ARD reduziert Angebote: Gesundheitsmagazine in Behandlung

Die regionalen Gesundheitsmagazine der Dritten unterscheiden sich noch kaum voneinander. Aber MDR hat nun sein Format „Hauptsache Gesund“ eingestellt.

Eine Liege in einer Kulisse eines Fernsehstudios.

Eine Liege in der Kulisse des Gesundheitsmagazins des rbb Foto: rbb

Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke hat der Republik den Spruch geschenkt: „Arthrose ist in Bautzen genauso unangenehm wie in Bitburg.“ Und meinte damit, dass sich die Gesundheitsmagazine der Dritten in ihrer Darreichungsform als televisionäre Apothekenumschau recht ähnlich sind und landauf, landab die gleichen Zipperlein ver- und behandeln. Wie beim gedruckten Vorbild, dem die einzelne Apotheke auch, wenn überhaupt, bestenfalls ihren Adressstempel als Absender aufdrückt.

Womit der Mann recht hat. Die ARD schluckt nun die bittere Pille, gemeinsame Einheiten zu bilden. Wenn sie schon nicht den Löffel abgibt, dann doch Sendeplätze und Sendungen. Als Erster hat sich der MDR (be)handlungswillig gezeigt. Das Format „Hauptsache Gesund“ wird als geheilt entlassen, nach 25 Jahren eingestellt.

Und es sieht alles danach aus, dass Arthrose künftig weder aus Bautzen (MDR) noch aus Bitburg (SWR), sondern aus Buxtehude kommt. Das NDR-Gesundheitsmagazin „Visite“ wird dem ARD-Verbund als Therapie verordnet, obwohl es nach Ansicht vieler im Hamburger NDR-Hauptquartier selbst eine Frischzellenkur vertragen könnte.

Die ARD praktiziert somit die Gesundheitspolitik vieler Jahrzehnte, in denen Krankenhäuser und Kliniken schleichend aus der Region abgezogen wurden, um im Verbund zu profitieren. Und um zu sparen. „Das Modell der Wander­ärzt*in­nen wird das neue Modell der ARD, da weniger In­ten­dan­t*in­nen und Di­rek­to­r*in­nen im Einsatz sind und von Anstalt zu Anstalt ziehen“, meint die Mitbewohnerin.

Rezept für Regionalität im 21. Jahrhundert gesucht

„Ein noch einmal verbessertes Zusammenspiel innerhalb der ARD wird zu einem noch vielseitigeren Programm für unser Publikum führen, linear wie nonlinear“, hat zum Gesundheits-Aus der MDR-Programmdirektor Klaus Brinkbäumer als Statement aufgeschrieben, als er wahrscheinlich wegen Rücken präventiv segeln war und sich nicht wehren konnte.

Der Satz hat das Zeug, bei jeder ARD-Reformmaßnahme als Antwort auf Medienanfragen und solche der Patienten aus dem Publikum zitiert zu werden. Er sagt so viel aus wie Auskünfte, die im Krankenhaus Nichtfamilienangehörigen zu ihren Liebsten erteilt werden. Nichts.

Nun gehört es zu den Zivilisationskrankheiten vieler dritter Programme, dass sie seit Jahren in Sachen Regionalbezug in Therapie sind. Abgesehen von den Regionalnachrichten reicht einE medizinische Expert*in, einE moderierendeR Doc aus dem Sendegebiet als Beweis der Verbundenheit mit der dortigen Lebens- und Sterbenswirklichkeit nicht aus. Bevor die ARD weiter den hippokratischen Eid der Regionalität um ihren Äskulapstab windet, bräuchte es ein Rezept, was Regionalität im 21. Jahrhundert eigentlich heißt. Bitte leserlich!

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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