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75 Jahre Alpbacher ForumDie neue Komplexität

Forschende diskutieren auf dem Alpbacher Forum, wie Politik und Gesellschaft mit der zunehmenden Unübersichtlichkeit umgehen soll.

Weltumspannende Netzwerke der Kommunikation durchdringen alle Lebensbereiche Foto: Bernd Friedel/imago

Berlin taz | Die Welt wird komplexer. Die Vielfalt nimmt zu, was an sich positiv ist, aber bei Krisen kann die Vernetztheit auch zum Brandbeschleuniger werden. Eine neue Widerstandsfähigkeit oder Resilienz ist gefragt; in Coronazeiten umso dringender. Wie Wissenschaft und Gesellschaft mit den Herausforderungen der Komplexität umgehen können, ist das Thema des neuen Jahrbuchs zu den Alpbacher Technologiegesprächen, das Donnerstag in Wien vorgestellt wurde.

Das Europäische Forum Alpbach (EFA), eine internationale Thinktank-Veranstaltung im idyllischen Tirol, wollte 2020 sein 75-jähriges Bestehen eigentlich mit ganz großem Bahnhof feiern. Die Coronapandemie hat das jedoch zunichte gemacht. Das sonst mehrwöchige Programm zu Wissenschaft und Technologie, Medizin, Politik, Wirtschaft und Kultur wurde auf ein Rumpfformat zusammengestrichen. Statt Tagesveranstaltungen mit früher 5.000 Teilnehmern sind in den österreichischen Alpen jetzt maximal 200 Personen zugelassen. Die meisten Vorträge und Debatten finden vom 23. August bis 3. September im Internet statt (2020.alpbach.org).

Mit dem neuen Zusammenhalten unter komplexen Bedingungen beschäftigten sich vom 27. bis 29. August auch die Wissenschaftler und Innovationsexperten in den Alpbacher Technologiegesprächen, die vom AIT Austrian Institute of Technology ausgerichtet werden. Programm-Highlights sind künstliche Intelligenz, Klima- und Umweltthemen und Komplexitätsforschung.

„Unsere Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem sind von einer hohen Konnektivität geprägt“, erklärt der Herausgeber des Jahrbuchs Hannes Androsch. Dazu gehören weltumspannende Netzwerke des Handels und der Kommunikation bis hin zu Social Media, die alle Lebensbereiche durchdringen und auch neue Lebensstile und Verhaltensmuster entstehen lassen.

Die Wissenschaft als Vordenkerin hat zunächst die „Basics“ zu klären: Komplexität, so unterschiedlich sie sich auch darstellt, ist durch bestimmte Gemeinsamkeiten gekennzeichnet. Dazu zählt die Existenz von „Kipppunkten“, mit denen das System in einen neuen Zustand gerät und der sich nicht mehr revidieren lässt.

Kaskadeneffekte vorhersagen

Im Klimasystem gilt als ein solcher ökologischer Kipppunkt das Auftauen der Permafrostböden in Russland und Kanada, was riesige Mengen an klimawirksamem Methangas in die Atmosphäre entlassen würde. Andere Komplexelemente sind „Kaskadeneffekte“ – bei denen sich ein Schneeball beim Herabrollen zur Lawine auswächst – oder „nichtlineare Veränderungen“, wie sie aktuell in der Coronapandemie zu beobachten sind.

Die neue Unübersichtlichkeit führt zu Ungewissheit und Unsicherheit,. „Sie erschwert auch die Steuerung von komplexen Systemen durch politische Entscheidungen“, bemerkt Androsch, der dem AIT-Aufsichtsgremium angehört und früher einmal Finanzminister in Österreich war. „Wir benötigen daher dringend neue Methoden, um komplexe Systeme erfassen und analysieren zu können.“ Für diesen jungen Wissenschaftszweig der Komplexitätsforschung wurde bereits vor einigen Jahren der „Complexity Science Hub (CSH) Vienna“ ins Leben gerufen.

Als eine wichtige Errungenschaft der Komplexitätsforschung bezeichnet Stefan Thurner, Universitätsprofessor für die Wissenschaft Komplexer Systeme an der Medizinischen Universität Wien und Leiter des Complexity Science Hub Vienna, die Erkenntnis der Relevanz der sogenannten Skalierungsgesetze. „Wird ein komplexes System größer, gibt es oft typische Veränderungen der Eigenschaften, etwa wenn man die Zahl der Einwohner einer Stadt und das Einkommen der Menschen vergleicht“, erklärt Turner. Je größer eine Stadt ist, umso höher ist im Schnitt auch das Pro-Kopf-Einkommen, und zwar höher, als es ein linearer Zusammenhang erwarten ließe.

Umgekehrt verhält es sich laut Turner beim Energieverbrauch: „Wird eine Stadt doppelt so groß, braucht man nicht doppelt so viel Energie für ihre Versorgung, sondern deutlich weniger.“ Diese Einsicht erlaube einen völlig neuen Umgang mit Städtebau und Urbanisierung, eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Turner: „Die innovativen Erkenntnisse im Bereich Urbanisierung der letzten Jahre kommen aus der Komplexitätsforschung.“

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6 Kommentare

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  • Tja Herr Ronzheimer - dann mal endlich das Hirn in die Weiche - statt diesem - sorry - Weichfraß - gelinde gesprochen.



    &



    Dank im Voraus.

    kurz - Tucho hat mal was dazu gesagt - aber das war in den 20ern. Gellewelle.

  • Zitat: „Forschende diskutieren auf dem Alpbacher Forum, wie Politik und Gesellschaft mit der zunehmenden Unübersichtlichkeit umgehen soll.“

    Offenbar ist bei der Diskussion herausgekommen, dass die Unübersichtlichkeit am besten ignoriert wird. Wie sonst ließe es sich erklären, dass „Skalierungsgesetze“, wie sie hier exemplarisch erwähnt werden, als „wichtige Errungenschaft“ gefeiert wurden?

    Dass in der Stadt mehr zu verdienen ist als auf dem Land, war schon im Mittelalter bekannt. Und dass zwei Leute in einer Wohnung billiger leben als in zweien, weil sie sich etwa ein Bad und eine Küche teilen können, weiß jede*r WG-Bewohner*in auch ohne hochkarätig besetzten „Thinktank“. Was WG-Bewohner*innen allerdings auch wissen, ist, dass größere Menschenansammlungen auf engem Raum bei allen finanziellen Vorteilen auch organisatorische und psychologische Machteile haben. Und dass Stadtluft nicht nur frei sondern auch krank machen kann, war selbst im Mittelalter klar.

    Mag ja sein, dass in Megastädten im Durchschnitt mehr verdient und weniger Energie verbraucht wird. Nur bedeutet das leider noch nicht, dass das Leben in einer Megastadt tatsächlich für alle Einwohner lebenswerter ist. Und es bedeutet schon gar nicht, dass es konfliktfreier verläuft. Aber offenbar ist die Komplexität städtischen Lebens für manche Koryphäe entschieden zu unübersichtlich. Und manches lässt sich ja statistisch bisher auch nur ganz schwer erfassen. Schon, weil nicht für jede Studie genug Geld da ist.

    Wie aus den oben erwähnten Uralt-Erkenntnissen ein „völlig neuen Umgang mit Städtebau und Urbanisierung“ werden soll, wie damit gar „eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts“ bewältigt werden könnte, müssten mir die Panzer-Denker und Manfred Ronzheimer jedenfalls erst mal erklären. Von ganz alleine komme ich da nämlich ganz gewiss nicht drauf angesichts der medialen Berichterstattung aus den Megacitys dieser Erde.

  • Es würde bereits ausreichen das Wissen, was vor 1982 in der BRD bestanden hat, anzuwenden. Schließlich ist die Thermodynamik und die damit verbundenen Gleichgewichte, wie die Phasenregel von Gibbs nicht erst mit Bill Gates und Steve Jobbs erschienen. Viel Geschwafel um eine gezielte Politik der Verblödung zugunsten einer Koofmich-Elite, die sich skrupellos auf Kosten der Allgemeinheit bereichert.

    Aber wer alleinigem Schwarz-Weißdenken, also Denken in "low" and "high" verhaftet ist, wie die typischen Nerds, der glaubt auch die Berechnung der Zahl pi mit dem Supercomputer wäre mathematisch. Weit gefehlt, Wissensbanause. Pi ist ein Grenzwert, der nie zu errechnen sein wird. Was Dedekind schon vor fast 150 Jahren formulierte.

    Der perverse Neoliberalismus kann nur Bestand haben, wenn Idioten an ihn glauben. Solange komplexe Systeme nicht grundlegend mathematisch beschrieben werden können, bleibt jedes Herumfrickeln mittels PC digitaler Dilettantismus.

    Natürlich erleichtern uns Computer durch rasend schnelle Berechnungen und grafische Darstellungen die Arbeit. Aber sie sind nicht die Realität!

    Wer Lust hat, der versuche doch einmal die grafische Darstellung der Mandelbrotmenge mittels schnellem Rechner randlich aufzulösen. Überraschungen sind vorprogrammiert. Übrigens auch eine Entwicklung vor der ollen Thatcher mit ihrem neoliberalen Wahn und Menschenverachtung, weshalb die Popularität des "Apfelmännchens" in Kohl-Thatcher Epoche fiel, weil erst zu dieser Zeit Grafiken am PC für Jedermann erzeugt werden konnten.

    Analoge Systeme, die unsere Umwelt und uns selbst regieren, lassen sich durch digital arbeitende Rechner nur annähern.

    Tatsache ist auch hier, dass Digitalelektronik äußerst billig zu produzieren ist. Künstliche "Intelligenz" daher auch - also hier siegt auch der neoliberale Idiotismus.



    Mit Realität hat das so wenig zu tun wie BWL-Studenten und Mathematik.

  • Ich liebe Kipppunkte. Immer wenn die Logik in die falsche Richtung läuft, postuliert man einen Kipppunkte und schon stimmt die Prognose wieder.



    Deus ex machina.

    • @Werner S:

      Auch - Kippschalter genannt.

  • Schade zu 75 Jahre Albpacher Formum.

    Erfahrmer hier - so gut wie nix. Ehrfurcht die xte - wa¿ 🤫 -



    Fein - daß - wie immer auf seine launige Art.



    Paul Feyerabend aushilft & Einigen einiges - Hochbindend! - 😱 -



    Bezeichnend - Vor allem in - “Zeitverschwendung“ - 👻 -



    & hier a weng - too - “Ich war nie! Popper-Schüler! - 👹 -



    de.wikipedia.org/wiki/Paul_Feyerabend

    So geht das - Nix komplex - Eher sehr banal - wa!