+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: 40 deutsche Diplomaten ausgewiesen
Moskau erklärt deutsche Diplomaten zu unerwünschten Personen. Zivilisten sollen aus Mariupol abziehen. Flüchtlinge sollen besser versorgt werden.
Russland weist deutsche Diplomaten aus
Russland hat 40 deutsche Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ erklärt und damit deren Ausweisung verfügt. Dem deutschen Botschafter in Moskau sei am Montag ein Protestschreiben gegen die unfreundliche Politik Berlins und gegen die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten Anfang April übergeben worden, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Die Zahl entspricht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur etwa einem Drittel des deutschen diplomatischen Korps in Russland. (dpa)
Versorgung der Flüchtlinge soll verbessert werden
Neben der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge aus der Ukraine rückt rund zwei Monate nach Kriegsbeginn jetzt auch die Integration der zum Teil schwer Traumatisierten stärker in den Blick. Bund, Länder und Kommunen waren sich bei einem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt am Montag einig, dass vor allem das Angebot an Kinderbetreuung und Schulbildung verbessert werden muss. Denn ein großer Anteil der Geflüchteten sind Frauen mit Kindern. Viele dieser Frauen haben eine Ausbildung, doch nur sehr wenige sprechen Deutsch.
„Die Städte haben gemeinsam mit den Bundesländern begonnen, Kinderbetreuung und Unterricht für ukrainische Kinder zu organisieren – hier brauchen wir deutlich mehr Kapazitäten“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU), am Montag zu Beginn eines Flüchtlingsgipfels im Kanzleramt. Der Bund sollte sich an den Kosten dafür beteiligen. Nötig seien zudem schnelle Anerkennungsverfahren für Lehrkräfte und Erzieherinnen aus der Ukraine.
Sowohl die Behörden als auch Hilfsorganisationen und Freiwillige, die sich seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine um die Ankommenden kümmern, berichten allerdings von der Schwierigkeit, vorzusorgen für eine Situation, die vom Kriegsverlauf abhängig und schlecht planbar ist. „Viele wollen so schnell es geht wieder zurück. Einige sind es schon. Aber wenn wir nach Mariupol oder in den Donbass schauen, ist eine schnelle Rückkehr nicht für alle möglich“ sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, mit Blick auf die große Zerstörung in diesen Gebieten. Darum brauche es für sie nun Perspektiven und Chancen auf Teilhabe in Deutschland.
Die SPD-Politikerin dankte den Ländern für die Unterbringung von so vielen Menschen binnen kürzester Zeit. Sie sagte, der Bund werde dabei finanziell unterstützen und dazu an diesem Mittwoch im Kabinett einen Ergänzungshaushalt beschließen.
Bis Montag hat die Bundespolizei die Einreise von heute 379.123 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine festgestellt. Da Ukrainer für 90 Tage ohne Visum einreisen können und an den EU-Binnengrenzen in der Regel keine stationären Kontrollen vorgesehen sind, dürfte die genaue Zahl der Kriegsflüchtlinge jedoch deutlich höher sein. (dpa)
Krieg lässt Brotpreise steigen
Die aufgrund des Ukrainekrieges deutlich gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise machen den Bäckereien in Niedersachsen und Bremen zu schaffen. „Die Betriebe werden die gestiegenen Kosten an die Kunden weitergeben müssen, was bleibt ihnen übrig“, sagte am Montag Landesinnungsmeister Dietmar Baalk in Dinklage (Kreis Vechta) beim Verbandstag des Bäckerinnungsverbandes Niedersachsen/Bremen. Dem Verband gehören knapp 400 Betriebe in beiden Ländern an. Baalk rechnet nach eigener Aussage damit, dass die Endverbraucherpreise allein im ersten Halbjahr um 10 bis 15 Prozent steigen werden. (dpa)
Russland will über Lage in Mariupol reden
Russland will laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA mit UN-Generalsekretär António Guterres Themen rund um die ukrainische Hafenstadt Mariupol und das dort belagerte Stahlwerk Asowstal besprechen. Guterres wird diese Woche zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin in Russland erwartet. Anschließend soll er nach UN-Angaben in die Ukraine weiterreisen, um deren Präsidenten Wolodimir Selenski zu treffen. (rtr)
Energieentlastungspaket Mittwoch im Kabinett
Das zweite Energieentlastungspaket soll nach Angaben mehrerer Ministerien am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Das betonen Finanz- und Verkehrsministerium am Montag in Berlin. Teil des Pakets ist ein 9-Euro-Ticket, um den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können. Dieses solle vermutlich ab 1. Juni für drei Monate zur Verfügung stehen, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Das würde eine staatliche Finanzierung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro erforderlich machen. (rtr)
Moskau kündigt Feuerpause für Mariupol an
Moskau hat für Montag eine Feuerpause für das Gebiet um das Asow-Stahlwerk in der ukrainischen Stadt Mariupol angekündigt. Die russischen Truppen würden ab 13.00 Uhr (MESZ) „alle Feindseligkeiten einstellen, ihre Einheiten auf eine sichere Entfernung zurückziehen und den Rückzug“ der Zivilisten sicherstellen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. In dem ukrainischen Stahlwerk haben sich seit Wochen ukrainische Soldaten und zahlreiche Zivilisten verschanzt. (afp)
Scholz hat Mittwoch keine Zeit
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Bundestages Auskunft zur deutschen Hilfe für das ukrainische Militär geben, allerdings erst im Mai. Aus Termingründen könne der Kanzler der Einladung für diesen Mittwoch nicht nachkommen, als Ersatztermin werde nun der 11. Mai angestrebt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin.
Die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hatte in ihrem Einladungsschreiben an den Kanzler in der vergangenen Woche ausgeführt: „Die Frage danach, welchen Beitrag Deutschland und insbesondere die Bundeswehr in Bezug auf Waffenlieferungen tatsächlich leisten kann, ist für die Menschen in der Ukraine existenziell.“ Der Verteidigungsausschuss beschäftige sich seit der Invasion Russlands in jeder seiner Sitzungen mit der aktuellen Lage in der Ukraine und erörtere auch den Stand des an die Ukraine abgegebenen sensitiven Materials. (dpa)
Russland warnt USA vor Waffenlieferung
Russland warnt die USA vor Waffenlieferungen in die Ukraine. „Wir haben betont, dass es inakzeptabel ist, wenn die USA Waffen in die Ukraine liefern. Wir haben ein Ende dieser Praxis gefordert“, sagt der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, in einem Interview mit dem Fernsehsender Rossiya 24. Es sei eine offizielle diplomatische Notiz an Washington geschickt worden, in der die Bedenken Russlands zum Ausdruck gebracht worden seien. Solche Waffenlieferungen verschlimmerten die Situation und verschärften den Konflikt. Zuvor hatten US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einem Besuch in Kiew der Ukraine und der Region Militärhilfe im Wert von 713 Millionen Dollar zugesagt. (rtr)
🐾 Von Raketen und Panik
Kramatorsk ist Knotenpunkt für die Flucht aus dem Donbass. Nicht erst seit Moskaus Attacke auf den Bahnhof ist die Lage dramatisch. Oleksii Ladyka berichtet für die taz von vor Ort.
Angriff auf Ölraffinerie
Russland hat nach eigenen Angaben in der Ukraine die Ölraffinerie Krementschuk angegriffen. „Hochpräzise Langstreckenwaffen zerstörten Treibstoffproduktionsanlagen in einer Ölraffinerie am nördlichen Stadtrand von Krementschuk sowie Lagerstätten für Erdölprodukte, die militärische Ausrüstung für ukrainische Truppen betankten“, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. (rtr)
Deutschland schickt vorerst keine Diplomat:innen
Deutschland will zunächst nicht dem Schritt der USA folgen, Diplomatinnen und Diplomaten zurück in die Ukraine zu schicken. Das Auswärtige Amt bewerte die Lage „stetig neu“, sagte eine Sprecherin am Montag in Berlin. Dies geschehe auch „mit Blick auf die Frage, wie wir und wann wir mit eigenem diplomatischen Personal wieder vor Ort sein werden“. Die deutsche Botschaft in Kiew sei aber weiter nicht besetzt, die diplomatische Arbeit werde von Teams außerhalb der Ukraine gewährleistet.
US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatten zuvor bei ihrem Besuch in Kiew eine schrittweise Rückkehr von US-Diplomaten in die Ukraine angekündigt. „Ab dieser Woche“ würden Diplomaten tagsüber in die Ukraine reisen, sagte ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums in der Nacht zum Montag vor Journalisten.
Die US-Botschaft in Kiew war wie auch die deutsche Vertretung wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine evakuiert worden. (afp)
Raketenangriffe auf Bahnstationen
In der West- und Zentralukraine sind nach ukrainischen Angaben am Montagmorgen mehrere Raketen eingeschlagen. Dabei seien auch fünf Eisenbahnstationen getroffen worden, teilte der Chef der ukrainischen Eisenbahn, Olexander Kamyschin, auf dem Telegram-Kanal des Unternehmens mit. „Die russischen Streitkräfte zerstören weiter systematisch die Infrastruktur der Eisenbahn“, kommentierte Kamyschin.
Seinen Angaben nach mussten aus Sicherheitsgründen die Route und der Fahrplan von mehreren Zügen geändert werden. Zu möglichen Verletzten gibt es widersprüchliche Angaben. Über Raketenangriffe hatten auch die Behörden des westukrainischen Gebiets Lwiw und von Winnyzja, südwestlich von Kiew, berichtet. (dpa)
Brand in russischen Öldepots
In zwei russischen Öldepots unweit der Grenze zur Ukraine ist in der Nacht zum Montag ein schwerer Brand ausgebrochen. Das Feuer habe in der Stadt Brjansk Lagertanks erfasst, teilte der örtliche Katastrophenschutz der Nachrichtenagentur Tass mit. Es liefen Löscharbeiten. Eins der Öllager soll der Ölgesellschaft Transneft Druschba gehören. Über die Druschba-Pipeline exportiert Russland Öl unter anderem nach Deutschland.
Brjansk ist weniger als 150 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Ob der Brand mit dem Krieg in der Ukraine in Zusammenhang stehen könnte, war zunächst nicht bekannt. Anfang April hatte Russland nach einem Brand in einem Öllager in der russischen Stadt Belgorod die Ukraine dafür verantwortlich gemacht. (dpa)
🐾 Rüstungsausgaben steigen weltweit
Noch nie seit Ende des Kalten Kriegs wurde weltweit so viel Geld für Militär ausgegeben wie 2021, meldet das SIPRI-Institut. taz-Korrespondent Reinhard Wolf berichtet.
Russische Armee kommt kaum voran
Russland hat nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums noch keinen „bedeutenden Durchbruch“ erzielt, seit es den Schwerpunkt seines Militäreinsatzes auf eine vollständige Besetzung des Donbass verlegt hat. Die Fortschritte seien bislang geringfügig ausgefallen. (rtr)
US-Außen- und Verteidigungsminister in Kiew
Die USA haben ihre Solidarität mit der Ukraine mit dem Besuch einer ranghohen Regierungsdelegation in Kiew demonstriert. Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin reisten wie angekündigt am Sonntag in die ukrainische Hauptstadt und trafen sich dort mit Präsident Wolodimir Selenski. Blinken und Austin sagten Selenski weitere US-Hilfen in Höhe von 322 Millionen Dollar zu. „Damit werden die von der Ukraine benötigten militärischen Fähigkeiten unterstützt, insbesondere der Kampf im Donbass“, sagt ein Beamter des US-Außenministeriums. „Diese Hilfe wird den ukrainischen Streitkräften auch bei der Umstellung auf fortschrittlichere Waffen und Luftabwehrsysteme helfen, die im Wesentlichen Nato-fähig sind.“ Die gesamte US-Sicherheitshilfe für die Ukraine seit der Invasion belaufe sich damit auf etwa 3,7 Milliarden Dollar. (dpa/rtr)
CDU legt Antrag zu Waffenlieferungen vor
Im Streit über die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine macht die Union weiter Druck auf die Ampel-Koalition. Die größte Oppositionsfraktion legte wie angekündigt einen Vorschlag für einen Bundestagsbeschluss vor und bot SPD, Grünen und FDP zugleich an, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion fordert, die deutschen Waffenlieferungen „in Quantität und Qualität unverzüglich und spürbar“ zu intensivieren. Deutschland müsse sich jetzt „seinen Verbündeten in EU und Nato anschließen und einen entschlossenen Beitrag zur Stärkung der ukrainischen Selbstverteidigungskräfte leisten – auch und gerade mit schweren Waffen“.
Die Ampel-Regierung ist nach Angaben von SPD-Co-Chefin Saskia Esken in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine geschlossen, auch wenn es innerparteiliche Diskussionen gebe. „In der SPD wird die Debatte heiß geführt, sowohl in der Frage der Waffenlieferungen als auch in der Frage der Unterstützung insgesamt“, sagt Esken im Deutschlandfunk. Allerdings seien sich alle einig, dass man der Ukraine im Kampf gegen russische Angriffe mit Waffen helfen müsse. „Die direkte Lieferfähigkeit der Bundeswehr mit eigenem Material ist erschöpft“, fügt die SPD-Politikerin hinzu. Deshalb müsse man andere Wege gehen, etwa über Bestellungen bei der Industrie oder einen Ringtausch mit EU-Partnern. Im Bundestag soll diese Woche über Anträge der Union und der Ampel-Koalition über die Lieferung schwerer Waffen abgestimmt werden. (dpa/rtr)
UN-Chef Guterres in der Türkei
Gut zwei Monate nach der russischen Invasion in die Ukraine verstärkt UN-Generalsekretär António Guterres seine Bemühungen um Frieden. Guterres reist vor Besuchen in Moskau und Kiew zunächst in die Türkei. Dort trifft er heute den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Das Nato-Mitglied Türkei unterhält gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und sieht sich als Vermittler in Friedensgesprächen. (dpa)
Flüchtlingsgipfel mit Ehrenamtlichen Helfern im Kanzleramt
Zwei Monate nach der Ankunft der ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland kommen heute im Kanzleramt staatliche Akteure und ehrenamtliche Helfer zusammen. Bundeskanzler Olaf Scholz und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (beide SPD), werden das Treffen eröffnen. Es geht darum, Verteilung, Unterbringung und Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten bestmöglich zu organisieren. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten