internen Dialog bringt sich auch Jörn Lemke ein, stellvertretender NPD-Landesvorsitzender.
Kurz darauf heißt es: „Die AfD Lübeck hat geantwortet, dass genau dieser Fall in der Landtagsfraktion geprüft wird.“ Einen Tag später, am 7. November, schreibt die AfD-Landtagsabgeordnete Doris zu Sayn-Wittgenstein in einer Presseerklärung: „Skandal! Linksradikale Band ‚Feine Sahne Fischfilet‘ als schulisches Angebot“.
Sie schimpft, dass die Schule sich im Ankündigungstext „erdreiste (…)' ‚rechtsextremes Gedankengut‘ und den Aufstieg der AfD in Zusammenhang mit ‚Rassismus und Rechtsextremismus‘“ zu stellen. Für Sayn-Wittgenstein ein „gravierender Eingriff“ in die „elterlichen Rechte“ und „Verstoß gegen die Verfassung“.
Das Schreiben der Schule hat sie auf Facebook gleich mit veröffentlicht – offensichtlich dieselbe Aufnahme wie bei Metz, mit dem linken Daumen, den gleichen markierten Textstellen und demselben Hintergrund.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter