+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Öllieferstopp angekündigt
Russische Diplomaten reagieren auf die vom Westen beschlossene Preisobergrenze. In der Ostukraine toben schwere Kämpfe und Estland kauft US-Waffen.
Russischer Diplomat: „Von nun an ohne unser Öl“
Russland macht nach Angaben eines diplomatischen Vertreters Ernst mit dem angedrohten Stopp von Öllieferungen nach Europa. „Von diesem Jahr an wird Europa ohne russisches Öl leben“, erklärt der russische Botschafter bei internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, auf Telegram. Die EU-Staaten haben sich auf einen Preisdeckel für russisches Öl von 60 Dollar pro Barrel geeinigt und damit einen Plan der sieben führenden Industriestaaten (G7) aufgenommen. Durchgesetzt werden soll die Preisgrenze dadurch, dass Versicherungen und Reedereien sich an russischen Ölgeschäften nur beteiligen dürfen, wenn der Rohstoff für unter 60 Dollar verkauft wird. Russland hat einen Lieferboykott für Staaten angedeutet, die sich an einem Preisdeckel beteiligen.
Die russische Regierung selbst hält sich in ihrer ersten Reaktion konkrete Schritte offen. „Wir werden diese Deckelung nicht akzeptieren“, erklärt der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, der Agentur Tass zufolge. Russland sei auf den Preisdeckel vorbereitet, werde die Situation nun rasch analysieren und sich dann zu konkreten Schritten äußern. (rtr)
London: Unverhältnismäßig aufwendiger Kampf um Bachmut
Derzeit kommt es den Behörden der Ukraine zufolge zu schweren Kämpfen im Osten des Landes. Die Russen hätten Zeit gehabt, sich auf die Angriffe der ukrainischen Soldaten vorzubereiten, gab Serhij Hajdaj an, der Gouverneur der Region Luhansk. Moskau hatte die ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja vor kurzem für annektiert erklärt.
Nach Angaben der ukrainischen Präsidentschaft ist die Situation auch nahe der Stadt Bachmut „schwierig“. Russland versucht bereits seit dem Sommer, die Stadt in der Region Donezk einzunehmen. Nachdem Moskau mehrere Niederlagen hinnehmen musste, darunter den Rückzug aus Charkiw (Nord-Osten) im September und Cherson (Süden) im November, wäre die Eroberung der Stadt ein bedeutender Sieg für Russland.
Nach Ansicht britischer Militärexperten haben sich die russischen Invasionstruppen jedoch in einen unverhältnismäßig aufwendigen Kampf um die Stadt Bachmut verbissen. Der Vorteil durch eine Eroberung der Stadt in der Region Donezk mit etwa 70 000 Einwohnern stehe nicht im Verhältnis zu dem Preis, den Moskau dafür zahle, hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London am Samstag.
Ein großer Teil der russischen Bemühungen und Feuerkraft sei seit August auf einen etwa 15 Kilometer langen Sektor einer mit Gräben befestigten Front konzentriert, so die Mitteilung. Der Plan sei wohl, die Stadt einzukreisen. Dabei habe es im Süden kleine Fortschritte gegeben.
Obwohl die Einnahme Bachmuts Russland die Gelegenheit verschaffen würde, größere urbane Zentren wie die Städte Kramatorsk und Slowjansk zu bedrohen, wäre sie nur von „eingeschränktem operationellem Wert“, so die Einschätzung der Briten weiter. Es sei daher eine realistische Möglichkeit, dass die Eroberung der Stadt in erster Linie ein symbolisches, politisches Ziel für den Kreml geworden ist.
Auch in Cherson sehen sich Kiews Soldaten in einer schwierigen Lage. „Die Russen haben Cherson bombardiert“, teilte die ukrainische Präsidentschaft am Samstagmorgen mit. Dabei seien die Stromnetze beschädigt worden. (dpa/afp)
Ukrainische Behörden ruft zum „Durchhalten“ auf
Ukrainische Behörden haben am Samstag die Bevölkerung zum „Durchhalten“ angesichts weiterer zu erwartender Stromabschaltungen aufgerufen. Ab Montag werde er den Betreiber Oblenergo dazu anhalten, seine Pläne für die Region zu überarbeiten, erklärte Vitali Kim, Gouverneur der Region Mykolajiw im Süden der Ukraine, im Onlinedienst Telegram. „Es wird sehr wahrscheinlich Abschaltungen von vier Stunden geben.“
Der Gouverneur begründete dies mit einem steigenden Stromverbrauch, der längere Unterbrechungen der Versorgung notwendig mache, um das regionale Stromnetz zu entlasten. „Wir müssen durchhalten“, appellierte er an die Menschen der Region.
Seit Oktober hat Russland die ukrainischen Energieeinrichtungen massiv angegriffen und starke Schäden verursacht. In der Folge gab es massenhafte Stromausfälle im Land. (afp)
Estland macht es Lettland und Litauen nach
Estland hat einen Vertrag über seinen bislang größten Waffenkauf unterschrieben. Das Nato-Land, ein Nachbarland Russlands, kauft ein fortschrittliches US-Raketensystem vom Typ Himars im Wert von mehr als 200 Millionen Dollar. Die am Freitag unterzeichnete Vereinbarung umfasst auch Raketen und Ausbildung. „Die Himars-Mehrfachraketenwerfer sind ein neuer wichtiger Schritt bei der Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten Estlands“, sagte Kaarel Mäesalu vom estnischen Militär.
Die Raketen haben Behördenangaben zufolge eine Reichweite von 70 bis 300 Kilometern. Das Unternehmen Lockheed Martin soll die ersten Raketen 2024 liefern.
Die beiden anderen baltischen Länder Lettland und Litauen haben entweder bereits Himars-Systeme oder sind dabei, eins zu erwerben. Die USA haben der Ukraine solche Systeme zur Verfügung gestellt, nachdem Russland dort einmarschiert war. Das estnische Verteidigungsministerium gab an, die Himars-Systeme hätten dazu beigetragen, „mit präziser Genauigkeit“ russische Militärziele zu zerstören. (ap)
Kyjiw fordert niedrigere Ölpreisobergrenze
Die Ukraine hat die vom Westen beschlossene Preisobergrenze für russisches Öl von 60 Dollar je Barrel als zu hoch bezeichnet. Um die Wirtschaft des russischen Feindes schneller zu „zerstören“, sei es notwendig, den Preis auf 30 Dollar zu reduzieren, teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Samstag in seinem Kanal des Nachrichtendienstes Telegram mit.
Zugleich begrüßte er, dass die Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) und Australien diese Preisobergrenze für Öltransporte auf dem Seeweg beschlossen hätten. Russland sieht darin einen Verstoß gegen die Gesetze des freien Marktes.
„Wir erreichen immer unser Ziel, und Russlands Wirtschaft wird dennoch zerstört werden. Und Russland wird selbst bezahlen und verantwortlich sein für Verbrechen“, schrieb Jermak weiter. Die G7, Australien und die EU-Staaten hatten sich zuvor auf die Höhe eines Preisdeckels für russisches Öl geeinigt. Sie wollen Russland gemeinsam mit internationalen Partnern dazu zwingen, Erdöl von Montag an für zunächst höchstens 60 US-Dollar (etwa 57 Euro) pro Barrel (159 Liter) an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. (dpa)
Fast 30 Prozent weniger Getreide ausgeführt
Die Ukraine hat nach Daten des Landwirtschaftsministeriums in der Saison 22/23 bisher 29,6 Prozent weniger Getreide ausgeführt als in der vorherigen Saison. Insgesamt exportierte die Ukraine 18,1 Millionen Tonnen Weizen, Mais und Gerste. In der vorherigen Saison waren es noch 25,8 Millionen Tonnen.
Wegen der russischen Invasion waren drei ukrainische Schwarzmeerhäfen fast sechs Monate blockiert. Nach Angaben der Regierung könnte die Ukraine in diesem Jahr etwa 51 Millionen Tonnen Getreide ernten. Im Jahr 2021 hatte die Ernte noch einen Rekord von 86 Millionen Tonnen erreicht. Seitdem hat die Ukraine jedoch wegen des Kriegs Agrarland verloren und geringere Erträge erzielt. (rtr)
Zeremonie für Rückkehrer aus Kriegsgefangenschaft
In einer kurzen Zeremonie hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Rückkehr einiger seiner Soldaten aus russischer Kriegsgefangenschaft gefeiert. „Es war ein besonderer Tag in einer besonderen Woche“, sagte er dazu am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Zugleich kündigte er an, weitere Soldaten aus russischen Gefangenenlagern zurückzuholen. „Wir werden keinen einzigen Ukrainer in russischen Gefängnissen, Lagern und „Isolationen“ (Haftanstalten) zurücklassen. Wir denken an alle.“
Selenskyj hatte am Nachmittag in Kyjiw einer Reihe von ehemaligen Kriegsgefangenen Medaillen verliehen. In den vergangenen Tagen hatten Russland und die Ukraine mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht. Nach Selenskyjs Angaben waren auf diese Art seit Kriegsbeginn im Februar insgesamt 1331 ukrainische Soldaten aus russischer Gefangenschaft freigekommen. (dpa)
Bemühungen um Sondertribunal gehen weiter
Die Bemühungen der ukrainischen Führung, mit westlicher Unterstützung ein Sondertribunal zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen zu bilden, gehen nach den Worten Selenskyjs weiter. Es werde weiter daran gearbeitet, eine „kritische Masse“ an Unterstützern zu gewinnen, dieses Tribunal zu bilden. Nach den Vorstellungen Kyjiws sollte es nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunal entstehen. Waren in Nürnberg die Nazis zur Verantwortung gezogen worden, so soll bei diesem Sondertribunal laut Kiew die politische und militärische Führung Russlands für den Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden.
„London, Paris, Berlin, Warschau und andere Hauptstädte – wir stärken unsere Position überall und sammeln die Unterstützung unserer Partner“, sagte Selenskyj am Freitagabend. „Ich bin sicher, dass es ein Tribunal geben wird, es wird Gerechtigkeit geben.“ (dpa)
EU bildet bislang 1100 ukrainische Soldaten aus
Zweieinhalb Wochen nach dem Start einer EU-Ausbildungsmission für die ukrainische Armee werden bisher 1100 Soldaten geschult. Dies teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag beim Besuch eines Ausbildungscamps im polnischen Brzeg mit. Diese Mission zeige Europas Willen, die Ukraine im seit mehr als neun Monaten dauernden Krieg gegen Russland zu unterstützen. Die EU-Außenminister hatten die Mission am 14. November beschlossen. Am Tag danach war offizieller Beginn. Insgesamt sollen bis zu 15 000 Soldatinnen und Soldaten in 20 Mitgliedsländern ausgebildet werden, auch in Deutschland. (dpa)
Ukraine erhält erste Hawk-Flugabwehrraketen aus Spanien
Die Ukraine hat eine erste Lieferung von Hawk-Flugabwehrsystemen aus Spanien erhalten. Das teilte Verteidigungsminister Olexij Resnikow am Freitag nach einem Treffen mit seiner spanischen Kollegin Margarita Robles in Odessa mit. Weitere Hawk-Flugabwehrraketen aus spanischen Beständen sollen folgen. Ukrainische Soldaten werden bereits in Spanien ausgebildet. Das aus den USA stammende System zur Flugabwehr auf mittlerer Reichweite wurde bereits in den frühen 60er-Jahren in Dienst gestellt und immer wieder modernisiert. In den meisten Nato-Staaten wurde Hawk bereits ausgemustert. (dpa)
Russischer Oppositionssender muss Strafe zahlen
In Lettland ist der unabhängige russische Fernsehsender Doschd wegen seiner Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ins Visier der Behörden geraten. Der Nationale Rat für elektronische Massenmedien (NEPLP) belegte den TV-Kanal mit einer Geldstrafe von 10.000 Euro, weil er eine Karte gezeigt habe, auf der die annektierte ukrainische Halbinsel Krim als Teil Russlands zu sehen war. Die russischen Streitkräfte seien als „unsere Armee“ bezeichnet worden, teilte der NEPLP auf Twitter mit.
Weiter leitete die Medienaufsicht ein Verfahren gegen Doschd wegen der Ausstrahlung von Appellen zur Unterstützung der russischen Armee ein. Chefredakteur Tichon Dsjadko beteuerte, dass der oppositionelle Kanal keine Hilfe für die russische Armee leiste. Er entschuldigte sich auf Twitter für den „fehlinterpretierbar formulierten“ Aufruf des Moderators, der nach Senderangaben inzwischen entlassen wurde. Lettland hatte Doschd im Juni eine Sendelizenz erteilt, nachdem der Fernsehsender wegen des harten Vorgehens des russischen Behörden Anfang März seinen Sendetrieb in Russland eingestellt hatte. (dpa)
Lettland fordert von Deutschland „mehr Verantwortung in Europa“
Nach Meinung Lettlands sollte Deutschland mehr Führungsstärke und Verantwortung in Europa zeigen. Das sagte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium in Riga, Janis Garisons, im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wenn wir in die Zukunft schauen, dann denken wir, dass Deutschland mehr Verantwortung innerhalb Europas übernehmen sollte“, sagte Garisons. „Jemand muss führen in Europa und die Verteidigungsfähigkeit der einzelnen Länder bündeln. Schließlich sei Deutschland eine große wirtschaftliche, militärische und politische Macht und liege im Zentrum Europas. (dpa)
Bewohner von Kachowka sollen Stadt verlassen
Die von Russland eingesetzte Verwaltung in der südukrainischen Region Cherson ruft Teile der Bevölkerung in Kachowka zum Verlassen der Stadt auf. Wer bettlägerig oder behindert sei, werde in den Distrikt Henitschesk im Südosten des Ortes gebracht, heißt es in einer Mitteilung auf Telegram. Der Aufruf reiht sich ein in eine größere Evakuierung von Gebieten am Ostufer des Flusses Dnipro. Russland zog vergangenen Monat vom Westufer seine Streitkräfte ab wie auch aus der Stadt Cherson selbst. Der Fluss bildet damit gegenwärtig die Frontlinie im Süden des Landes. (rtr)
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