13 Jahre nach der „Lolita-Affäre“: von Boetticher will Comeback
Christian von Boetticher beendete 2011 nach einer Affäre mit einer 16-Jährigen seine Karriere in der CDU. Nun kandidiert er für den Bundestag.
Der gebürtige Hannoveraner wuchs in Pinneberg auf, trat mit 15 Jahren in die Schülerunion ein und ging nach dem Abitur zur Luftwaffe. Er studierte Jura und promovierte 2001 über „Parlamentsverwaltung und parlamentarische Kontrolle“. 1999, mit 28 Jahren, zog der hochgewachsene Christdemokrat ins EU-Parlament ein. 2005 holte der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, den damals 34-jährigen Boetticher nach Kiel, wo er Landwirtschafts- und Umweltminister in der schwarz-roten Koalition wurde. In diesem Amt machte er viele Beschlüsse grüner Umweltminister rückgängig, unter anderem beim Jagdrecht.
2009 brach die Koalition nach einer von Carstensen provozierten Vertrauensfrage. Bei den folgenden Neuwahlen gewann Boetticher ein Direktmandat und wurde im neuen Landtag zum CDU-Fraktionsvorsitzenden gewählt.
Peter Harry Carstensen machte den stets etwas distanziert wirkenden Boetticher zu seinem Kronprinzen, und die Landespartei sorgte mit einer Ämterfülle dafür, dass er diese Rolle ausfüllen konnte. So wurde er in den Landesvorstand des CDU-Wirtschaftsrates berufen und zum Landesvorsitzenden gewählt. Im Sommer 2011 stand er auch als Spitzenkandidat für die anstehende Landtagswahl fest.
Doch der Ehrenritter im Johanniter-Orden und Alte Herr der schlagenden Studentenverbindung Slesvico-Holsatia blieb blass, nach außen und in der eigenen Partei. Übel genommen haben dürften ihm viele Mitglieder, dass er ein Treffen der CDU-Kreisverbandsvorsitzenden aus Termingründen absagte. Dummerweise postete er am selben Abend ein Foto von seinem ruhigen Abend auf der Terrasse.
So mag es dem einen oder anderen in der Partei, deren Landesgeschäftsführer damals Daniel Günther hieß, nicht unrecht gewesen sein, dass die Beziehung zu einer 16-jährigen Schülerin aufflog. Das Verhältnis war rechtlich legal und bereits beendet. Dennoch trat Boetticher zurück – in einer dramatischen Pressekonferenz, in der ihm die ehemalige Kieler Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz ein Taschentuch reichte.
Mehrere Jahre arbeitete Boetticher in der Wirtschaft. Seit 2023 zieht es ihn in die Politik zurück. Der Versuch, die Landesliste für die Europawahl anzuführen, scheiterte, auch am heutigen Ministerpräsidenten Günther, der sich beim Parteitag gegen ihn aussprach. Nun strebt Boetticher einen Sitz im Bundestag an, wie mehrere Medien berichteten. Er tritt im Wahlkreis Pinneberg an, der bei Bundestagswahlen als geheimes Orakel gilt: Die Partei, die in Pinneberg gewinne, stelle auch den nächsten Kanzler, heißt es in der Landespolitik.
Boettichers Faible für viel jüngere Partnerinnen ist übrigens geblieben: Seine heutige Frau Sarah ist 23, der Altersunterschied beträgt also 30 Jahre. Es ist wahrscheinlich schlichtweg Liebe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Studie zu Zweitem Weltkrieg
„Die Deutschen sind nackt und sie schreien“
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge