+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russische Truppen rücken weiter in der Ostukraine vor
Der Kreml meldet die Eroberung mehrerer Ortschaften. Kanzler Merz empfiehlt Geduld, Präsident Selenskyj wendet sich an den Globalen Süden.
Selenskyj appelliert an Globalen Süden
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert die Länder des Globalen Südens auf, Russland zu Friedensverhandlungen zu drängen. Es sei wichtig, dass der Globale Süden entsprechende Signale sende und dabei helfe, den russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bringen, schreibt Selenskyj nach einem Gespräch mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa. Selenskyj fügt in seinem Beitrag auf der Plattform X hinzu, er selbst habe seine Bereitschaft für ein Treffen mit Putin in jedem Format bekräftigt. Russland versuche jedoch erneut, alles weiter in die Länge zu ziehen. Am Montag hatte Ramaphosa mit Putin telefoniert. Dabei wurde dem russischen Präsidialamt zufolge über die Ergebnisse des US-russischen Gipfeltreffens beraten. (rtr)
Merz mahnt Geduld an
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht die diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs noch vor großen Herausforderungen. Merz sagte am Samstag beim Landesparteitag der niedersächsischen CDU in Osnabrück, „größere diplomatische Anstrengungen als in den letzten drei Wochen“ habe es im Ukraine-Krieg von Deutschland und der EU noch nicht gegeben. „Es soll bitte heute niemand mehr sagen, wir würden nur über Waffenlieferungen diskutieren.“
Merz mahnte aber auch, für einen möglichen Frieden in der Ukraine sei ein langer Atem nötig. Angesichts der Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin müsse „jedem klar“ werden, wie „schwierig“ diese Aufgabe über Wochen oder gar Monate bleiben werde.
„Wir haben die ersten Schritte gemacht“, sagte der Bundeskanzler. „Aber ich sage mal in einem Bild: Wir sind auf einer zehn Kilometer langen Strecke und haben vielleicht die ersten 200 Meter zurückgelegt.“ Merz fügte hinzu: „Wir sind jedenfalls in der richtigen Richtung unterwegs.“ (afp)
Ukraine feiert Nationalflagge – Russland rückt weiter vor
Die von Russland mit Krieg überzogene Ukraine begeht den Tag ihrer Nationalfahne. „Diese Flagge verkörpert das Gefühl der Erlösung für die, die wir aus russischer Gefangenschaft zurückholen. Wenn sie die ukrainischen Farben sehen, wissen sie: Das Böse ist vorbei“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Zeremonie. Die blau-gelbe Fahne sei auch ein Symbol der Hoffnung der Ukrainer in den russisch besetzten Gebieten des Landes.
Auf den Tag der Nationalflagge folgt am Sonntag der ukrainische Unabhängigkeitstag, der an die Loslösung von der Sowjetunion vor 34 Jahren erinnert. Zugleich dauert die großangelegte russische Invasion in die Ukraine dann genau dreieinhalb Jahre.
Die russische Armee setzte unterdessen nach eigenen Angaben ihren Vormarsch in der Ostukraine fort und reklamiert die Eroberung weiterer Ortschaften für sich. So sei im Gebiet Donezk das Dorf Kleban-Byk südlich der von der Ukraine verteidigten Stadt Kostjantyniwka besetzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Sollten die Angaben stimmen, wären ukrainische Truppen im Nachbarort Schtscherbyniwka nahezu abgeschnitten. In dem Gebiet erschwert zudem eine Talsperre einen möglichen Abzug der Ukrainer. Ukrainische wie russische Militärbeobachter bestätigten auf ihren Karten die Eroberung von Kleban-Byk aber nicht. Der Generalstab der Ukraine schrieb in seinem Morgenbericht nur von Angriffen auf Schtscherbyniwka. (dpa)
Mehrheit der Polen will keine Beteiligung an Friedenstruppe
Eine große Mehrheit der Polen ist einer neuen Umfrage zufolge gegen eine Beteiligung ihres Landes an einer möglichen Ukraine-Friedensgruppe. Für eine Entsendung polnischer Soldaten sprachen sich nur 17,3 Prozent der Befragten aus. 61,1 Prozent waren indes dagegen. Die restlichen 21,6 Prozent konnten sich nicht entscheiden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Meinungsforschungsagentur SW Research im Auftrag der Zeitung Rzeczpospolita.
Demnach waren mehr Männer als Frauen gegen einen solchen Auslandseinsatz der polnischen Armee. Auch jüngere Befragte und Einwohner größerer Städte hatten tendenziell eher eine ablehnende Meinung. Die Umfrage fand am 19. und 20. August unter 800 Befragten statt. Polen teilt eine mehr als 500 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine.
Es gibt in Europa seit Monaten eine Debatte über eine mögliche Friedenstruppe zur Sicherung eines eventuellen Waffenstillstands im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Februar hatte der polnische Regierungschef Donald Tusk eine direkte Beteiligung seines Landes ausgeschlossen, aber logistische und politische Unterstützung angeboten. (dpa)
Russland sieht Bedingungen für Gipfel als nicht erfüllt an
Ein baldiges Gipfeltreffen von Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist für Russland unrealistisch. „Putin ist bereit, sich mit Selenskyj zu treffen, wenn eine Tagesordnung für den Gipfel vorbereitet ist, und diese Tagesordnung ist überhaupt noch nicht fertig“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow dem US-Fernsehsender NBC.
US-Präsident Donald Trump hatte sich für ein solches Treffen zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ausgesprochen. Moskau hatte sich dazu bislang ausweichend geäußert.
Lawrow sagte nun, zu den Punkten, die vor einem solchen Treffen geklärt sein müssten, gehörten Gebietsabtretungen und ein ukrainischer Verzicht auf eine Mitgliedschaft im westlichen Militärbündnis. „Selenskyj hat zu allem Nein gesagt“, sagte Lawrow.
Russland hat im Laufe der vor dreieinhalb Jahren begonnenen Invasion die ostukrainische Region Luhansk fast vollständig und die vom Kreml beanspruchten Gebiete Donezk, Saporischschja und Cherson teilweise eingenommen. Für ein Einfrieren der Front in Saporischschja und Cherson fordert Putin dem Vernehmen nach Kiews vollständige Aufgabe der Regionen Luhansk und Donezk. Die ebenfalls von Moskau beanspruchte Halbinsel Krim kontrolliert Russland bereits seit 2014.
Nach dem Alaska-Gipfel am Freitag vergangener Woche hatten US-Präsident Trump, Selenskyj und europäische Spitzenpolitiker am Montag über einen Friedensprozess für die Ukraine beraten. Als Nächstes soll nach Trumps Vorstellungen ein Treffen Putins mit Selenskyj stattfinden.
Selenskyj hatte Moskau vorgeworfen, nicht an einem Frieden interessiert zu sein. „Ehrlich gesagt sind die Signale aus Russland derzeit einfach unanständig“, sagte er. „Sie versuchen, sich aus der Notwendigkeit eines Treffens herauszuwinden. Sie wollen diesen Krieg nicht beenden. Sie setzen ihre massiven Angriffe gegen die Ukraine und ihre sehr heftigen Angriffe an der Front fort.“
Derweil lobte Nato-Generalsekretär Mark Rutte bei einem Besuch in Kiew am Freitag Trump. Trump habe Bewegung in die Verhandlungen gebracht. Er „hat aber auch klargemacht, dass die USA involviert sein werden bei der Gewährung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine“, sagte Rutte. Er bezeichnete die Garantien als wichtigen Faktor für einen dauerhaften Frieden in der Ukraine. (dpa)
Ukraine verliert MiG-29-Kampfjet
Die Ukraine hat nach Militärangaben eins ihrer Kampfflugzeuge MiG-29 verloren. Der Pilot sei getötet worden, teilte der Generalstab in Kiew auf Facebook mit. Die Rede war von einem Unfall beim Landeanflug nach einem Kampfeinsatz. Die Unfallursache werde untersucht.
Der noch zu sowjetischen Zeiten konstruierte Mehrzweckjäger MiG-29 ist mit wenigen Dutzend Exemplaren das am häufigsten vertretene Flugzeug in der kleinen ukrainischen Luftwaffe. Wegen des russischen Angriffskrieges hat die Ukraine auch Maschinen dieses Typs aus anderen Ländern bekommen, so aus Polen und der Slowakei. (dpa)
Frankreich bestellt italienische Botschafterin ein
Frankreich hat die italienische Botschafterin Emanuela D’Alessandro wegen Äußerungen von Italiens Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini einbestellt. Salvini habe in den vergangenen Tagen „inakzeptable Äußerungen“ getätigt, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Die Botschafterin sollte demnach am Donnerstag im Außenministerium erscheinen.
Sie sei daran erinnert worden, dass die Aussagen Salvinis dem Klima des Vertrauens zwischen Frankreich und Italien zuwiderlaufen, „aber auch den jüngsten bilateralen Entwicklungen, die starke Übereinstimmungen zwischen den beiden Ländern deutlich gemacht haben, insbesondere hinsichtlich der uneingeschränkten Unterstützung für die Ukraine“, hieß es weiter.
Der Vorsitzende der rechten Regierungspartei hatte den französischen Präsidenten Emmanuel Macron wegen dessen Bereitschaft kritisiert, nach einer Friedensvereinbarung zwischen Kiew und Moskau Truppen in die Ukraine zu entsenden. Bei einem Termin in seiner Heimatstadt Mailand empfahl Salvini Macron mit einem dort gebräuchlichen Ausdruck, sich „an die Tram zu hängen“. Dann fügte er wörtlich hinzu: „Setz dir einen Helm auf, zieh eine Weste an, schnapp dir ein Gewehr und geh in die Ukraine.“ (dpa)
Trump dämpft Hoffnungen auf direkte Gespräche
US-Präsident Donald Trump hat die Hoffnungen auf ein Treffen zwischen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selensky gedämpft und erneut Sanktionen ins Spiel gebracht. Er werde in zwei Wochen eine wichtige Entscheidung zu seinen Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine treffen, erklärte Trump am Freitag im Weißen Haus. Es könne massive Sanktionen gegen Moskau geben – oder aber er werde „nichts unternehmen“, betonte Trump.
„Zum Tangotanzen gehören immer zwei“, sagte der US-Präsident, der eine Kappe mit der Aufschrift „Trump hat in allem Recht“ trug.
„In zwei Wochen werden wir wissen, welchen Weg ich einschlagen werde. Denn ich werde mich für einen Weg entscheiden, und ich werde herausfinden, welcher das ist“, sagte der US-Präsident. „Das heißt, ob es massive Sanktionen oder massive Zölle oder beides geben wird. Oder ob wir nichts tun und sagen, es ist euer Kampf“, fügte er hinzu. (afp)
Ukraine hat 2025 bereits 10 Milliarden Euro aus eingefrorenen Geldern erhalten
Die EU hat der Ukraine in der ersten Hälfte dieses Jahres 10,1 Milliarden Euro an Erlösen aus eingefrorenen Geldern der russischen Zentralbank überwiesen. Das zeigen Zahlen der EU-Kommission, die der Welt am Sonntag laut Vorabbericht vorliegen. Brüssel unterstützt mit dem Geld militärische und zivile Projekte in der Ukraine.
Im März, Mai, Juni und Juli erhielt die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj den Zahlen zufolge jeweils eine Milliarde Euro an Zinserträgen, im Januar waren es drei Milliarden, im April 3,1 Milliarden. Das russische Vermögen selbst liegt bei dem belgischen Unternehmen Euroclear, das Wertpapiere verwahrt und Aktiengeschäfte abwickelt. Im Jahr 2022 hatte die EU insgesamt 210 Milliarden Euro aus Russland festgesetzt. (rtr)
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