piwik no script img

100 Tage Präsidentschaft Joe BidenNix mit globaler Führungsrolle

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Joe Bidens Start im Amt des US-Präsidenten ist ermutigend. Will er Amerika weltweit auf Platz 1 bringen, wird er indes noch mehr liefern müssen.

US-Präsident Joe Biden: will die USA weltweit auf Platz 1 bringen Foto: Andrew Harnik/ap

D er Kurswechsel nach der dunklen Trump-Epoche, den US-Präsident Joe Biden schon im Wahlkampf angekündigt hatte, ging vielen Linken innerhalb und außerhalb der Demokratischen Partei mit gutem Grund nicht weit genug. Doch die ambitionierten innenpolitischen Reformmaßnahmen, die Biden und sein Team in ihren ersten 100 Tagen im Amt konkretisiert und zum Teil bereits eingeleitet haben, sind ein großer Fortschritt.

Sie werden sich zum Wohl aller Menschen in den USA auswirken, gerade auch jener, die sich noch immer nicht von Trumps Propagandalügen befreit haben. Außenpolitisch ist das Bekenntnis der Biden-Administration zum Multilateralismus und die – bislang zumindest teilweise – Rückkehr der USA in entsprechende Institutionen und Verträge zu begrüßen. Dabei irritiert allerdings der von Biden und Außenminister Antony Blinken wiederholt deutlich formulierte Anspruch auf eine globale Führungsrolle der USA.

In einer multipolaren Weltordnung mit mindestens vier weiteren globalen Akteuren ist dafür nicht länger Platz. Es sei denn um den Preis fortgesetzter militärischer Dominanz, was jedoch nicht nur gefährlich wäre, sondern außerdem so teuer, dass die innenpolitischen Vorhaben kaum noch finanzierbar wären.

Wenn allerdings „Führung durch (gutes) Beispiel“ (Biden) gemeint ist, müsste die Administration einiges tun, damit die USA die in den vergangenen 20 Jahren vor allem durch den Krieg gegen den Terror und gegen Irak erheblich angeschlagene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

So begrüßenswert die jüngste Positionierung Washingtons zur Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi, zum Völkermord an den Armeniern und auch die Kritik am Vorgehen der Regierung Wladimir Putins gegen ihren Kritiker Alexei Nawalny ist: All das wäre sehr viel glaubwürdiger, würden die USA endlich eine Amnestie für die Whistleblower Julian Assange und Edward Snowden verkünden, die Praxis der Drohnenmorde einstellen und dem Internationalen Strafgerichtshof beitreten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Danke - anschließe mich.

  • „Dabei irritiert allerdings der von Biden und Außenminister Antony Blinken wiederholt deutlich formulierte Anspruch auf eine globale Führungsrolle der USA“



    Mr. Biden glaubt wohl immer noch an eine sozusagen gottgewollte „globale Führungsrolle der USA“?



    Inzwischen ist es doch wohl China, das diese Rolle übernehmen will: Nach jahrzehntelangen, erfolglosen Wirtschafts-Experimenten aufgrund der Rezepte von Marx / Engels / Lenin (/Stalin / Mao) kehrte man dort wieder zum einst verdammten Kapitalismus zurück. Wirtschaft und Handel funktionieren daher mindestens so gut wie in den USA. Und einen unschätzbaren Vorteil haben die chinesischen Kommunisten: Vom gehabten Sozialismus/Kommunismus bleibt nur die Allmacht des Staatsapparates und seiner Sicherheitsorgane, sowie die weitgehende Unterdrückung jeglicher Opposition. Das Volk soll schließlich nicht dazwischenfunken, wenn sich China zur globalen Führungsmacht aufschwingt!

  • Was soll ich sagen? Ja.

    Wenn auch ich schon bereit wäre, die aktuelle Administration in meinen persönlichen Olymp zu heben, wenn sie eine halbwegs nachhaltige Trump-Entgiftung hinbekommen.

    Die Leute, die Trump scharenweise gewählt haben sind ja nicht weg.

  • Die USA *sind* weltweit auf Platz 1. Die Frage ist nur was sie damit machen...