+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Schweiz übernimmt EU-Sanktionen

Die Alpenrepublik ist eine der wichtigsten Drehscheiben für den Mineralölhandel. Sie beteiligt sich nun am EU-Öl-Embargo gegen Russland und Belarus.

Ein Battalion der Schweizer Armee in Bellinzona

Schweiz übernimmt neue EU-Sanktionen gegenüber Russland und Belarus

Die Schweiz als eine der wichtigsten Drehscheiben für den internationalen Ölhandel übernimmt die neuen Sanktionen der EU gegenüber Russland und Belarus – unter anderem das Öl-Embargo. Das teilte die Regierung am Freitag in Bern mit. Die EU-Sanktionen treten mit Übergangsfristen bis Anfang 2023 schrittweise in Kraft.

Rund 50 bis 80 Prozent der Produkte des Rohstofflieferanten Russland werden nach einem Bericht des Schweizer Wirtschaftsmagazins Bilanz über die Schweiz gehandelt. Der weltweit größte unabhängige Ölhändler ist der niederländische Handelskonzern Vitol mit Sitz in Genf. Das Unternehmen hat wie auch Trafigura – ebenfalls aus Genf – den Handel mit russischem Rohöl und Erdölprodukten nach eigenen Angaben bereits deutlich reduziert oder ganz aufgegeben. (dpa)

Prorussische Separatisten: Chemiefabrik in Sjewjerodonezk umzingelt

Die Chemiefabrik Azot in der schwer umkämpften ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk ist Angaben prorussischer Separatisten zufolge vollständig umzingelt. „Eine kleine Gruppe ukrainischer Formationen auf dem Territorium des Azot-Chemiewerks kann die Fabrik nicht mehr verlassen. Alle Fluchtwege sind für sie abgeschnitten“, schrieb der Botschafter der selbst ernannten Volksrepublik Luhansk in Moskau, Rodion Miroschnik, am Freitag im sozialen Netzwerk Telegram.

Miroschnik räumte die Möglichkeit ein, dass sich auf dem belagerten Azot-Gelände weiter auch Zivilisten aufhalten könnten. Die ukrainische Seite hatte zuletzt von mehreren Hundert Menschen gesprochen, die die Fabrikkeller als Luftschutzbunker nutzten und nun festsäßen. Mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets, in dem Sjewjerodonezk liegt, ist von Russland nach über drei Monaten Krieg bereits besetzt.

Die Kämpfe rund um die Chemiefabrik Azot wecken Erinnerungen an die Belagerung des Stahlwerks Azovstal in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol. Mitte Mai ergaben sich dort die letzten rund 2400 ukrainischen Verteidiger, die sich zuvor wochenlang in den riesigen Bunkeranlagen des Werks verschanzt hatten. Sie sind nun in russischer Gefangenschaft. Viele weitere ukrainische Kämpfer überlebten die wochenlange Belagerung nicht: Nach der Eroberung von Azovstal meldete Russlands Militär Ende Mai den Fund von mehr als 150 Leichen. (dpa)

Bundesrat gibt grünes Licht für Bundeswehr-Sondervermögen

Eine Woche nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat der Einrichtung eines Sondervermögens für die Bundeswehr mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro zugestimmt. Die Länderkammer stimmte am Freitag mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit der Änderung des Grundgesetzes zu. Sie billigte außerdem das bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz, das die Ausgestaltung des Sondervermögens regelt.

Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine Defizite bei der Ausrüstung der Bundeswehr abbauen. Dies hatte Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Februar kurz nach Kriegsbeginn zugesichert.

Sitzung der Länderkammer zum Sondervermögen am Freitag Foto: dpa

Geplant ist etwa die Anschaffung moderner F-35-Kampfjets, neuer Korvetten für die Marine sowie von Nachfolgern für den Schützenpanzer Marder und den Truppentransporter Fuchs. (afp)

Schröder zu SPD-Ausschlussverfahren: „Bin und bleibe Sozialdemokrat“

Altkanzler Gerhard Schröder schaut nach eigener Aussage gelassen auf das SPD-interne Verfahren zu den gegen ihn gerichteten Parteiausschlussanträgen. „Auf das Parteiordnungsverfahren blicke ich mit Gelassenheit. Ich bin und bleibe Sozialdemokrat“, sagte er dem Spiegel.

Schröder steht seit Jahren wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne in der Kritik. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Druck auf ihn immer weiter zugenommen. Es wurden mehrere Anträge zum Parteiausschluss gestellt. Die mündliche Verhandlung darüber steht am 22. Juni in Hannover an. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ist für das Parteiordnungsverfahren zuständig, weil Schröder Mitglied des dazu gehörenden SPD-Ortsvereins Oststadt-Zoo ist.

Schröder hatte im Mai schließlich angekündigt, den Aufsichtsrat des russischen Energieriesen Rosneft zu verlassen, und eine Nominierung für einen Aufsichtsratsposten bei Gazprom ausgeschlagen. Er ist seit seiner Zeit als Kanzler – von 1998 bis 2005 – eng mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet. (dpa)

Deutschland hilft bei Versorgung von Schwerverletzten in der Ukraine

Deutschland wird sich nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) intensiv bei der Versorgung von Verletzten in der Ukraine engagieren. Man biete Hilfe bei Prothesen und Brandverletzungen an, wolle auch telemedizinische Versorgung anbieten, sagte Lauterbach, der am Freitag auf dem Weg in die Ukraine war, im ARD-Morgenmagazin.

Zehntausende Verletzte könnten in der Ukraine nicht so gut versorgt werden, weil auch Gesundheitseinrichtungen täglich bombardiert würden. Deshalb biete Deutschland ein Hilfspaket an. Er sei daher auch mit einem Team von Chirurgen und Spezialisten unterwegs, um bei der Versorgung von Schwerverletzten mit Brandwunden zu helfen. Zudem hätten viele Kinder und Erwachsene Gliedmaßen verloren. Deutschland wolle daher bei der prothetischen Versorgung helfen und auch dafür sorgen, dass die Ukraine regelmäßig telemedizinische Unterstützung bei schweren Eingriffen bekomme, sagte der Gesundheitsminister.

Die Reise findet auf Einladung des ukrainischen Gesundheitsministers statt. (afp)

Möglicher Cholera-Ausbruch in Mariupol

Großbritannien warnt vor einem Cholera-Ausbruch in der von Russland eroberten ukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die Gefahr sei sehr hoch, teilt das britische Verteidigungsministerium auf Basis eines Lageberichts des Geheimdienstes mit. Die Gesundheitsversorgung in der von russischen Truppen kontrollierten Stadt stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Ein zu befürchtender Cholera-Ausbruch würde die Lage zusätzlich verschlimmern. Russland sei nicht in der Lage, in den von ihm besetzten Gebieten eine Grundversorgungsicherzustellen. (rtr)

Landwirtschaftsminister treffen sich in Kiew

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wird am Freitag den ukrainischen Agrarminister Mykola Solskyj in Kiew treffen. Wie die Düsseldorfer Rheinische Post vorab berichtet, folgt der Minister damit der Einladung seines ukrainischen Amtskollegen und wird sich insgesamt zwei Tage in der Ukraine aufhalten. Bei dem Besuch gehe es ihm um die Anerkennung der ukrainischen Landwirte, sagt Özdemir der Zeitung in einem Interview: „Sie leisten Übermenschliches, indem sie ihr Land verteidigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Ukraine und die Welt mit Lebensmitteln versorgt werden.“ Özdemir betont außerdem, dass es ihm persönlich ein Anliegen sei, Solidarität mit den Ukrainern in schwierigen Zeiten zu zeigen. (rtr)

Kampf ums Korn

🐾 Weil der Hafen vermimt ist, stecken Millionen Tonnen Getreide in der ukrainischen Stadt Odessa fest. Auch alternative Wege zu finden, ist schwierig, berichtet Taz-Autorin Tatjana Milimko.

Selenski: Abwehr russischer Truppen in Saporischschja

Der ukrainische Präsident Selenski vermeldet in seiner abendlichen Videoansprache positive Nachrichten aus der südöstlichen Region Saporischschja. Dort sei es ukrainischen Streitkräften gelungen, russische Truppen abzuwehren. Außerdem rücke das ukrainische Militär in der Region Charkiw vor. Währenddessen erklärt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhiy Haidai, über seinen Telegram-Kanal, dass Sjewjerodonezk weiter unter starkem Beschuss steht. „Sie haben eines der Symbole von Sjewjerodonezk zerstört – die Eisarena. Sie haben das Gebäude mit Granaten beschossen“, postet Haidai gemeinsam mit einem Bild von schwelenden Ruinen des Gebäudes. (rtr)

Weiter schwere Kämpfe in Sjewjerodonezk

In der ostukrainischen Industriestadt Sjewjerodonezk halten die schweren Kämpfe unvermindert an. Die ukrainischen Streitkräfte hielten nach eigenen Angaben auch am Freitag den russischen Angriffen Stand. Ihre Stellungen würden Tag und Nacht beschossen, teilten ukrainische Vertreter mit.

Der Kommandeur des ukrainischen Swoboda-Bataillons der Nationalgarde, Petro Kusyk, erklärte, dass die ukrainischen Truppen in Straßenkämpfen versuchten, den russischen Vorteil bei der Artillerie wettzumachen. Die ukrainischen Verteidiger litten aber unter einem „katastrophalen“ Mangel an Artillerie-Geschützen. Die Beschaffung solcher Waffen würde die Lage auf dem Schlachtfeld verändern.

EIn bewaffneter Mann steht neben einer blauen Wand

Ein ukrainischer Soldat bei Kämpfen in Luhansk Foto: ap

Laut Bürgermeister Olexander Strjuk befinden sich noch etwa 10.000 Zivilisten in der Stadt und damit noch etwa ein Zehntel der Bevölkerung vor Kriegsbeginn. Eine Evakuierung sei wegen der anhaltenden Kämpfe unmöglich.

Die Ukraine kontrolliert nach eigenen Angaben weiterhin die Zwillingsstadt Lyssytschansk auf der anderen Seite des Flusses Siwerskyj Donez. Diese ist aber ebenfalls schweren Bombardements ausgesetzt. Die Angaben aus den Kampfgebieten können kaum unabhängig überprüft werden. (rtr)

Russische Truppen rücken von Südosten auf Bachmut vor

Bei anhaltend schweren Kämpfen im Donbass sind die russischen Truppen nach ukrainischen Angaben zuletzt auf den Verkehrsknotenpunkt Bachmut vorgerückt. Sie drohen damit, den Nachschub für das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk abzuschneiden.

„Der Feind hat in Richtung Wosdwyschenka – Roty angegriffen, teilweise Erfolg gehabt und setzt sich an den eingenommenen Stellungen fest“, teilte der ukrainische Generalstab am Freitag in seinem Lagebericht mit. Die Ortschaften befinden sich nur etwa zehn Kilometer südwestlich von Bachmut. Auch die Straße von Bachmut nach Sjewjerodonezk kann von dort mit schwerem Gerät beschossen werden. (dpa)

Frankreich sichert Ukraine weitere schwere Waffen zu

Frankreichs Präsident Macron sicherte der Ukraine zu, bei Bedarf weitere schwere Waffen zu liefern. In einem Telefonat mit Selenski habe Macron betont, dass sein Land weiter an der Seite der Ukrainestehe, teilte der Élyséepalast mit. Macron habe Selenski nach Bedürfnissen in Bezug auf militärische Ausrüstung, politische und finanzielle Unterstützung sowie humanitäre Hilfe gefragt. (dpa)

Ukrainischer Botschafter will mehr Klarheit von Deutschland

Die Ukraine hat noch keine Auskunft aus Deutschland, wann ihr die jüngst von der Bundesregierung zugesagten Waffen zum Abwehrkampf gegen Russland geliefert werden. Es gebe bisher keine Klarheit, wann die Mehrfachraketenwerfer Mars aus Beständen der Bundeswehr übergeben werden, sagte der Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, dem Tagesspiegel. „Wir erwarten, dass die Ampel dieses Versprechen zügig erfüllt, weil unsere Truppen dieses Waffensystem am dringlichsten brauchen, um die ukrainische Zivilbevölkerung vor barbarischen Angriffen Russlands zu schützen.“ (dpa)

Ukraine kritisiert Todesurteile gegen ausländische Kämpfer in Donezk

Die Ukraine hat einen Prozess gegen drei ausländische Kämpfer in den Reihen ihrer Streitkräfte scharf kritisiert. Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik hatte zwei Briten und einen Marokkaner als Söldner zum Tode verurteilt. Außenamtssprecher Oleh Nikolenko sagte dazu, Ausländer in der ukrainischen Armee seien reguläre Soldaten und müssten auch so behandelt werden. Sie besäßen die Rechte von Kriegsgefangenen. Der Prozess stelle Propaganda über Gesetz und Moral. Die drei Männer können noch Berufung einlegen. (dpa)

Kiew streicht Städtepartnerschaft mit Minsk

Weil Belarus den russischen Angriffskrieg unterstützt, hat die ukrainische Hauptstadt Kiew der belarussischen Metropole Minsk die seit 1997 bestehende Städtepartnerschaft gekündigt, wie Bürgermeister Vitali Klitschko mitteilte. Von Belarus aus flögen Raketen in ukrainische Städte und Dörfer, zudem seien auch von dort aus russische Truppen einmarschiert, betonte der frühere Box-Weltmeister. (dpa)

Putin will wie Zar Peter der Große russische Erde „zurückholen“

Kremlchef Wladimir Putin hat den von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Großen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. gestellt und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen. Peter habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern zurückgewonnen.

„Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken“, zog Putin der Agentur Interfax zufolge Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine. Am 9. Juni ist der 350. Geburtstag von Peter dem Großen, der sich als erster russischer Zar den Titel „Imperator“ gab. (dpa)

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