AUF1 im deutschen Fernsehen: Rechter Angriff via TV
Der österreichische Sender AUF1 hat einen Sendeplatz für seinen „Großangriff“ auf deutsche Medien gefunden: beim ehemaligen SchwarzRotGold TV.
Der Start des rechten Internetkanals AUF1 im deutschen Fernsehen ist nicht bloß eine Ausweitung des Unternehmens. Dieser „Fernsehstart“ sei ein „Großangriff auf das Medienkartell“, verkündet Gründer und Chefredakteur Stefan Magnet in einem AUF1-Beitrag. Mit dem Programm will er Schluss machen mit „gleichgeschalteter Berichterstattung“. Ab sofort würden „ ‚Great Reset‘, Hitzehysterie und Coronalügen im echten Fernsehen thematisiert“. Über Satellit kann dank des deutschen SRGT das Programm des österreichischen Senders empfangen werden, zu guten Sendezeiten: Von 6 bis 8 Uhr und von 18 bis 22 Uhr läuft Magnets „Großangriff“.
Von der geplanten Änderung des Senders wusste die zuständige Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Baden-Württemberg laut eigenen Aussagen nichts. „Der lizenzierte Veranstalter hat die LFK im Vorfeld nicht über die Ausstrahlung von Inhalten von AUF1 informiert“, sagte der LFK-Pressesprecher Dominik Rudolph der taz. Im Juli 2021 erhielt SRGT – noch als SchwarzRotGold TV – die Rundfunklizenz. Der Stuttgarter Hausarzt Wilfried Geissler, der sich als „Privatier“ bezeichnet, hatte damals den Antrag gestellt, auch um die „mediale Coronadarstellung als Propaganda“ zu entlarven. Auf dem Youtube-Kanal von SRGT liefen Videos über „Impfschäden“, die Serie „Wie die Freimaurer Stuttgart kontrollieren“ und ein Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel.
Knapp 5.000 Abos konnte der Kanal mit derartigem Programm gewinnen. Und der Zuspruch dürfte nun wachsen: AUF1 hat alleine bei Telegram über 244.000 Abos und ein ähnliches Programm. Auf Telegram und der Website fragt Magnet etwa, welche Einflüsse die Freimaurer haben könnten.
Die Bemühungen, ins „echte Fernsehen“ zu kommen, hatte Magnet angekündigt. Am 14. Juni erklärte er, einen „Sendeplatz“ gefunden zu haben. Dies sei „nur ein kleiner Schritt für einen TV-Zuseher, aber ein Riesenschritt für uns – und eine großartige Chance, die Medienlandschaft umzukrempeln“. Erstmals werde AUF1 „im gesamten deutschen Sprachraum auch via Fernsehgerät zu empfangen sein“, so AUF1-Frontfrau Elsa Mittmannsgruber in der Sendung.
Reichweite im eigenen Milieu
Große Menschenmassen wird das Programm allerdings wohl nicht erreichen. Laut Josef Holnburger vom CeMAS-Institut habe der Platz eher einen „symbolischen Charakter“. Die Reichweite dürfte kaum über das eigene Milieu hinausgehen. Der Sender gehörte schon vor der Bundestagswahl 2021 nach einer Analyse von CeMAS auf Platz neun der meistgeteilten „Alternativmedien“ bei Telegram. Mit dem Fernsehauftritt wollte sich AUF1 aber auf Höhe von ARD oder ZDF bewegen. Dies sei mit dem Sendeplatz nicht gelungen, so Holnburger.
In Berlin unterhält der Sender aus Linz seit Herbst 2022 eine Dependance. Im November des Jahres startete die Redaktion mit „Berlin Mitte AUF1“ eine eigene Sendung. Der Deutschlandkorrespondent kennt sich in den rechten Netzwerken aus: Martin Müller-Mertens wirkte vorher beim rechtsextremen Magazin Compact mit und leitete dessen TV-Internetpräsenz.
Magnet selbst war Autor und Mitgestalter der rechtsextremen Zeitschrift Info-Direkt, gehörte dem nicht minder rechten Bund freier Jugend an und trat zudem mit dem rechtsextremen Kameradschaftsführer Gottfried Küssel auf. Zur FPÖ bestehen Verbindungen, sagt Natascha Strobel. Die österreichische Rechtsextremismusexpertin stellte gegenüber der taz im Juli schon klar, dass AUF1 „relativ pragmatisch“ Themen aufgreife, die gerade „funktionieren“: Coronademos, Verschwörungserzählungen, Rechte für trans Personen.
Mit der Übergabe der Sendeplätze hat SchwarzRotGold TV keine Rechtsgrundlage verletzt, erklärt LFK-Pressesprecher Rudolph. Grundsätzlich sei es möglich, dass SchwarzRotGold TV Inhalte von Dritten übernehme und diese im eigenen Programm ausstrahle. Der Sender wäre aber weiterhin für die Einhaltung der Vorgaben des Medienstaatsvertrags verantwortlich. Und Rudolph betont: „Wir werden uns auch mit den aktuellen Änderungen im Programm befassen und diese rechtlich prüfen.“ Sollte sich aus der Prüfung eine „aufsichtsrechtliche Maßnahme“ ergeben, dann müsste die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) als zentrales Organ der 14 Medienanstalten einschreiten.
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