+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: UN melden 4.031 tote Zivilisten

Seit Beginn der russischen Invasion sind laut UN über 4.000 Menschen getötet worden. Prorussische Separatisten verkünden die Einnahme von Lyman.

Zwei Frauen trauern um ihre in Butscha ums Leben gekommenen Ehemänner Foto: dpa

UN: Mindestens 4.000 tote Zivilisten seit Beginn des Kriegs

Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor drei Monaten sind laut den Vereinten Nationen mindestens 8.766 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Durch Gewalt seien 4.031 Menschen ums Leben gekommen, 4.735 weitere hätten Verletzungen erlitten, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte am Freitag in Genf mit.

Unter den Getöteten befinden sich den Angaben zufolge 261 Kinder. Weitere 406 Mädchen und Jungen seien verletzt worden. Die Angaben über die erfassten zivilen Opfer beziehen sich laut dem Hochkommissariat auf den Zeitraum seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar bis Donnerstag. Die tatsächliche Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten dürfte wesentlich höher liegen, hieß es.

Die meisten Zivilisten seien beim Beschuss mit Explosivwaffen – etwa Artillerie und Raketenwerfer – mit einem weiten Radius getötet oder verletzt worden. Zudem seien Zivilisten bei Luftangriffen getroffen worden. Bei dem absichtlichen Beschuss von Wohngebieten und Zivilisten handelt es sich laut dem Hochkommissariat um ein Kriegsverbrechen. (epd)

Selenski soll schon mehrfach Gespräch mit Putin gesucht haben

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat nach eigenen Worten bereits mehrfach versucht, ein direktes Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu organisieren, um den Krieg zu beenden. Russland sei aber anscheinend noch nicht bereit für ernsthafte Friedensgespräche, sondern stelle nur Ultimaten. „Wir wollen unser Leben zurück“, sagt Selenski. „Wir wollen das Leben eines souveränen Landes auf seinem eigenen Territorium zurückerobern.“ (rtr)

Selenski: „Es sind Dinge mit dem russischen Staatschef zu besprechen“

Die Ukraine ist nach Worten ihres Präsidenten Selenski nicht darauf aus, mit dem russischen Staatsoberhaupt Wladimir Putin zu sprechen. Sie müsse sich aber der Realität stellen, dass dies wahrscheinlich notwendig sei, um den Krieg zu beenden, sagt er in einer Ansprache für ein indonesisches Forschungsinstitut. „Es sind Dinge mit dem russischen Staatschef zu besprechen“, sagt Selenski. „Ich sage Ihnen nicht, dass unsere Leute meiner Meinung nach unbedingt mit ihm sprechen wollen. Aber wir müssen uns der Realität dessen stellen, was wir durchleben.“ (rtr)

„Wir wollen das Leben eines souveränen Landes auf seinem eigenen Territorium zurückerobern“ Foto: dpa

Scholz: Aufnahme der Geflüchteten funktioniert gut

Die Aufnahme der ukrainischen Kriegsflüchtlinge funktioniert nach Ansicht von Kanzler Olaf Scholz gut. Man habe fast 800.000 registrierte Kriegsflüchtlinge, sagt Scholz auf dem Katholikentag. „Und die Bürgerinnen und Bürger machen das ganz gut.“ Der russische Angriff auf die Ukraine habe eine Welle der Solidarität ausgelöst. (rtr)

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Scholz: Putins Krieg richtet sich gegen das „Nie wieder“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Freitag beim Katholikentag in Stuttgart betont, dass Deutschland zur Unterstützung der Ukraine verpflichtet sei. „Wir haben uns entschieden, dem Opfer dieses Angriffskriegs beizuspringen“, sagte Scholz in einer Rede bei dem Kirchenfest. Putin dürfe mit seinem „zynischen, menschenverachtenden Krieg“ nicht durchkommen. Der Krieg richte sich nicht allein gegen die Ukraine, sondern allgemein gegen die Werte der westlichen Demokratie. „Putins Krieg richtet sich gegen eine Friedensordnung, die aus dem Bekenntnis „Nie wieder“ nach zwei verheerenden Weltkriegen entstanden ist. Er will zurück zum Recht des Stärkeren.“ Das dürfe auf keinen Fall zugelassen werden. (dpa)

Prorussische Separatisten verkünden Einnahme von Lyman

Prorussische Separatisten haben ihre Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Lyman im Osten der Ukraine verkündet. Mit Unterstützung der russischen Streitkräfte hätten sie „die vollständige Kontrolle“ über Lyman erlangt, teilte der Generalstab der Separatisten in der Region Donezk am Freitag im Messengerdienst Telegram mit. Insgesamt hätten die Separatisten „220 Ortschaften befreit“. Lyman ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt nordöstlich von Slowjansk und Kramatorsk.

Keller eines Wohngebäudes in Lyman, 26. April 2022 Foto: ap

Die Eroberung von Lyman würde einen russischen Vormarsch auf die beiden Städte ermöglichen, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen. Die Ukraine hatte Slowjansk 2014 von den Separatisten zurückerobert. Kramatorsk ist die Hauptstadt des ukrainisch kontrollierten Teils der Region Donezk.

Russland und die Ukraine äußerten sich zunächst nicht zu der gemeldeten Einnahme. Eine unabhängige Überprüfung war nicht möglich. Am Dienstag hatten die Separatisten bereits gemeldet, sie kontrollierten die Hälfte der Stadt. (afp)

Bürgermeister: Rund 1.500 Menschen in Sjewjerodonezk getötet

Die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk ist laut ihrem Bürgermeister zum Schauplatz heftiger Angriffe der russischen Truppen geworden. Rund 1.500 Menschen seien getötet worden, teilte Olexandr Strjuk mit. Rund 12.000 bis 13.000 seien in der Stadt verblieben, 60 Prozent der Wohngebäude seien dort zerstört worden. Die ukrainischen Kräfte hielten den Angriffen noch stand, doch sei eine russische Aufklärungs- und Sabotagegruppe in ein Hotel in Sjewjerodonezk eingedrungen, meldete Strjuk.

Die Stadt ist das einzige Gebiet der Region Luhansk im Donbass, das von der ukrainischen Regierung kontrolliert wird. Russische Truppen versuchen die Stadt vom Rest des von der Ukraine dominierten Territoriums abzuschneiden.

Ein kaputtes grünes Kreuz einer Apotheke, im Hintergrund zerstörte Häuser

März 2022: Zerstörter Straßenzug in Sjewjerodonezk Foto: dpa

Die Hauptstraße zwischen der Nachbarstadt Lyssytschansk und dem weiter südwestlich gelegenen Bachmut sei zwar noch offen, doch seien Reisen gefährlich, sagte Strjuk. Am Donnerstag hätten nur zwölf Menschen evakuiert werden können. (ap)

BAMF: Großes Interesse an Integrationskursen

Geflüchtete aus der Ukraine haben offenbar ein großes Interesse an Integrationskursen zur Sprach- und Kulturvermittlung. Dies stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fest. Dem Amt zufolge seien bislang innerhalb weniger Wochen bereits mehr als 80.000 Teilnahmeberechtigungen erteilt worden, wie Die Welt vorab berichtet. „Wir haben gut ausgebildete Teilnehmende, die mit großem Elan lernen“, sagt Benjamin Beckmann, Leiter der BAMF-Integrationskursabteilung, der Zeitung. Laut Beckmann können 95 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge ihren Integrationskurs direkt mit dem normalen Sprachkurs beginnen. (rtr)

Selenski enttäuscht über Uneinigkeit der EU

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski zeigt sich enttäuscht über die Uneinigkeit innerhalb der EU bezüglich weiterer Sanktionen gegen Russland. „Wie viele Wochen wird die Europäische Union noch versuchen, sich auf ein sechstes Paket zu einigen“, sagt Selenski in seiner abendlichen Fernsehansprache. Er sei den Nationen dankbar, die sich für neue Sanktionen einsetzten: „Aber woher nehmen die Leute, die dieses sechste Paket blockieren, ihre Macht? Warum dürfen sie diese Macht ausüben?“ Die EU diskutiert derzeit eine sechste Runde von Strafmaßnahmen, darunter ein Embargo für russische Ölimporte. Für einen solchen Schritt ist Einstimmigkeit erforderlich, doch Ungarn lehnt die Idee vorerst ab. (rtr)

Melnyk wirft Scholz mangelnde Führungsstärke vor

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, wirft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mangelnde Führungsstärke und eine Missachtung ukrainischer Interessen vor. Kiew habe sich erhofft, aus der Rede von Scholz auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos herauszuhören, mit welchen ganz konkreten Schritten die Ampel die Ukraine massiv unterstützen wolle, sagt Melnyk der Bild einem Vorabbericht zufolge. „Leider war das eine Fehlanzeige, vor allem in Bezug auf sofortige Lieferung von schweren Waffen aus Deutschland, um die Riesenoffensive der Russen im Donbass zu ersticken“, so der Botschafter. Auch bei dem Thema EU-Mitgliedschaft habe es keine ermutigenden Signale an die Ukrainer gegeben. (rtr)

Selenski: „Völkermord“ im Donbass

Der ukrainische Präsident hat Russland „Völkermord“ in der Ostukraine vorgeworfen. Im Donbass betreibe Moskau „eine offensichtliche Politik des Völkermords“, sagte er in seiner täglichen Fernsehansprache in der Nacht zum Freitag. Die russische Offensive könne dazu führen, dass die Region „unbewohnbar“ werde.

Er warf den Russen vor, die ukrainischen Städte in Schutt und Asche legen zu wollen. „All dies, einschließlich der Verschleppung unserer Menschen und der Massentötung von Zivilisten, ist eine offensichtliche Politik des Völkermords, die von Russland betrieben wird“.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Ende Februar den Krieg gegen die Ukraine unter dem Vorwand begonnen, den angeblichen „Völkermord“ an der russischsprachigen Bevölkerung in den östlichen Regionen Luhansk und Donezk zu beenden. Im April stimmte das ukrainische Parlament einer Resolution zu, in der die Angriffe des russischen Militärs in dem Land dann als „Völkermord“ bezeichnet wurden.

US-Präsident Joe Biden drückte sich ähnlich aus und sagte, Putin wolle offenbar „die Idee auslöschen, dass man überhaupt Ukrainer sein kann“. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau schloss sich dieser Aussage an. (rtr)

Ukrainische Armee im Osten weiter unter starkem Druck

Die ukrainische Armee steht im äußersten Osten ihrer Front stark unter Druck. Russische Truppen beschossen am Donnerstag weiter die Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk, wie der ukrainische Generalstab in seinem abendlichen Bericht mitteilte. Der Angriff auf die Stadt und ihren Vorort Boriwske sei aber nicht erfolgreich. Die Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

In einem anderen Dorf in der Nähe, in Ustyniwka, habe die russische Seite einen Teilerfolg errungen, hieß es. Die russischen Truppen versuchten durch Beschuss auf Brücken die Beweglichkeit der ukrainischen Truppen einzuschränken. Durch das umkämpfte Gebiet fließt der Fluss Siwerskyj Donez.

Die Großstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind derzeit die äußersten ukrainischen Vorposten im Osten. Kämpfe gibt es aber auch schon im Rückraum dieser Städte, damit drohen ukrainische Truppen abgeriegelt zu werden. Auf der Nordseite dieses möglichen Kessels sei die Stadt Lyman verloren, bestätigte Präsidentenberater Olexyj Arestowytsch im ukrainischen Fernsehen. Nach Generalstabsangaben werden nun ukrainische Positionen südlich von Lyman beschossen. (dpa)

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