+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Draghi will Ukraine in EU

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi sichert der Ukraine Unterstützung zu. Trauer und Empörung über Tod des Holocaust-Überlebenden Boris Romantschenko.

Italienischer Ministerpräsident Mario Draghi.

Will die Ukraine in der EU: der italienische Ministerpräsident Mario Draghi Foto: Riccardo Antimiani/Pool/ap

Mehr als 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen

Wegen des Kriegs in der Ukraine haben bereits mehr als 3,5 Millionen Menschen das Land verlassen. Laut UN-Hilfswerk UNHCR könnte die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine schon bald die Marke von vier Millionen übersteigen. Das wäre ein weiterer „tragischer Meilenstein“, sagte UNHCR-Sprecher Matthew Saltmarsh am Dienstag in Genf. Aktuell sind nach Angaben des Hilfswerks 3,56 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 6,5 Millionen Menschen suchen der Internationalen Organisation für Migration zufolge innerhalb der Ukraine möglichst sichere Orte. Mehr als 230.000 Kriegsflüchtlinge sind bislang in Deutschland angekommen, wo die Bemühungen um die Verteilung und eine Erhöhung der Aufnahmekapazitäten weiterlaufen.

Die Vereinten Nationen zählten seit Beginn der russischen Invasion 953 getötete und 1.557 verletzte Zivilisten. Die tatsächliche Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten dürfte aber wesentlich höher liegen, hieß es. Die Weltgesundheitsorganisation berichtete am Dienstag, dass Militärs bislang in 62 Fällen Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen beschossen und angegriffen hätten.

232.462 in Deutschland angekommene Flüchtlinge aus der Ukraine meldete das Bundesinnenministerium. Die tatsächliche Zahl liegt wahrscheinlich aber höher, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass zunächst für 90 Tage frei in der EU bewegen können. Sie müssen sich erst registrieren, wenn sie staatliche Leistungen beantragen.

Dies ist auch eine Herausforderung für die Organisation der Fluchtbewegung in Deutschland. „Wir wissen ehrlicherweise nicht, wie viele Ukrainer im Saarland sind“, bekannte etwa der dortige Innenminister Klaus Bouillon (CDU). In den Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es nach seinen Worten derzeit eine Überbelegung.

In Berlin, wo sehr viele Kriegsflüchtlinge per Zug aus Polen ankommen, sprach sich die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial für die Ausrufung des Katastrophenfalls aus. Im RBB-Inforadio sagte sie, dies ermögliche flexibel, Räume zu beschlagnahmen, die als Notunterkünfte genutzt werden können. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) schloss das aber zunächst aus. Bislang sei es jede Nacht gelungen, die ankommenden Menschen unterzubringen, sagte sie. Berlin sei aber vorbereitet, solch einen Schritt zu gehen. (epd)

CSU-Europapolitiker fordert Flüchtlingsquote der EU

Der Europapolitiker Manfred Weber (CSU) forderte indes eine Verteilung von Ukraine-Flüchtlingen per Quote in der EU. Es gebe aktuell in ganz Europa Solidarität für die Ukrainer, daher sei es der richtige Zeitpunkt, über eine faire Verteilung zu sprechen, sagte er im ZDF-“Morgenmagazin“.

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, forderte ebenfalls eine zügige und sichere Verteilung. Geflüchtete benötigten nach ihrer Ankunft Klarheit, die es noch nicht ausreichend gebe, erklärte sie, nachdem sie am Montagabend die Ankunftsstelle am Berliner Hauptbahnhof besucht und dort mitgeholfen hatte.

Amnesty International sorgt sich derweil um die Sicherheit von Ukraine-Flüchtlingen in Polen, wo besonders viele der Flüchtlinge derzeit unterkommen. Die Situation für verwundbare Gruppen wie Frauen und Kinder sei „chaotisch und gefährlich“, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Neuankömmlinge suchten Hilfe bei jedem, der sie anbiete. Kriminelle könnten diese Situation ausnützen.

Auch in Deutschland gibt es die Sorge um fliehende Frauen und Kinder. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die Einrichtung gesonderter Zonen in Bahnhöfen, um ukrainische Kriegsflüchtlinge vor Menschenhändlern und Sexualstraftätern zu schützen. Kriminelle gingen sehr gezielt auf junge Frauen und Kinder zu, bevor Polizisten in Kontakt mit den Flüchtlingen kämen, sagte der für die Bundespolizei zuständige Vorsitzende Andreas Roßkopf der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Pädophile und Menschenhändler versuchten, sich die Not der Menschen am Bahnhof zunutze zu machen, beklagte auch Giffey. (epd)

Draghi: „Wir wollen die Ukraine in der Europäischen Union“

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat der Ukraine erneut Unterstützung zugesichert mit Blick auf den Beitritt in die EU. „Italien ist an der Seite der Ukraine in diesem Prozess. Wir wollen die Ukraine in der Europäischen Union“, sagte der Regierungschef am Dienstag in einer Rede vor dem Parlament, zu der auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet war. Die vor knapp einem Monat von Russland angegriffene Ukraine bemüht sich um die Aufnahme in die EU; bürokratisch steht ein langwieriges Verfahren bevor.

„Die Ukraine hat das Recht, sicher, frei und demokratisch zu sein. Italien – die Regierung, das Parlament und alle Bürger – stehen euch bei“, sagte Draghi an Selenskyj gerichtet.

Draghi sagte außerdem, dass Italien noch mehr unternehmen wolle, um die Ukraine zu unterstützen und Russland zu bestrafen. Bislang seien in dem Mittelmeerland Güter im Wert von 800 Millionen Euro von russischen Oligarchen beschlagnahmt worden, teilte er mit. (dpa)

Olena Selenska appelliert an Mütter russischer Soldaten

Die Frau des ukrainischen Staatschefs, Olena Selenska, hat an die Solidarität der Mütter russischer Soldaten appelliert. „Eure Söhne töten Zivilisten in der Ukraine. (…) Putin hat Euch eine Entschädigung für die Toten versprochen, aber wie lässt sich der Tod eines Kindes entschädigen?“, sagte sie in einem Interview mit der Zeitung Le Parisien (Dienstagsausgabe). Die russischen Soldaten seien nicht für eine „Spezialoperation“ in die Ukraine gekommen. „Sie sind gekommen, um ein Volk auszulöschen“, betonte sie.

Die Frau von Präsident Wolodymyr Selenskyj bemüht sich derzeit, krebskranke Kinder aus der Ukraine in Sicherheit zu bringen. Eine Gruppe junger Patienten landete am Montag in Paris. Dabei hatte auch die Frau des französischen Präsidenten, Brigitte Macron, geholfen. „Es ist unendlich schwer für diese Kinder“, sagte Selenska und verwies auf die zwölf Jahre alte Anya, die nur noch wenige Termine ihrer Chemotherapie vor sich hatte, als der Krieg begann.

Sie setzt sich außerdem dafür ein, Brutkästen für Frühgeborene in die Ukraine zu schicken. Seit Beginn des Krieges seien 4.000 Kinder in der Ukraine geboren worden, teils in Metrogängen, in Bombenkellern oder halb zerstörten Krankenhäusern. Zwei Brutkästen seien bereits unterwegs nach Mykolajiw, Charkiw werde ebenfalls welche erhalten.

Bis zum 18. März wurden in der Ukraine nach Angaben der dortigen Behörden mindestens 109 Kinder getötet und mehr als 120 verletzt. Die tatsächliche Zahl ist voraussichtlich weitaus größer. Das Paar an der ukrainischen Staatsspitze hat selber zwei Kinder im Alter von 9 und 17 Jahren. (afp)

Trauer und Empörung über Tod von Holocaust-Überlebenden

In Deutschland und anderen Ländern stößt der Tod des Holocaust-Überlebenden Boris Romantschenko im Ukrainekrieg auf Trauer und Empörung. Am Dienstag drückte der Bundestag mit einer Schweigeminute seine Anteilnahme aus. Vor dem Beginn der Haushaltsberatungen würdigte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) den 96-Jährigen, der am Freitag beim Beschuss seines Wohnhauses in Charkiw getötet worden war, mit einer Ansprache. „Jedes einzelne Leben, das genommen wurde, mahnt uns: Alles uns Mögliche zu tun, um diesen grausamen Krieg zu stoppen und den Menschen in der Ukraine zu helfen“, sagte sie.

Sein Tod erinnere daran, dass Deutschland eine besondere historische Verantwortung auch für die Ukraine habe, sagte Göring-Eckardt weiter. Romantschenko hat vier Konzentrationslager überlebt. Er war Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora.

Auch andere Redner äußerten in der anschließenden Debatte ihre Empörung über den Tod Romantschenkos. Sein Schicksal zeige „den verbrecherischen Charakter der russischen Politik und warum Deutschland solidarisch mit der Ukraine ist“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, sagte, der Tod Romantschenkos stehe stellvertretend für das Leid und den Terror, die die Menschen in der Ukraine erführen.

„Für Überlebende des Holocaust ist der Tod ihres Leidensgenossen Boris Romantschenko endgültig zum Fanal eines verbrecherischen Krieges geworden, den Putin tagtäglich in die Ukraine trägt“, erklärte der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner. „Der Krieg tritt die Erinnerungen und das Lebenswerk der Überlebenden mit Füßen“, fügte er hinzu. Die Holocaust-Überlebende Eva Fahidi beklagte den Angaben zufolge in Budapest: „Alles, wofür wir nach unserer Befreiung aus Auschwitz, Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen gelebt haben, wofür wir aufgestanden sind, all dies entehrt und missachtet Putin mit seinen Generälen.“ (epd)

Russische Zeitung nach Nennung von Opferzahlen: Sind gehackt worden

Die russische Zeitung Komsomolskaja Prawda führt die aufsehenerregende Veröffentlichung über die Zahl gefallener Soldaten im Ukrainekrieg auf einen Hackerangriff zurück. Die Webseite sei am Montag attackiert und eine falsche Meldung über den Tod russischer Soldaten veröffentlicht worden, wie der Kreml-Korrespondent der Zeitung, Alexander Gamow, am Dienstag sagte. Am Montag war auf der Homepage ein Artikel erschienen, demzufolge bislang fast 10.000 russische Soldaten bei der Invasion im Nachbarland ihr Leben gelassen haben sollen. Der Beitrag war nach kurzer Zeit gelöscht worden.

Gamow lieferte die Erklärung für die Geschichte, die von zahlreichen westlichen Medien aufgegriffen wurde, in der täglichen Telefonkonferenz des Präsidialamts. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow selbst hatte zuvor erklärt, er könne den Vorfall nicht kommentieren.

Die russische Regierung hüllt sich über die Zahl der gefallenen Soldaten in Schweigen. Moskau hatte Anfang März von 498 toten russischen Soldaten gesprochen, seither aber keine neue Zahlen mehr veröffentlicht. Die ukrainische Seite spricht von mehr als 15.000 gefallenen russischen Kämpfern. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. (rtr)

Israel eröffnet Feldkrankenhaus im Westen der Ukraine

Israel hat ein Feldkrankenhaus in Mostyska im Westen der von Russland angegriffenen Ukraine eröffnet. Auf einem Live-Video von der Zeremonie am Dienstag waren mehrere weiße langgestreckte Zelte zu sehen. Das 66-Betten-Lazarett soll von insgesamt 65 Ärzten und Pflegekräften aus ganz Israel betrieben werden. Es könne bis zu 150 Patienten gleichzeitig versorgen, teilte das verantwortliche Schiba-Krankenhaus aus der Nähe von Tel Aviv im Vorfeld mit. Für den Aufbau und den Betrieb des Lazaretts bis Mitte April seien umgerechnet knapp 5,9 Millionen Euro veranschlagt.

Israel hat traditionell gute Beziehungen zu Russland und der Ukraine, Regierungschef Naftali Bennett ist an Vermittlungsbemühungen beteiligt. Israel ist auch wegen seiner Konflikte mit Syrien und dem Iran vom Wohlwollen Moskaus abhängig. Laut Medienberichten hat Israel deswegen eine Bitte der Ukraine nach Waffenlieferungen abgelehnt.

Das Lazarett mit dem Namen „Leuchtender Stern“ soll Flüchtlingen nahe der Grenze zu Polen helfen. Es besteht demnach unter anderem aus einer Notaufnahme sowie Abteilungen für Männer, Frauen und Kinder. Geburten sollen möglich sein, und es soll ein Angebot für Telemedizin geben sowie psychologische Betreuung, ein Labor und eine Apotheke. Ein großer Teil des medizinischen Personals hat nach Angaben des Leiters, Joel Har-Even, ukrainische Wurzeln.

Ein Feldlazarett, an dem auch Deutschland beteiligt ist, soll nach Angaben Estlands ebenfalls bereits in der Ukraine angekommen sein. Weitere Informationen zur Nutzung sollten allerdings erst im Laufe der Woche bekannt gegeben werden. Einen symbolischen Schlüssel zu dem Lazarett hatte die ukrainische Vizeverteidigungsministerin Hanna Maliar bereits im Februar, vor Beginn des Krieges, erhalten. Das verlegbare Feldlazarett wurde von Deutschland mit 5,3 Millionen Euro finanziert und von Estland gebaut. Es soll durch lokale Kräfte betrieben werden. (dpa)

Falschmeldungen in Social Media nehmen zu

Der österreichische Verein Mimikama zur Aufklärung über Internetmissbrauch beobachtet seit der Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 eine deutliche Zunahme an Falschmeldungen auf Social Media wie Facebook, Youtube oder Instagram. Diese Kommunikationsplattformen seien mehr und mehr zu Politplattformen geworden, sagte der Theologe André Wolf, hauptamtlicher Mitarbeiter des Vereins, am Montagabend in einem Webinar. Zu der Veranstaltung mit dem Titel „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“ hatten das Evangelische Forum Bonn, die Evangelische Akademie im Rheinland und die Evangelische Erwachsenenbildung im Kirchenkreis an Sieg und Rhein eingeladen.

Wolf beschrieb beispielhaft gezielt eingesetzte Narrative, die bestimmte Aussagen transportierten und in immer neuen Zusammenhängen auftauchten. Solche zunächst einleuchtenden Narrative würden über das Internet hinaus eine verhängnisvolle Wirkung entfalten – wie etwa die Geschichte von einem weißen Lieferwagen, mit dem in Deutschland von der bulgarischen und rumänischen Mafia Kinder entführt würden, um ihnen Organe zu entnehmen. Bis in die Fernsehserie „Tatort“ habe diese Falschmeldung über die Organmafia Einfluss gehabt.

So wie die Flüchtlingskrise 2015 von Interessengruppen, politischen Gruppierungen oder Parteien genutzt worden sei, um sie für eigene Zwecke zu instrumentalisieren, werde jetzt auch der Krieg in der Ukraine von verschiedenen Seiten instrumentalisiert, erklärte er. Ein Beispiel dafür sei die aktuell kursierende Behauptung, Ukrainer hätten in Euskirchen einen 16-jährigen Russen zu Tode geprügelt. Laut Polizei gibt es dafür keinerlei Anhaltspunkte. Der Staatsschutz ermittelt.

Vitali Klitschko (r), Bürgermeister von Kiew und ehemaliger Box-Profi, und sein Bruder Wladimir Klitschko schauen auf ein Smartphone.

Viele „Fake-News“ in Umlauf: Die Klitschko-Brüder im Rathaus in Kiew Ende Februar Foto: Efrem Lukatsky/ap/dpa

Im gegenwärtigen Krieg „erzählt jede Seite ihre eigene Geschichte“, erklärte Wolf, der Pressesprecher von Mimikama ist. Der russische Präsident Wladimir Putin behaupte, Russland würde bedroht und angegriffen. Aber auch das Muster „David gegen Goliath“, nach dem die Ukraine die Rolle des kleinen David und Russland die des Riesen Goliath einnehme, sei so eine Erzählung, sagte der Theologe. Ob diese den Tatsachen entspreche, wollte er nicht bewerten, gab aber zu bedenken, dass die ukrainischen Soldaten exzellent ausgebildet seien, die Ukraine als angegriffenes Land über einen „Moralbonus“ verfüge und dass ihr Präsident Wolodymyr Selenskyj „hochprofessionell“ kommuniziere.

Mimikama arbeitet bei seinen Faktenchecks auf internationaler Ebene in dem europäischen Netzwerk EDMO zusammen. Dieses Netzwerk zielt darauf, Desinformationen zu bekämpfen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Demokratie sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene zu analysieren. (epd)

Umfrage: Mehrheit der Polen für eine Ukraine-Friedensmission

Die Mehrheit der Polen befürwortet einer Umfrage zufolge den Vorschlag einer Nato-Friedensmission in der Ukraine. Mehr als 53 Prozent hätten sich für einen solchen Einsatz unter dem Dach der Nato oder der UN ausgesprochen, ergab eine am Dienstag veröffentlichte Befragung von United Surveys im Auftrag der Zeitung Dziennik Gazeta Prawna und des Radiosenders RMF FM. Rund 26 Prozent waren demnach dagegen, knapp 20 Prozent enthielten sich. Wenn es zu so einer Mission käme, sollten nach Meinung von fast 60 Prozent der Befragten auch polnische Soldaten daran teilnehmen. Dies lehnten etwa 31 Prozent ab.

Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski hatte eine solche Mission vergangene Woche nach einem Besuch der Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew ins Gespräch gebracht. Er sagte: „Ich denke, dass eine friedenserhaltende Mission der Nato oder möglicherweise einer noch breiteren internationalen Struktur notwendig ist, aber eine solche Mission, die auch in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, und die auf ukrainischem Territorium operieren wird.“ Seinen Worten zufolge stellt er sich eine Mission vor, „die sich für den Frieden einsetzt und humanitäre Hilfe leistet, aber gleichzeitig auch von den entsprechenden Kräften, den Streitkräften, geschützt wird.“ Der Vorstoß stieß im Kreis der Nato-Partner auf ein geteiltes Echo. (dpa)

Staaten wollen gemeinsam Gas einkaufen

Die EU-Regierungen wollen offenbar künftig gemeinsam Gas und Öl in Drittstaaten einkaufen. Das geht aus einem von der Nachrichtenagentur Reuters eingesehenen Entwurf für die Erklärung des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag hervor. „Mit Blick auf den nächsten Winter werden die Mitgliedstaaten und die Kommission dringend … beim gemeinsamen Kauf von Gas, LNG und Wasserstoff zusammenarbeiten“, heißt es darin. Die russische Invasion der Ukraine hat mit dazu beigetragen, dass die Energiepreise auf Rekordhöhen gestiegen sind. Zugleich will die EU ihre Energieimporte aus Russland möglichst schnell reduzieren. Deshalb soll mehr Flüssiggas etwa in Katar oder den USA eingekauft werden.

Die Europäische Kommission hatte im vergangenen Jahr ein System vorgeschlagen, mit dem die EU-Länder gemeinsam strategische Gasvorräte kaufen können. Deutschland hatte jahrelang Pläne für einen gemeinsamen Einkauf über die EU abgelehnt. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte gerade in Katar verhandelt, damit von dort mehr Flüssiggas für das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel geliefert wird. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel. (rtr)

Polizei fordert Schutzzone für Geflüchtete in Deutschland

Um ukrainische Flüchtlinge vor Menschenhändlern und Sexualstraftätern zu schützen, fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Einrichtung von „Schutzzonen“ in den Bahnhöfen. Der für die Bundespolizei zuständige GdP-Vorsitzende Andreas Roßkopf sagte der Rheinischen Post: „Wir und die anderen Behörden müssen die ersten sein, die eine Registrierung und eine Abklärung vornehmen.“

Die Bundespolizei habe inzwischen festgestellt, dass Kriminelle sehr gezielt auf junge Frauen und Kinder zugingen, bevor die Beamten überhaupt in Kontakt mit den Flüchtlingen kämen, sagte Roßkopf. „Wir brauchen deshalb dringend Schutzzonen in den Bahnhöfen“, forderte er. „Danach kann man die Menschen auch gezielt Freunden oder Bekannten zuführen.“

Die Bundespolizei sei mit der derzeitigen Situation ausgelastet, sagte der GdP-Chef. Derzeit seien an den Bahnhöfen, an denen die Flüchtlinge ankämen, 650 Beamte mehr als üblich im Einsatz. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Wochenende eine hohe Polizeipräsenz auf Bahnhöfen angekündigt, um Ukrainerinnen vor Übergriffen von Menschenhändlern und Sexualstraftätern zu schützen.

Auch die europäische Polizeibehörde Europol warnte vor Menschenhändlern. Diese würden sich als „Freiwillige“ ausgeben, erklärte die Behörde am Montag. „Kurzfristig besteht das größte Risiko darin, dass Kriminelle unter dem Vorwand, Transport, kostenlose Unterkunft, Arbeit oder andere Formen der unmittelbaren Unterstützung zu versprechen, potenziell Opfer anvisieren“, warnte Europol. Neben Bahnhöfen würden sie sich auch auf Grenzübergänge, Aufnahmezentren und Busbahnhöfe konzentrieren. Zudem tummelten sie sich in Freiwilligengruppen im Netz.

Menschenmenge steht vor einem Zug

Ankunft in Leipzig: Vor allem an Bahnhöfen fangen Menschenschmuggler ukrainische Geflüchtete ab Foto: Jan Woitas/dpa

Seit Kriegsbeginn sind laut Angaben der UNO rund 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Die meisten davon sind Frauen und Minderjährige. (afp)

🐾 Jedes Haus, jede Seele

Kein Licht, keine Heizung, kaum Lebensmittelvorräte – die Hafenstadt Mariupol wird von schwerer Artillerie, Luftwaffe und Marine beschossen. Den Bericht von taz-Korrespondent Bernhard Clasen lesen Sie hier. (taz)

Biden warnt vor russischen Chemiewaffen

Die USA haben Warnungen bekräftigt, Russland erwäge den Einsatz von chemischen Kampfstoffen in der Ukraine. US-Präsident Joe Biden warf am Montag dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, mit unwahren Behauptungen den Boden für den Einsatz dieser international geächteten Waffen zu bereiten. Putin stehe mit dem Rücken zur Wand und mache Aussagen, die nicht stimmten. Russland behaupte, dass die Ukraine über biologische und chemische Waffen verfüge. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass er den Einsatz beider Waffen in Erwägung zieht.“ Das russische Verteidigungsministerium hat die Regierung in Kiew beschuldigt, die eigene Bevölkerung mit Chemiewaffen angreifen zu wollen. Dieser Angriff solle dann den russischen Truppen untergeschoben werden. Weder die USA noch Russland haben Belege für ihre wechselseitigen Vorwürfe vorgelegt. (rtr)

Möglicher Angriff auf Selenskyj gestoppt

Die ukrainische Spionageabwehr hat ein mögliches Attentat auf Präsident Wolodymyr Selenskyj nach eigenen Angaben gestoppt. Eine Gruppe von russischen Saboteuren, angeführt von einem Geheimdienstler, sei in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden, berichtete die Agentur Unian in der Nacht zum Dienstag.

Zum Auftrag der etwa 25 Männer gehörten neben dem Anschlag auf Selenskyj in Kiew auch die Ausführung einer Reihe von Sabotageakten im Regierungsviertel sowie in anderen Landesteilen der Ukraine. Sie wollten sich als Angehörige der Territorialeinheiten der Ukraine ausgeben und auf diese Weise nach Kiew gelangen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Nach ukrainischer Darstellung haben russische Spionagetrupps seit Kriegsbeginn bereits mehrfach versucht, in Kiew einzudringen und den Präsidenten auszuschalten. (dpa)

🐾 Mehr Druck auf Russland

Bei ihrer Konferenz in Brüssel rüsten die EU-Außen- und Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­r*in­nen auch verbal auf. Doch einige Länder bremsen wieder. Den Bericht der Redakteure Eric Bonse und Pascal Beucker zur EU-Eingreiftruppe lesen Sie hier. (taz)

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