+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: „Werden jeden Stein umdrehen“
Nach dem Leak geheimer Informationen bemüht sich die US-Regierung um Aufklärung. Laut dem Dokument ist Serbien offenbar zu Waffenlieferungen an Kyjiw bereit.
US-Geheimdokument – Serbien offenbar zu Waffenlieferungen an die Ukraine bereit
Serbien hat trotz seiner Ablehnung von Sanktionen gegen Russland laut einem als geheim eingestuften Dokument des US-Verteidigungsministeriums offenbar Waffen an die Ukraine geliefert oder dem zumindest zugestimmt. Das geht aus einer Zusammenfassung von Antworten europäischer Regierungen auf die Bitten der Ukraine um militärische Ausbildung und Waffen hervor. Das Schreiben gehört zu den Dutzenden als vertraulich oder geheim eingestuften Dokumenten, die in den vergangenen Wochen bei dem schwerwiegendsten Leck von US-Regierungsdaten seit Jahren ins Internet gestellt wurden. Politisch brisant ist die Information über Serbien, weil die Regierung in Belgrad traditionell ein enges Verhältnis zu Russland pflegt und sich trotz des EU-Beitrittsprozesses nicht an den Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine beteiligt.
Aus der Auflistung geht hervor, dass Serbien die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte abgelehnt, aber sich zur Lieferung von Waffen bereiterklärt habe. Außerdem hieß es, Serbien habe den politischen Willen und die militärischen Fähigkeiten, der Ukraine in Zukunft Waffen zu liefern. Das Dokument ist als geheim gekennzeichnet, was die Weitergabe an ausländische Nachrichtendienste und Militärs verbietet. Es ist auf den 2. März datiert und mit dem Siegel des Büros der US-Generalstabschefs versehen. Reuters konnte die Echtheit des Dokuments nicht unabhängig überprüfen.
Das Büro des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und die ukrainische Botschaft reagierten nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme. Die Regierung in Moskau habe Serbien im März um eine offizielle Erklärung für die angeblichen Lieferungen gebeten, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Janusz Bugajski, Osteuropaexperte beim außenpolitischen Institut Jamestown Foundation, sagte: „Wenn dieses Dokument korrekt ist, zeigt es entweder Vučić’ Doppelzüngigkeit gegenüber Russland, oder er steht unter enormem Druck aus Washington, Waffen an die Ukraine zu liefern.“ (rtr)
Pentagon-Chef nach Datenleck: „Werden jeden Stein umdrehen“
Nach der Veröffentlichung brisanter US-Informationen zum Krieg in der Ukraine bemüht sich die US-Regierung um Aufklärung und versucht, ihre Verbündeten zu beruhigen. „Wir werden jeden Stein umdrehen, bis wir den Ursprung und das Ausmaß des Vorfalls herausgefunden haben“, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Dienstag in Washington. Sowohl er als auch US-Außenminister Antony Blinken sagten, sie hätten mit ihren ukrainischen Kollegen gesprochen.
Austin sagte, er habe am vergangenen Donnerstag von dem Datenleck erfahren. „Ich wurde erstmals am Morgen des 6. April über die Berichte über die unbefugte Weitergabe von sensiblem und geheimem Material unterrichtet.“ Seitdem habe er sich täglich mit leitenden Mitarbeitern seines Ministeriums beraten und Sofortmaßnahmen ergriffen. „Wir haben die Angelegenheit an das Justizministerium weitergeleitet, das eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet hat.“ Solange die Untersuchungen liefen, könne er sich nicht näher äußern. Er betonte aber: „Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst.“
Außenminister Blinken sagte, er habe am Dienstag mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba gesprochen. „In unserem Gespräch habe ich neben anderen Dingen unsere anhaltende Unterstützung für die Ukraine und ihre Anstrengungen, ihre territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit zu verteidigen, bekräftigt.“
Seit Wochen kursieren im Internet offensichtlich geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. US-Medien berichten seit Tagen über sensibles Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die schon vor Wochen bei prorussischen Kanälen verbreiteten Dokumente publiziert hat. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass sie teils nachträglich manipuliert wurden.
Die Dokumente enthalten nach Berichten von US-Medien Informationen zu Waffenlieferungen an die Ukraine und Angaben zum Munitionsverbrauch. Es gibt auch Landkarten, auf denen der Frontverlauf sowie Standorte russischer und ukrainischer Truppen sowie deren Personalstärke eingezeichnet sind. Informationen gibt es auch zu vermeintlichen Plänen der Nato und der USA, wie das ukrainische Militär auf eine Frühlingsoffensive vorbereitet werden könnte. (dpa)
Russen können leichter zum Militärdienst eingezogen werden
Nach Problemen bei der Teilmobilmachung für Russlands Krieg gegen die Ukraine können Männer in dem Riesenreich künftig deutlich leichter zum Militärdienst eingezogen werden als bisher. Die Einberufungsbescheide müssen nun nicht mehr persönlich überreicht werden, sondern können auf elektronischem Weg über das staatliche Serviceportal „Gosuslugi“ zugestellt werden, entschieden die Abgeordneten der Staatsduma am Dienstag. Die Änderungen wurden in einer Blitzabstimmung verabschiedet, obwohl einige Abgeordnete beklagten, sie hätten keine Zeit gehabt, das Gesetz zu lesen.
Die ausstehende dritte und letzte Lesung und eine Unterschrift von Kremlchef Wladimir Putin gelten als Formsache. Durch die Änderungen ist ein Wehrpflichtiger elektronisch erfasst und kann bis zur Vorstellung bei der Einberufungsstelle etwa das Land nicht mehr verlassen. Im September waren bei der teils chaotisch organisierten Teilmobilmachung Hunderttausende geflohen.
Beobachter befürchteten, dass mit der neuen Methode eine neue Mobilmachung für den Krieg vorbereitet werde. Kremlsprecher Dmitri Peskow wies das zurück. Er begründete die Initiative mit einer allgemeinen Digitalisierung des Lebens.
Künftig gelte eine Vorladung zum Kreiswehrersatzamt als übermittelt, wenn sie online im staatlichen Serviceportal auf dem Benutzerkonto des Wehrpflichtigen eingehe, sagte der Chef des Verteidigungsausschusses, Andrej Kartapolow. Bislang musste die Vorladung persönlich überreicht und mit Unterschrift quittiert werden. Viele Russen konnten so der Einberufung entgehen, indem sie nicht an ihrer Meldeanschrift wohnten.
Wer sich nicht innerhalb von 20 Tagen nach der Vorladung beim Militärkommissariat meldet, muss mit drastischen Einschränkungen rechnen. So dürfen Wehrdienstverweigerer nicht mehr Auto fahren oder Immobilien kaufen. Auch die Registrierung als Selbstständiger ist nicht möglich. Sie sollen zudem keinen Kredit mehr erhalten. Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin beschimpfte einen Abgeordneten der Kommunisten, der sich weigerte, das umstrittene neue Verfahren auf die Schnelle so durchzuziehen, als „Saboteur“. (dpa)
Russland vermeldet Test neuartiger ballistischer Interkontinentalrakete
Russland hat nach eigenen Angaben eine neuartige interkontinentale Rakete getestet. Eine „Kampfbesatzung“ habe am Dienstag eine „ballistische Interkontinentalrakete eines mobilen bodengestützten Raketensystems“ vom im Grenzgebiet zwischen Russland und Kasachstan gelegenen Testgelände Kapustin Jar gestartet, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Das russische Verteidigungsministerium machte keine genaueren Angaben zum verwendeten Raketentyp, erklärte aber, Zweck der Übung sei es gewesen, „fortschrittliche Kampfausrüstung für ballistische Interkontinentalraketen zu testen“.
Seit Entsendung von Truppen in die Ukraine im Februar 2022 hat der russische Präsident Wladimir Putin mehrfach kaum verhohlene Warnungen ausgesprochen, er könnte dort im Falle einer Bedrohung Russlands Atomwaffen einsetzen.
Ende Februar kündigte Putin dann die Aussetzung von Russlands Teilnahme am US-russischen New-Start-Vertrag zur Begrenzung der jeweiligen Atomwaffenbestände an. Im März erklärte Putin, er werde taktische Atomwaffen im verbündeten Nachbarstaat Belarus und somit in unmittelbarer Nähe der EU stationieren. Die Nato verurteilte beide Schritte.
Zu dem nun ausgeführten Raketentest erklärte Moskau, ein Sprengkopf der Rakete habe zu Übungszwecken ein Ziel auf dem Übungsplatz im kasachischen Sary-Schagan „mit der erforderlichen Präzision“ getroffen. Der Start habe es ermöglicht, die „Funktionsfähigkeit der Schaltkreise und technischen Konstruktionen“ zu bestätigen, die bei der Entwicklung neuer strategischer Raketensysteme verwendet worden seien.
Im Februar hatte Putin die Stationierung einer neuen Art von Interkontinentalraketen noch für dieses Jahr angekündigt. Zuvor hatten US-Medien berichtet, ein Test mit einer solchen Rakete sei kürzlich gescheitert. (afp)
Bericht: US-Geheimdienste haben Zweifel an möglicher ukrainischer Gegenoffensive
Die US-Geheimdienste haben einem Medienbericht zufolge Zweifel am Erfolg einer möglichen Gegenoffensive der Ukraine gegen die russischen Angriffstruppen. Eine solche Offensive könnte nur „eingeschränkte territoriale Gewinne“ erzielen, heißt es laut der Washington Post (Dienstagsausgabe) in einem der geheimen US-Dokumente, die seit einigen Tagen im Internet veröffentlicht werden. Dass die Dokumente an die Öffentlichkeit gelangten, betrachtet die US-Regierung als „sehr ernstes“ Sicherheitsrisiko.
In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Berichte über eine für das Frühjahr geplante ukrainische Gegenoffensive. Allerdings wird in dem US-Geheimdienstdokument gewarnt, dass es „fortdauernde ukrainische Rückstände“ bei der Ausbildung der Soldaten und bei der Munitionsversorgung gebe. Außerdem seien die russischen Truppen schlagkräftig. Dies alles zusammen werde ukrainische „Fortschritte einschränken und die Verluste während der Offensive verstärken“, heißt es den Angaben zufolge in dem Geheimdienstbericht.
Ein anderes von der Nachrichtenagentur AFP eingesehenes Dokument, dessen Echtheit zunächst nicht bestätigt werden konnte, listet detailliert den offenbar schlechten Zustand der ukrainischen Luftverteidigung auf. Laut dem auf Februar datierten Dokument bestehen 89 Prozent der ukrainischen Mittel- und Langstrecken-Luftabwehr aus alten sowjetischen Systemen, für die es bald nicht mehr genug Raketen geben dürfte.
Der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow, widersprach derweil Medienberichten, wonach die Ukraine militärische Pläne wegen des Datenlecks geändert habe. Über den Beginn der ukrainischen Gegenoffensive werde im allerletzten Moment entschieden. „Wenn jemand glaubt, dass wir nur eine Option haben, dann entspricht das nicht der Realität. Sogar drei Optionen wären nicht viel“, sagte Danilow in der ARD. (afp)
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