+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: „Ein Versuch der Einschüchterung“

Die Bundesregierung kritisiert die Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus. Evangelische Kirche denkt über Asyl für russische Deserteure nach.

Gepanzerte Fahrzeuge bei einer Truppenparade

Auf dem Weg nach Minsk? Kurzstrecken-Raketensysteme bei einer Parade auf dem Roten Platz in Moskau im Jahr 2015 Foto: picture alliance / dpa

Ärzte kritisieren Putins Atompläne

Die Friedensorganisation „Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) hat die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Atomwaffen in Belarus zu stationieren, scharf verurteilt. Die Organisation ruft zudem die Bundesregierung auf, das Verbot von Atomwaffen anzuerkennen und die nukleare Teilhabe zu beenden.

Der Vorsitzende der IPPNW Lars Pohlmeier sagt dazu: „Mit jeder nuklearen Drohung aus dem Kreml manövriert sich Putin in eine Ecke. Am Ende könnte er Atomwaffen einsetzen, um sein Gesicht zu wahren. Putin will uns mit dieser Aussage nuklear erpressen. Das ist unter dem Atomwaffenverbotsvertrag verboten. Es ist höchste Zeit, dass auch Deutschland das Atomwaffenverbot anerkennt und die US-Atomwaffen in Deutschland abziehen lässt.“

Unter dem UN-Vertrag für das Verbot von Atomwaffen sei eine Stationierung von Atomwaffen auf fremden Territorien untersagt, betont die IPPNW. Allerdings erkenne Russland wie auch die anderen Atomwaffenstaaten und Verbündeten den Vertrag nicht an. Problematisch sei auch, dass die USA ebenfalls Atomwaffen in Deutschland, Belgien, Italien, den Niederlanden und der Türkei stationiert. Putin rechtfertigte die Fremdstationierung mit der „gängigen Praxis“ der NATO nuklearen Teilhabe. (taz)

Evangelische Kirche hält Kirchenasyl für russische Verweigerer für nachvollziehbar

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, zeigt sich in der Frage von Kirchenasyl für russische Kriegsdienstverweigerer im Einzelfall offen. „Die Entscheidung, Kirchenasyl zu gewähren, liegt bei der einzelnen Kirchengemeinde und sie ist immer ein Einzel- und Ausnahmefall, in dem die Gemeinde sich sehr sorgfältig mit der individuellen Situation dieses einen konkreten Menschen befasst“, sagte die westfälische Präses den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag).

Der russische Präsident Wladimir Putin „verheizt die eigenen Leute“ und schaffe Elend in vielen Familien, erklärte sie. „Sollte sich eine Gemeinde dazu entschließen, einem russischen Menschen, der nicht in den Krieg ziehen will, Schutzraum zu bieten, könnte ich das nachvollziehen.“ (epd)

Bundesregierung kritisiert russische Atomwaffen in Belarus

Die vom Kreml angekündigte Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus stößt bei der Bundesregierung auf deutliche Kritik. Im Auswärtigen Amt in Berlin war von einem „weiteren Versuch der nuklearen Einschüchterung“ die Rede. Die ukrainische Staatsführung reagierte demonstrativ unbeeindruckt auf die Ankündigung aus Moskau. Dort hatte Präsident Wladimir Putin kurz zuvor ein Aufrüstungsprogramm verkündet, das den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine angeblich überlegen sei.

Putin hatte im Staatsfernsehen bekanntgegeben, dass sich Russland und Belarus – die beide an die Ukraine grenzen – auf die Stationierung von taktischen Atomwaffen verständigt hätten. Taktische Atomwaffen haben im Vergleich zu Interkontinentalraketen – die auch die USA treffen könnten – eine geringere Reichweite, sie beträgt aber immer noch mehrere hundert Kilometer. Der Kremlchef verwies darauf, dass auch die USA bei Verbündeten in Europa Atomwaffen stationiert hätten. „Wir machen nur das, was sie schon seit Jahrzehnten machen“, sagte Putin. Er hatte in der Vergangenheit den Abzug von Atomwaffen aus Deutschland verlangt, da diese Russlands Sicherheit bedrohten.

Im Auswärtigen Amt wollte man das so nicht stehen lassen: „Der von Präsident Putin gezogene Vergleich zur Nuklearen Teilhabe der Nato ist irreführend und kann nicht dazu dienen, den von Russland angekündigten Schritt zu begründen“, hieß es aus Berlin. Zudem habe sich Belarus international in mehreren Erklärungen darauf festgelegt, frei von Nuklearwaffen zu sein. Der belarussische Dauer-Machthaber Alexander Lukaschenko – oft als „letzter Diktator Europas“ bezeichnet – gehört zu Moskaus engsten Verbündeten. (dpa)

London: Russland hat neue iranische Drohnen erhalten

Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste neue Drohnen aus dem Iran für den Einsatz gegen die Ukraine erhalten. Nach zweiwöchiger Pause habe Russland seit März mindestens 71 iranische „Kamikaze-Drohnen“ vom Typ Shahed gegen ukrainische Ziele eingesetzt, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mit. Das deute darauf hin, dass Russland aus dem Iran nun regelmäßige Lieferungen „einer kleinen Anzahl“ von Shahed-Drohnen erhalte.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor. (dpa)

Pro Asyl fordert Abschaffung von Wohnsitzauflage

Pro Asyl fordert in der Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen eine Reform der gesetzlichen Regelungen in Deutschland. „Die Wohnsitzauflagen müssen abgeschafft werden“, sagte Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher der Menschenrechtsorganisation, der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Menschen werden gezwungen, in Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften zu leben, selbst wenn sie bei Verwandten unterkommen könnten.“ Dadurch werde die angespannte Wohnraumsituation in vielen Kommunen künstlich verschärft.

Alaows verwies darauf, dass im vergangenen Jahr rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Zuflucht gefunden hätten. Das sei weitgehend problemlos gelaufen, weil Ukrainer sich relativ frei in Deutschland niederlassen durften. Dass bei Asylbewerbern anders verfahren werde, sei „scheinheilig“. (epd)

EU-Außenbeauftragter warnt vor Abhängigkeit Europas von China wie zuvor von Russland

Die Europäische Union möchte eine wirtschaftliche Abhängigkeit von China wie zuvor von Russland vermeiden und den Handel mit Lateinamerika ausbauen. „Wir haben gemerkt, dass Abhängigkeiten, die Bausteine des Friedens waren, auch Waffen sind, die sich gegen uns richten können“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mit Blick auf die Abhängigkeit Europas von russischem Gas am Samstag (Ortszeit) in einer Rede auf dem Iberoamerikanischen Gipfel in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik.

Die Abhängigkeit Europas von Russland war durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine deutlich geworden, als Moskaus Gaslieferungen nach Europa eingeschränkt wurden und der Kontinent nach anderen Energieversorgern suchen musste.

Diese Abhängigkeit habe „Putin glauben lassen, er könne ungestraft in die Ukraine einmarschieren“, weil Europa „in den zu 40 Prozent aus Russland stammenden Gaslieferungen“ gefangen gewesen sei, fügte Borrell hinzu. Eine derartige Abhängigkeit von China müsse vermieden werden, betonte er. (afp)

Schweiz gewinnt gegen Belarus

In der Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft hat die Schweiz am Freitag gegen Belarus klar mit 5:0 gewonnen.

Das Spiel war eigentlich ein Heimspiel von Belarus. Die Partie fand aber vor leeren Rängen im Stadion Karadjordje im serbischen Novi Sad statt. Belarus darf an Wettbewerben der Europäischen Fußball-Union UEFA teilnehmen, muss die Heimspiele im Zuge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine aber außerhalb des Landes und ohne Zuschauer ausrichten. (dpa)

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