piwik no script img

2,4 Milliarden Euro DividendenVW wegen Ausschüttung in der Kritik

Die Hauptversammlung will milliardenschwere Dividenden genehmigen. Der Vergleich mit Managern aus Zeiten des Dieselbetrugs könnte dagegen platzen.

Ein VW ID.3 in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin taz | Mit Kurzarbeitergeld über die Coronakrise kommen, sich mit staatlichen Prämien den Verkauf von E-Autos subventionieren lassen – und dann Milliarden Euro in Form von Dividenden an die An­teils­eig­ne­r:in­nen ausschütten. Diese Firmenpolitik des Autobauers Volkswagen lehnen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Dachverband der Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen strikt ab. Die Organisationen fordern, dass der Autobauer Gewinne nicht ausschüttet, sondern in den anstehenden gigantischen Umbau hin zur Elektromobilität steckt. „Eine Dividende, gesponsert von Steu­er­zah­le­r*in­nen – gesellschaftlich verantwortliches Handeln sieht anders aus“, heißt es in einem Antrag der Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen für die digitale VW-Hauptversammlung an diesem Donnerstag.

Vorstand und Aufsichtsrat von VW schlagen der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2020 eine Dividende in Höhe von 4,80 Euro je Stammaktie und 4,86 Euro je Vorzugsaktie vor, das ist die gleiche Höhe wie im Vorjahr – eine Gesamtsumme von 2,4 Milliarden Euro. Es ist davon auszugehen, dass dieser Antrag angenommen und über den der Kritischen Ak­tio­nä­r:in­nen gar nicht abgestimmt wird.

VW gehört zu den weltweit führenden E-Autoherstellern. In Deutschland wird der Kauf eines Elektroautos mit bis zu 6.000 Euro vom Staat gefördert. Die in der Coronakrise – und aufgrund des aktuellen Chipmangels in der Autoindustrie – vielfach angeordnete Kurzarbeit wird mittlerweile nicht mehr nur über die Arbeitslosenversicherung, sondern auch über Steuergelder finanziert.

Aus diesen Gründen sei die Dividendenausschüttung falsch, sagt Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND und Mitglied im Vorstand des Dachverbands Kritischer Aktionär:innen. „Volkswagen muss dieses Geld in den Konzernumbau und die Qualifizierung der Belegschaft investieren“, fordert er.

Umbau geht nicht weit genug

VW weist die Forderung mit dem Hinweis zurück, keinerlei staatliche Unterstützung erhalten zu haben. Das Kurzarbeitergeld sei eine Leistung der Arbeitslosenversicherung, in die VW und die Beschäftigten Milliarden eingezahlt hätten, so ein Sprecher. „Ein großer Teil der Dividende geht an institutionelle Anleger. Darunter sind Pensionsfonds, die der Altersversorgung von Privatpersonen dienen.“ VW will bis 2025 rund 35 Milliarden Euro für die Elektromobilität ausgeben

In der vergangenen Woche hatte Konzernchef Herbert Diess neue Pläne für den zügigen Umbau des Konzerns vorgestellt, der künftig viel Geld mit computergestützten Dienstleistungen und dem autonomen Fahren verdienen möchte. Bis 2030 will der Autobauer den CO2-Abdruck seiner Fahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus um ein Drittel senken. Dann soll die Hälfte der Flotte aus E-Autos bestehen.

„Der Umbau muss weiter gehen, als VW angekündigt hat“, fordert Hilgenberg. Der Konzern dürfe nicht auf immer größere Wagen und SUVs setzen. „Ein großes E-Auto mit 1.000 Kilometer Reichweite ist eine enormer Energie- und Rohstofffresser.“ VW müsse sich auf kleine Autos und Fahrzeuge für den öffentlichen Nahverkehr konzentrieren und mehr Anlagen für erneuerbare Energien aufbauen, damit der Autobau nachhaltig erfolge.

Weitere Aktionäre verstimmt

Auch die Fondsgesellschaft Union Investment ist unzufrieden mit der VW-Führung und wird den Aufsichtsrat nicht entlasten. „Leider hat Volkswagen seine Lektion aus dem Dieselskandal nur halb gelernt“, so Union-Investment-Vertreter Janne Werning in einem vorab verbreiteten Statement zur Hauptversammlung. Bei grüner Mobilität nehme VW eine globale Vorreiterstellung ein. Aber die Unternehmensführung sei nach wie vor „die Achillesferse des Konzerns“.

Der Betrugsskandal um manipulierte Abgasvorrichtungen von Diesel-Fahrzeugen wird die Hauptversammlung am Donnerstag nochmals beschäftigen. Die Ak­tio­nä­r:in­nen sollen einem Vergleich zustimmen, den VW mit Ex-Managern wie Martin Winterkorn und ihren Berufshaftpflichtversicherern schließen will. Wird dieser Vergleich rechtsgültig, kann VW an die Manager keine Forderungen mehr stellen. Der Skandal hat VW bislang rund 32 Milliarden Euro für Entschädigungen, Rechtsaufwendungen und Strafen gekostet. Der Vergleich sieht eine Zahlung von 288 Millionen Euro vor. Davon kämen 270 Millionen Euro von den Versicherern, 18 Millionen von den Managern. Für Winterkorn würde das bedeuten, dass er sich mit einer Zahlung von 11,2 Millionen Euro aller Forderungen entledigen könnte – sein letztes Jahreseinkommen bei VW betrug 16 Millionen Euro, seine Altersvorsorge hat einen Wert von nahezu 29 Millionen Euro.

Die Vereinbarung platzt, wenn 10 Prozent der Vorzugsaktien-Eigner:innen dagegenstimmen. Nach Informationen des Handelsblatts gibt es einflussreiche Aktionär:innen, die das planen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Wenn VW weniger Dividenden ausschüttet, dann werden Kapitalströme in Zukunft um VW einen Bogen machen und sich andere Anlagemöglichkeite suchen.



    Die sind dann im Zweifel nicht in Deutschland und nicht unter indirekter, (demokratisch legitimierter) Kontrolle des Landes Niedersachsen.

    Wäre das besser ? Ich denke nicht.

  • Es gibt ja bereits massig Autos. Diese durch neue Autos ersetzen zu wollen, ist ökologischer Wahnwitz. Wenn über E-Autos - warum nicht über den Ansatz von Verbrenner zu E-Auto Umbauten berichten?



    automotive.naext.de/



    www.lorey-maschine.../blog/elektroauto/



    www.fleck-elektroa...inem-elektroumbau/



    ...

    • @Uranus:

      Noch ressourcenschonender wäre es, sich den Elektroumbau zu sparen und das Geld lieber in eine Windparkbeteiligung zu stecken. Das brächte dann auch tatsächlich eine CO2-Reduktion.

      • @sollndas:

        Sicher! Mit vorigen Kommentar wollte ich keinesfalls Autos befürworten, allenfalls Umständen Rechnung tragen, in denen aufgrund Job und abgelegenem Wohnort, es bei gleichzeitig notwendiger Reproduktion sehr schwer ist, auf ein Auto zu verzichten. Und jene bräuchten kein neues Auto sondern bei verbesserten Umrüstbedingungen eine umrüstende Werkstatt und nebst Bausatz für ein umrüstbares, gebrauchtes Auto. Naja, Umstieg zu ÖPNV & Co bräuchte es eben ... aber da sind wir sicher einer Meinung :-)

        • @Uranus:

          Hallo Uranus, Sie verstehen mich miss :-)



          Meine Frage ist: Wie spare ich mit möglichst wenig Geld möglichst viel CO2 ein?



          Durch einen Elektroumbau verschiebe ich nur die Emissionen von hier nach dort, aus dem Verkehrssektor in den Stromsektor, von der Straße in die Lausitz - hinsichtlich der CO2-Bilanz ist nichts gewonnen.



          Lasse ich dagegen meinen Citroen C1 so wie er ist und investiere das gesparte Geld in Erneuerbare (Windpark oder Solaranlage), so verdränge ich im Stromsektor konventionellen Strom aus dem Netz, spare also CO2 ein.

  • Kein Autobauer der Welt investiert so massiv in die Eleltromobilität wie VW - und da beklagt man sich?

    • @Wombat:

      Das war jetzt Sarkasmus oder?



      Die brauchten deutsche Steuergelder, Sondergenhmigungen von Kurzarbeit und Co., ähm ja da beklage ich mich zurecht als deutscher Steuerzahler