5 Jahre Schulstreik von Greta Thunberg: Längst nicht mehr die Einzige
Vor 5 Jahren begann die damals 15-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg ihren „Skolstrejk för klimatet“. Danach war nichts mehr wie vorher.
Es war Montag, der 20. August 2018. Schwedens heißester Sommer, seit man vor über 250 Jahren mit systematischen Aufzeichnungen angefangen hatte, das Wetter zu registrieren, ging zu Ende. Es hatte teilweise verheerende Waldbrände gegeben. Die Schule hatte wieder begonnen, für die 15-jährige Greta Thunberg die 9. Klasse.
Aber sie wolle schulstreiken und drei Wochen lang, bis zum 9. September, dem Tag der Parlamentswahl, ihre Schulaufgaben nicht in der Schule, sondern hier vor dem Reichstag machen, erklärte sie der taz: „Es ist mein Protest dagegen, dass kein Politiker die Klimafrage so ernst nimmt, wie sie genommen werden muss.“
Am Folgetag saß sie schon nicht mehr allein da und am Freitag dieser ersten Protestwoche war die Gruppe der SchülerInnen und Erwachsenen neben dem „Skolstrejk för klimatet“-Schild bereits auf rund drei Dutzend angewachsen. Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen berichteten von der Aktion und natürlich gab es erste Debatten: Haben wir in Schweden etwa keine Schulpflicht?
Bis Jahresende schlossen sich 300 dem Protest an
„Ich werde ab jetzt an jedem Freitag weiter streiken“, verkündete Greta Thunberg zwei Wochen später, am Freitag vor der Wahl, zu der ihre Aktion eigentlich enden sollte. „Fridays for future“ sollten das werden und sie rief SchülerInnen und StudentInnen in aller Welt auf, ihrem Beispiel zu folgen. Als Erstes taten dies schon in der darauffolgenden Woche SchülerInnen in Den Haag. Bis zum Jahresende hatte sich die Protestform auf nahezu 300 Orte mit Zehntausenden TeilnehmerInnen weltweit ausgebreitet. Im darauffolgenden Jahr waren es geschätzte 4 Millionen in 161 Ländern, was als größte Klimademonstration der Geschichte gilt.
Spätestens seit ihrem Auftritt auf der Klimakonferenz COP 24 im Dezember 2018 im polnischen Katowice war der Name Thunberg auch international ein Begriff. Dort hatte sie UN-Generalsekretär António Guterres und andere PolitikerInnen angeklagt: „Ihr sagt, dass ihr eure Kinder über alles liebt. Und dennoch beraubt ihr sie direkt vor ihren Augen ihrer Zukunft“. 16 Monate nach ihrem ersten Schulstreiktag hob sie das Time Magazine im Dezember 2019 als „Person of the year“ auf ihre Titelseite. Sie sei „das Gesicht der globalen und von der Jugend geführten Klimabewegung“.
„Es ist fantastisch, wieder in der Schule zu sein“, hatte Thunberg im August 2020 auf Instagram geschrieben, nachdem das Sabbatjahr zu Ende war, das sie sich genommen hatte, um sich ganz weltweiten Klimaaktionen widmen zu können. Da hatten Corona-Beschränkungen aber schon viele ursprüngliche Pläne durchkreuzt. Zwar sei „das letzte, was Greta sich gewünscht hatte“, die von Covid-19 erzwungene Pandemie-Pause gewesen, äußerte ihr Vater Svante im vergangenen Jahr, aber „anderthalb Jahre in Schweden festzusitzen, war wohl faktisch gut für sie“.
Nach der Schule
Vor zweieinhalb Monaten machte die 20-Jährige ihr Abitur und verkündete gleichzeitig, dass mit dieser 251. Woche nun auch zwangsläufig ihr Schulstreik ende – nicht aber ihr Protest. Es habe sich zwar „viel geändert, seit ich anfing, aber es ist noch ein weiter Weg“. Und „noch immer geht die Entwicklung in die falsche Richtung“. Der Kampf habe deshalb erst begonnen.
Auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) zeigen Fotos sie statt des „Schulstreik“-Schilds nun allwöchentlich mit einem mit der Aufschrift „Climate Action Now“ und sie zählt weiter: der 18. August, die Woche 261 seit August 2018. Aus den 27 Twitter-Followern von damals sind mittlerweile 5,7 Millionen geworden.
Wie es weitergeht? Über Greta Thunbergs eventuelle Studienpläne ist offiziell noch nichts bekannt. Vor einiger Zeit sagte sie, sie würde gerne etwas studieren, das nichts mit Klima zu tun hat, weil das ja bedeuten würde, dass die Klimakrise unter Kontrolle sei. Sie engagiert sich für Frauen in Afghanistan und die Rechte indigener Völker.
Nach einer kürzlichen ersten Verurteilung wegen der Teilnahme an einer Verkehrsblockade vor einem schwedischen Ölhafen droht ihr eine weitere wegen einer ähnlichen Aktion. Und sie ist eine der KlägerInnen, die den schwedischen Staat in einem Klimaprozess verklagt haben. Aber erst einmal ist am 15. September wieder globaler Fridays-For-Future-Klimastreik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau
Flugzeugabsturz in Kasachstan
War Russland schuld?