+++ Nachrichten zur Ukraine +++: Europäischer Rat will bald zu russischen Vermögen entscheiden
Russische Vermögen könnten bald zur Ukraine-Hilfe eingesetzt werden. Die Ukraine legt der US-Regierung einen überarbeiteten 20-Punkte-Friedensplan vor.
EU „kurz vor Einigung“ bei russischen Vermögen
Die EU-Kommission steht nach den Worten von EU-Ratspräsident Antonio Costa kurz vor einer Einigung auf eine Verwendung russischen Vermögenswerte zur Finanzierung der Ukraine-Hilfen. Man arbeite an einer rechtlichen und technischen Lösung, um die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten zu erhalten, sagt Costa in Dublin. Er sei zuversichtlich, dass die EU-Staats- und Regierungschefs am 18. Dezember eine Entscheidung treffen werden.
Die Kommission hatte vergangene Woche vorgeschlagen, mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten oder internationalen Anleihen 90 Milliarden Euro für die Ukraine zu mobilisieren. Belgien, wo die meisten eingefrorenen Vermögenswerte liegen, lehnt den Plan ab.
Kreml weist Merz-Aussagen über „Staatsdoktrin“ zurück
Der Kreml weist die Behauptungen von Bundeskanzler Friedrich Merz zurück, wonach Präsident Wladimir Putin die Sowjetunion wiederherstellen wolle. Dies sei „nicht wahr“, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Putin will die UdSSR nicht wiederherstellen, weil dies unmöglich ist, und er selbst hat dies wiederholt gesagt.“ Die Vorbereitung eines Angriffs auf die Nato sei zudem „völliger Schwachsinn“. Merz hatte am Montag in der Sendung „ARD-Arena“ unter anderem behauptet, dass die russische Staatsdoktrin die Wiederherstellung der Sowjetunion beinhalte. Möglicher Hintergrund sind Aussagen Putins aus dem Jahr 2005, in dem er den Zusammenfall der Sowjetunion als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet.
Warten auf Reaktion aus dem Friedensplan
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Europa wirbt weiter um Unterstützung auf dem Weg zu einem Ende des russischen Angriffskrieges. Unterdessen wird gespannt auf eine Reaktion der USA auf die überarbeitete Version des ehemals 28 Punkte umfassenden Friedensplans von US-Präsident Donald Trump erwartet.
Der deutlich abgeänderte Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs soll nach Angaben aus Kiew heute an Washington übermittelt werden. Der von der US-Regierung ausgearbeitete Friedensplan sei inzwischen von 28 auf 20 Punkte gekürzt worden, teilte Selenskyj ukrainischen Journalisten mit. „Die offen Ukraine-feindlichen Positionen wurden herausgenommen.“ Außenminister Johann Wadephul äußerte sich angesichts russischer Forderungen nach Gebietsabtretungen skeptisch über die Erfolgsaussichten der aktuellen Verhandlungen.
Trump legt Selenskyj Wahlen nahe
US-Präsident Donald Trump hat sich für Wahlen in der Ukraine ausgesprochen. Dem Nachrichtenportal „Politico“ sagte Trump in einem Interview auf die Frage, ob die Zeit für Wahlen gekommen sei: „Ja, ich denke, es ist an der Zeit. Ich denke, es ist ein wichtiger Zeitpunkt, um Wahlen abzuhalten.“
Das ukrainische Volk solle die Möglichkeit haben, zu entscheiden – und womöglich würde der jetzige Präsident Wolodymyr Selenskyj die Abstimmung für sich entscheiden. Trump sagte, dass es schon „lange“ keine Wahlen mehr in dem seit knapp vier Jahren von Russland angegriffenen Land gegeben habe. Der Krieg werde als Vorwand genutzt, um keine Wahlen abzuhalten, behauptete der US-Präsident. „Sie sprechen zwar von einer Demokratie, aber irgendwann ist es keine Demokratie mehr.“
Mit Blick auf Europas politisches Führungspersonal sagte er: „Ich halte sie für schwach.“ Sie wollten politisch korrekt sein, wüssten aber nicht, was sie tun sollten. „Europa weiß nicht, was es tun soll.“ Erst vergangene Woche hatte die US-Regierung mit der Veröffentlichung einer neuen „Nationalen Sicherheitsstrategie“ Europa vor den Kopf gestoßen. Darin wird europäischen Regierungen unter anderem die „Untergrabung demokratischer Prozesse“ vorgeworfen. Außerdem warnen die USA davor, dass Europa eine „zivilisatorische Auslöschung“ drohe. Ziel müsse es sein, „Europa bei der Korrektur seines derzeitigen Kurses zu helfen“. (dpa/rtr)
Mark Rutte kündigt Berlin-Besuch am Donnerstag an
Nato-Generalsekretär Mark Rutte reist noch in dieser Woche zu Gesprächen mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach Berlin. Rutte werde am Donnerstag in Berlin zudem eine Grundsatzrede bei einer Veranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz halten, teilte die Nato am Dienstag mit. Im Anschluss ist eine Podiumsdiskussion mit Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) geplant.
Rutte hatte am Montag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Brüssel empfangen, nachdem dieser zuvor Merz, den britischen Premierminister Keir Starmer und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in London getroffen hatte.
Die Nato unterstützt Kyjiw seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor fast vier Jahren und hat den Ukrainern eine Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Gleichzeitig muss die Allianz sich mit der unvorhersehbaren Außen- und Sicherheitspolitik von Mitglied und Schutzmacht USA unter der Regierung von US-Präsident Trump auseinandersetzen und will daher den europäischen Teil der Nato stärken.
Die Bundesregierung hatte zuletzt deutlich die neue US-Sicherheitsstrategie kritisiert, in der Washington unter anderem Russland nicht als Bedrohung einschätzt, wohl aber die EU mit Vorwürfen überhäuft. Deutschland strebt angesichts der Veränderungen in den USA eine größere Rolle in der Nato an. (afp)
Selenskyj spricht mit Papst Leo XIV
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist erneut mit Papst Leo XIV. zusammengetroffen. Wie das vatikanische Presseamt mitteilte, fand die Begegnung am Dienstagmorgen in der Zweitresidenz des Papstes in Castel Gandolfo statt. Im Mittelpunkt des Gesprächs, das nach Angaben von Beobachtern rund 30 Minuten dauerte, habe der Krieg in der Ukraine gestanden, so das Kommuniqué.
Der Papst habe „die Notwendigkeit betont, den Dialog fortzusetzen, und den dringenden Wunsch erneuert, dass die laufenden diplomatischen Initiativen zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führen mögen“. Ferner habe man über den Austausch von Kriegsgefangenen und über die Rückkehr von ukrainischen Kindern zu ihren Familien gesprochen. Auf diesen Gebieten ist der Heilige Stuhl seit Jahren mit einigem Erfolg als Vermittler aktiv.
Selenskyj hatte den Papst zuletzt Anfang Juli getroffen. Auch damals hatte Leo XIV. ihn außerhalb des Protokolls in seiner Residenz in den Albaner Bergen bei Rom empfangen. Nach dem Besuch beim Papst waren am Dienstag in Rom Treffen des ukrainischen Präsidenten mit Vertretern der italienischen Regierung und mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vorgesehen. (kna)
Ukrainische Drohnengriffe auf Russland
In der russischen Großstadt Tscheboksary an der Wolga sind nach offiziellen Angaben Trümmer einer ukrainischen Drohne in ein Wohnhaus gestürzt und haben neun Menschen verletzt. Unter den Verletzten sei auch ein Kind, schrieb der Vizeregierungschef der russischen Teilrepublik Tschuwaschien, Wladimir Stepanow, bei Telegram. Alle Opfer seien in ärztlicher Betreuung. Über die Schwere der Verletzungen schrieb er nichts.
Medienberichten zufolge waren in Tscheboksary bis zu sieben Explosionen zu hören. Die Hauptstadt von Tschuwaschien liegt etwa 1.000 Kilometer von der Ukraine entfernt. In der Industriestadt gibt es auch mehrere Rüstungsfabriken.
Russland beschießt in dem nunmehr fast vier Jahre währenden Krieg systematisch das Hinterland der angegriffenen Ukraine. Aber auch Kiew hat inzwischen Drohnen entwickelt, mit denen es Objekte – zumeist aus der Öl- und Gasindustrie – weit hinter der russischen Grenze attackiert. Die Schäden und die Opferzahlen stehen aber in keinem Verhältnis zu den von Russland angerichteten massiven Zerstörungen und vielen Toten und Verletzten in der Ukraine. (dpa)
Ukraine kündigt neuen Friedensplan an
Die Ukraine will den USA am Dienstag einen überarbeiteten Friedensplan zur Beendigung des Krieges mit Russland vorlegen. Dieser Plan umfasse 20 Punkte, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Großbritannien am Montag in London. Bei der besonders strittigen Frage der Gebietsabtretungen gebe es weiter keine Einigung. „Die Amerikaner sind prinzipiell kompromissbereit“, sagte Selenskyj. „Natürlich gibt es komplexe Territorialfragen, und dort wurde noch kein Kompromiss gefunden.“
An dem kurzfristig anberaumten Treffen am Montag in London nahmen neben Selenskyj der britische Premierminister Keir Starmer, der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Friedrich Merz teil. Ziel war es, die Position der Ukraine in den Verhandlungen zu stärken. Ein weiteres Thema war die Verwendung der im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte zur Finanzierung der Ukraine. Zudem streben die europäischen Politiker Sicherheitsgarantien der USA an, um weitere Angriffe Russlands abzuschrecken.
Die Ukraine steht in dem inzwischen fast vier Jahre dauernden Krieg unter Druck. Russische Truppen rücken im Osten vor, während ukrainische Städte unter Stromausfällen aufgrund verstärkter russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur leiden. Die Veröffentlichung eines US-Waffenstillstandsplans im November hat europäische Staats- und Regierungschefs alarmiert. Sie fürchten, dass Kiew gezwungen werden könnte, russische Forderungen zu akzeptieren. Gesandte von Trump hatten den Plan vergangene Woche in Moskau vorgestellt und danach Gespräche mit ukrainischen Vertretern in Miami geführt, die jedoch ohne Durchbruch endeten. (rtr)
Russischer Drohnenangriff auf Sumy
Litauen hat wegen Ballons aus dem benachbarten Belarus den Notstand ausgerufen. Innenminister Wladislaw Kondratowitsch begründet den Schritt nicht nur mit Störungen des Flugverkehrs, sondern auch mit Interessen der nationalen Sicherheit. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht von einem „inakzeptablen hybriden Angriff“. Die Regierung in Minsk weist die Vorwürfe zurück.
Ein russischer Drohnenangriff auf die nordukrainische Stadt Sumy hat unterdessen zu einem großflächigen Stromausfall geführt. Innerhalb einer halben Stunde habe es mehr als zehn Drohnenangriffe auf die Stadt gegeben, schreibt der Gouverneur der Region, Oleh Hryhorow, auf Telegram. In Sumy gebe es keinen Strom. Es ist der zweite größere Angriff auf die Stadt innerhalb von 24 Stunden. Russische Angriffe auf die Ukraine konzentrieren sich seit Monaten auf die Energieinfrastruktur. (rtr)
Russland hat Schwierigkeiten beim Bergen Toter und Verletzter
Das russische Verteidigungsministerium schlägt eine neue Medaille für die Bergung von Leichen aus Kampfgebieten vor. Der veröffentlichte Entwurf gilt als seltener offizieller Hinweis darauf, dass Russland Schwierigkeiten hat, die fast vier Jahre nach Kriegsbeginn vermissten Soldaten zu erfassen. Die Auszeichnung soll demnach an Soldaten und Zivilisten für die Evakuierung getöteter Soldaten und anderer Personen unter Kampfbedingungen mit lebensbedrohlichem Risiko verliehen werden. Russland stuft wie die Ukraine seine Kampfverluste als Staatsgeheimnis ein. Nach Schätzungen des britischen Militärgeheimdienstes wurden seit Beginn der Invasion mehr als eine Million russische Soldaten getötet oder verwundet. (rtr)
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