Abgeordnete fordern Gleichstellung: CDU gibt sich homofreundlich
13 CDU-Abgeordnete setzen sich für die steuerliche Gleichstellung von Homopaaren ein. Sind sie erfolgreich, wäre das ein Paradigmenwechsel für die konservative Partei.
BERLIN taz | Nur zwei Absätze hat die unscheinbare Mitteilung einer Gruppe von CDU-Abgeordneten, die am Montag verbreitet wurde. Doch sie hat Sprengkraft und könnte einen Paradigmenwechsel in der Union ankündigen. Denn geht es nach den 13 Parlamentariern, würde die Gleichstellung von Homosexuellen in Deutschland einen entscheidenden Schritt vorangehen.
Sie fordern nichts Geringeres als „endlich auch die steuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften“ umzusetzen. Die Politik soll sich ihren Kurs nicht von Gerichten diktieren lassen. Stattdessen wollen sie die Gleichstellung „als unsere eigenen politische Entscheidung“ verstanden wissen. Das Ehegattensplitting also, von dem bisher nur Eheleute profitieren, soll künftig auch für homosexuelle Paare in Lebenspartnerschaft gelten.
„Wir wollen anerkennen, dass sich Lebenspartner einen Rahmen für eine auf Dauer angelegte und auf gegenseitigem Vertrauen und Zuneigung gegründete Beziehung gegeben haben“, heißt es weiter. Zudem verweisen die Abgeordneten auf den Koalitionsvertrag, in dem die Gleichstellung vereinbart wurde. Zu der Gruppe der Unterzeichner gehören etwa Ingrid Fischbach, stellvertretende Fraktionschefin, und Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Nach der Sommerpause wollen die Abgeordneten ihr Anliegen in die Unionsfraktion einbringen.
Sie begründen ihren Vorstoß unter anderem mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das kürzlich die Ungleichbehandlung von Lebenspartnern beim Familienzuschlag für Beamte für verfassungswidrig erklärt hatte. Zuvor hatten mehrere Finanzgerichte entschieden, dass eingetragene Lebenspartner bis zum endgültigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das für kommendes Jahr erwartet wird, das Ehegattensplitting vorläufig in Anspruch nehmen können.
Sollten die CDU-Parlamentarier Erfolg haben, wäre das eine kleine Sensation. Bisher scheiterten sämtliche Versuche, homosexuelle Paare im Steuerrecht gleichzustellen, an der Blockade der Union. Noch im Mai schmetterte die Union einen Antrag der Grünen im Bundestag auf steuerliche Gleichstellung ab. Lediglich drei CDU-Abgeordnete, die den jetzigen Vorstoß mittragen, enthielten sich.
Ob jetzt tatsächlich ein Mentalitätswechsel stattgefunden hat, bleibt abzuwarten. Aus dem Kreis der Initiatoren war am Montag jedenfalls zu hören, dass man nicht mit erbittertem Widerstand rechnet. Dass die streng Konservativen aus CDU und CSU aber protestlos eines ihrer letzten Tabus fallen lassen, ist eher unwahrscheinlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen