+++ USA unter Trump +++: Mehr als 500.000 Migranten wird Aufenthaltstitel entzogen
Betroffen sind dieses Mal Menschen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela. Unterdessen will Venezuela wieder Abschiebeflüge akzeptieren.

Venezuela will wieder Abschiebeflüge aus den USA akzeptieren
Im Streit mit den USA über die Abschiebung seiner Landsleute will Venezuela wieder Abschiebeflüge akzeptieren. Eine entsprechende Einigung sei mit Washington erzielt worden, teilte Chefunterhändler Jorge Rodríguez am Samstag mit. Diese erfolgte eine Woche, nachdem die USA mehr als 200 mutmaßliche Mitglieder einer venezolanischen Drogenbande zur Inhaftierung nach El Salvador ausgeflogen hatten.
„Um die Rückkehr unserer Landsleute unter Wahrung ihrer Menschenrechte zu gewährleisten, haben wir mit der US-Regierung vereinbart, die Rückführung venezolanischer Migranten morgen mit einem ersten Flug wieder aufzunehmen“, erklärte Rodriguez. „Migration ist kein Verbrechen“, setzte er hinzu.
Die Abschiebeflüge aus den USA nach Venezuela waren im vergangenen Monat ausgesetzt worden. US-Präsident Donald Trump hatte dem Land vorgeworfen, es habe seine Rücknahme-Zusagen nicht eingehalten. Daraufhin erklärte die Regierung in Caracas, sie werde die Flüge nicht mehr akzeptieren.
Vor einer Woche dann schoben die USA mehr als 200 mutmaßliche Mitglieder einer venezolanischen Drogenbande nach El Salvador ab, wo sie inhaftiert wurden. Venezuelas linksnationalistischer Präsident Nicolás Maduro, der von den USA nicht anerkannt wird, brandmarkte dies als „Entführung“. Die Regierung in Caracas erklärte, sie betrachte die Überstellung ihrer Staatsbürger nach El Salvador als mögliche „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. (afp)
500.000 Menschen Aufenthaltstitel entzogen
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump entzieht mehr als einer halben Million Migranten das Aufenthaltsrecht. Die betroffenen Menschen müssten bis zum 24. April „die USA verlassen“, wenn sie bis dahin keinen anderen Aufenthaltsstatus vorweisen könnten, erklärte das Heimatschutzministerium am Freitag. Betroffen sind rund 532.000 Menschen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela, die aufgrund eines Programms unter Trumps Vorgänger Joe Biden in die USA hatten einreisen können.
Das Heimatschutzministerium nannte das unter der Abkürzung CHNV bekannte Programm „temporär“ und erklärte, es stelle keine „Aufnahme in die USA“ dar. Organisationen, die Migranten bei der Einreise in die USA unterstützen, riefen Betroffene dazu auf, sich rechtlichen Beistand zu suchen.
Kritiker warnten vor Chaos, das durch die Entscheidung der Trump-Regierung ausgelöst werden könnte. Die Migrationsanwältin Nicolette Glazer schrieb im Kurzbotschaftendienst X, nur 75.000 der 532.000 Migranten hätten einen Asylantrag gestellt. Der großen Mehrheit der Migranten drohe damit die Abschiebung.
Das Programm war Ende 2022 unter dem Demokraten Biden eingeführt und Anfang 2023 ausgeweitet worden. Benannt nach den Anfangsbuchstaben der englischen Namen für Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela erlaubte CHNV monatlich bis zu 30.000 Menschen aus diesen vier Ländern eine Einreise in die USA und einen zunächst auf zwei Jahre begrenzten Aufenthalt.
Biden bezeichnete das Vorgehen seinerzeit als „sicheren und humanen Weg“, um den Druck von der Grenze zwischen Mexiko und den USA abzubauen. An der Grenze versuchen Jahr für Jahr zahllose Menschen aus Süd- und Mittelamerika in die USA zu gelangen.
Trump hatte vor der Präsidentschaftswahl 2024 mit einem harten Kurs gegen irreguläre Migration Wahlkampf gemacht – und war damit bei vielen Wählern gut angekommen. Der rechtspopulistische Republikaner hat die größte Abschiebekampagne in der US-Geschichte in Aussicht gestellt. Sein Vorgehen ist dabei höchst umstritten. So schob die US-Regierung kürzlich mehr als 200 Venezolaner – angebliche Mitglieder einer Gang – für eine Inhaftierung nach El Salvador ab.
Trump bestritt am Freitag, die Abschiebungen selbst angeordnet zu haben. „Ich weiß nicht, wann es unterzeichnet wurde, weil ich es nicht unterschrieben habe“, sagte der Präsident vor Reportern. „Andere Leute haben sich darum gekümmert.“
Trump verwies dabei auf seinen Außenminister: „Marco Rubio hat einen tollen Job gemacht.“ Rubio habe die Venezolaner „raus haben“ wollen „und wir stimmen dem zu“, sagte der Präsident. Ein Bundesrichter hatte die Abschiebungen auf Grundlage eines Gesetzes gegen „ausländische Feinde“ aus dem Jahr 1798 eigentlich untersagt.
Trump hat seit seinem Amtsantritt im Januar mit zahlreichen Entscheidungen in der Innen- und Außenpolitik radikale Politikwechsel eingeleitet. Dabei bricht der Präsident auch mit vielen US-Traditionen – unter anderem im Umgang mit politischen Gegnern.
Am Freitag entzog er wie angekündigt seinem Vorgänger Biden die Sicherheitsfreigabe für Geheimdokumente. Betroffen von der Maßnahme ist auch Bidens damalige Vizepräsidentin Kamala Harris, die Trump bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen November als Kandidatin unterlagen war. Auch Bidens damaliger Außenminister Antony Blinken, Ex-Sicherheitsberater Jake Sullivan, die frühere Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und Trumps innerparteiliche Kritikerin Liz Cheney verlieren ihre Sicherheitsfreigaben.
Die Sicherheitsfreigabe ermöglicht es früheren US-Präsidenten und Regierungsvertretern, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt Zugang zu geheimen Regierungs- und Militärdokumenten zu erhalten. Biden hatte Trump 2021 die Sicherheitsfreigabe entzogen. Er begründete das damals mit dem „erratischen Verhalten“ des nach seiner ersten Amtszeit abgewählten Präsidenten vor und nach dem Angriff von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. (afp)
Trump: Habe Abschiebeflüge nach Venezuela nicht veranlasst
Im juristischen Konflikt über die Abschiebung von mehr als 200 Venezolanern aus den USA hat US-Präsident Donald Trump bestritten, diese selbst veranlasst zu haben. „Ich weiß nicht, wann es unterzeichnet wurde, weil ich es nicht unterschrieben habe. Andere Leute haben sich darum gekümmert“, sagte er am Freitag vor Journalisten.
Stattdessen verwies Trump auf seinen Außenminister: „Marco Rubio hat einen tollen Job gemacht.“ Rubio habe die Venezolaner „raus haben“ wollen „und wir stimmen dem zu“, sagte der Präsident.
Trumps Regierung hatte am vergangenen Wochenende 238 Migranten aus Venezuela nach El Salvador abgeschoben und dafür ein 1798 verabschiedetes Gesetz gegen „ausländische Feinde“ angewandt. Das Weiße Haus erklärte im Anschluss über seine Pressestelle, Trump habe eine Verfügung unter Berufung auf den sogenannten „Alien Enemies Act“ unterzeichnet. Das Dokument mit Trumps Unterschrift taucht zudem im Bundesregister auf.
Den abgeschobenen Männern wird vorgeworfen, Mitglied der venezolanischen Drogenbande Tren de Aragua zu sein. Das mehr als 200 Jahre alte Gesetz war in der US-Geschichte zuvor nur in Kriegszeiten angewandt worden – im Britisch-Amerikanischen Krieg von 1812, im Ersten Weltkrieg und vor allem im Zweiten Weltkrieg.
Darauf verwies am Freitag auch Bundesrichter James Boasberg. Er nannte die politischen Konsequenzen der Anwendung des Gesetzes „unglaublich beunruhigend, problematisch und besorgniserregend“.
Boasberg hatte bereits am vergangenen Wochenende angeordnet, dass die Abschiebeflüge mit den Venezolanern an Bord wieder in die USA zurückkehren müssen. Die Männer waren trotzdem nach El Salvador ausgeflogen und dort in einem berüchtigten Gefängnis inhaftiert worden. Das Weiße Haus argumentierte in der Folge, die Flugzeuge seien zum Zeitpunkt der richterlichen Anordnung bereits in der Luft gewesen.
Am Donnerstag hatte Boasberg das Vorgehen der Regierung erneut kritisiert. Seinen Angaben zufolge hatte ein leitender Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde angegeben, die Regierung wolle die Abschiebung der Venezolaner durch die Einstufung als „Staatsgeheimnis“ rechtfertigen.
Diese Begründung sei „bedauerlicherweise ungenügend“, hieß es in einer richterlichen Anordnung. Die Regierung sei ihrer Verpflichtung erneut nicht nachgekommen. Boasberg gab der Regierung bis Dienstag Zeit, ihre Entscheidung zu erklären. Trump hatte Boasberg als „linksradikalen Irren“ beschimpft und dessen Entlassung gefordert.
Boasberg ist nicht der einzige Bundesrichter, der das Vorgehen der Trump-Regierung für unrechtmäßig erklärte. Unter anderem ordnete ein Bundesrichter in dieser Woche einen Stopp der Abwicklung der Entwicklungshilfebehörde USAID an. Angesichts der Häufung solcher Urteile warf Trumps Sprecherin Karoline Leavitt den betreffenden Richtern vor, diese würden die Regierungsgewalt an sich reißen wollen.
Indes berichtete die „New York Times“ am Freitag, dass fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung für Bürgerrechte im Heimatschutzministerium entlassen wurden. Aufgabe der Abteilung ist es, das Regierungsvorgehen zu überwachen. (afp)
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