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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Selenski will Dialog ohne Putin

Der ukrainische Präsident erklärt sich zu Verhandlungen mit Moskau bereit, aber ohne den Kremlchef. Russlands Oberhaus ratifiziert die Annektierung von vier Regionen.

Bereit zum Dialog, aber nicht mit Präsident Wladimir Putin Foto: Ukrainian Presidential Press via reuters

Selenski offen für Gespräche mit Russland, aber ohne Putin

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat ein Dekret unterzeichnet, mit dem offiziell festgehalten wird, dass sein Land offen für einen Dialog mit Russland ist, allerdings nicht mit Staatschef Wladimir Putin. Mündlich hatte Selenski die Devise bereits am Freitag ausgegeben, nachdem Putin vier besetzte ukrainische Gebiete zu Teilen Russlands erklärt hatte.

Der Kreml reagiert ablehnend auf das Dekret. „Wir werden entweder warten, bis der derzeitige Präsident seine Position ändert, oder warten, bis der nächste Präsident seine Position im Interesse des ukrainischen Volkes ändert“, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten. Er betont, dass die „spezielle Militäroperation“ nicht enden werde, wenn die Ukraine Gespräche ausschließe. Für Verhandlungen seien zwei Seiten nötig. Mit „spezieller Militäroperation“ bezeichnet Moskau den von Russland geführten Krieg in der Ukraine. Das von Selenski unterzeichnete Dekret fixiert formell die Position, dass es „unmöglich“ Gespräche mit Putin geben könne. (rtr)

Russland meldet 200.000 eingezogene Menschen

Im Zuge der Teilmobilmachung in Russland sind nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu bereits mehr als 200.000 Menschen eingezogen worden. „Die Ausbildung erfolgt auf 80 Übungsplätzen und in 6 Ausbildungszentren“, sagte er am Dienstag in Moskau seinem Ministerium zufolge.

Experten des britischen Verteidigungsministeriums hatten zuvor noch von erheblichen Problemen berichtet. Russland sei nicht mehr in der Lage, ausreichend Ausrüstung und militärisches Training für die große Zahl an Rekruten bereitzustellen, hieß im täglichen Kurzbericht.

Schoigu sagte, die zuständigen Stellen seien angewiesen worden, den Rekruten die notwendige Kleidung und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen und sie einzuweisen. Nach Schoigus Darstellung haben sich viele Freiwillige gemeldet. Zahlen nannte er nicht. Es sollte niemand abgelehnt werden, „wenn es keine schwerwiegenden Gründe gibt“. (dpa)

Russisches Oberhaus ratifiziert Annexion

Das russische Oberhaus hat wie erwartet die Annektierung von vier ukrainischen Regionen ratifiziert. Es stimmte am Dienstag Verträgen für die Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk zu, um diese zu einem Teil Russlands zu machen.

Am Montag hatte bereits die Duma der Annexion zugestimmt. Die Vorlage geht jetzt zurück an Präsident Wladimir Putin, nach dessen Unterschrift ist sie in Kraft. Die Provinzen sind allerdings nicht völlig unter Kontrolle der russischen Streitkräfte, weshalb die von der Regierung in Moskau angestrebten Grenzziehungen völlig unklar sind. (ap/rtr/taz)

Selenski wirbt um Vertrauen in befreiten Gebieten

Vor dem Hintergrund der ukrainischen Offensive hat Präsident Wolodimir Selenski um das Vertrauen der Bevölkerung in den russisch besetzten Gebieten geworben. „Russische Propagandisten schüchtern die Menschen in den noch von den Besatzern kontrollierten Gebieten ein, dass die Ukraine angeblich fast jeden, der in den besetzten Gebieten bleibt, als Kollaborateur betrachten werde. Absolut wirres Zeug“, sagte Selenski am Montag in seiner täglichen Videoansprache. Wer sich den Russen nicht angedient habe, habe nichts zu befürchten, sagte er.

Der 44-Jährige betonte, dass es nur vereinzelt Unterstützung für die russischen Okkupanten gegeben habe, obwohl sich „Hunderttausende“ vorübergehend unter der Besatzungsmacht befunden hätten. Damit widersprach er dem russischen Narrativ, dass die Menschen in den vier besetzten ukrainischen Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja mehrheitlich nach Russland strebten. Mit dieser Begründung hatte Kremlchef Wladimir Putin nach der Abhaltung von Scheinreferenden die Gebiete annektiert.

Selenski berichtete von weiteren Rückeroberungen der ukrainischen Armee und kündigte die Auszahlung von Renten und Sozialleistungen in den wiedergewonnenen Territorien an. (dpa)

Musk und Selenski bekriegen sich auf Twitter

Tesla-Chef Elon Musk hat am Montag die Twitter-Nutzer aufgefordert, über einem Plan zur Beendigung des russischen Kriegs in der Ukraine abzustimmen. Er schlug von den Vereinten Nationen (UN) überwachte Wahlen in den vier besetzten Regionen vor, die die Regierung in Moskau nach sogenannten Referenden vergangene Woche annektieren will. „Russland geht, wenn das der Wille des Volkes ist“, schrieb Musk am Montag auf dem Kurznachrichtendienst. Die Krim, die 2014 von Russland erobert wurde, solle laut Musk formell zu Russland gehören, die Wasserversorgung dort solle sichergestellt werden und die Ukraine bleibe neutral. Er bat die Twitter-Nutzer, mit „Ja“ oder „Nein“ über seinen Vorschlag abzustimmen.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj reagierte umgehend mit seiner eigenen Umfrage auf der Social-Media-Plattform. „Welchen Elon Musk mögen Sie mehr?“, twitterte er und bot zwei Antworten an: „Einen, der die Ukraine unterstützt“ oder „Einen, der Russland unterstützt“. Auch Litauens Präsident Gitanas Nauseda meldete sich in dem Twitter-Streit zu Wort. „Lieber Elon Musk, wenn jemand versucht, die Räder deines Tesla zu stehlen, macht ihn das nicht zum rechtmäßigen Besitzer des Autos oder der Räder. Auch wenn sie behaupten, sie hätten für den Plan gestimmt. Ich sag's nur“, schrieb er auf seinem offiziellen Profil.

Musk ließ auf seinen ersten Tweet eine weitere Umfrage folgen. „Versuchen wir es mal so: Der Wille der Menschen, die im Donbass und auf der Krim leben, sollte entscheiden, ob sie Teil Russlands oder der Ukraine sind.“ Es sei ihm egal, ob sein Vorschlag unpopulär sei. Aber es sei ihm nicht egal, dass „dass Millionen von Menschen unnötig für ein im Wesentlichen identisches Ergebnis sterben könnten.“ Russland habe mehr als die dreifache Bevölkerung der Ukraine, sodass ein Sieg der Ukraine in einem totalen Krieg unwahrscheinlich sei. „Wenn Ihnen die Menschen in der Ukraine am Herzen liegen, sollten Sie den Frieden suchen.“

Der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, reagierte unverblümt auf den Friedensplan von Musk. Seine „diplomatische Antwort“ an ihn sei, „Fuck off“, was man freundlich mit „er solle sich zum Teufel scheren“ übersetzen könnte. (dpa/taz)

Nordkorea verteidigt russische Annexion

Nordkorea hat die Annexion Russlands von vier besetzten Regionen in der Ukraine in einer Erklärung verteidigt. Außenminister Jo Chol Su bezeichnete die „Referenden“ über den Beitritt als legitim und „im Einklang mit der UN-Charta“, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Dienstag berichtete. Eine überwältigende Mehrheit der Wähler habe sich für den Anschluss an Russland ausgesprochen“, sagte Jo. Nordkorea ist ein Verbündeter Russlands. Der Westen hatte Russlands Vorgehen zuvor scharf verurteilt und erklärt, die Annexionen nicht anzuerkennen. (afp)

IWF prüft Milliardenhilfe für die Ukraine

Das Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird am Donnerstag Insidern zufolge den Antrag der Ukraine auf 1,3 Milliarden Dollar an Notfallmitteln prüfen. Die Ukraine habe ausreichende finanzielle Zusicherungen von ihren globalen Partnern erhalten, um die Anforderungen des IWF an die Schuldentragfähigkeit zu erfüllen und sich für die Notfinanzierung zu qualifizieren, sagen zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die notwendigen Dokumente für die Bereitstellung der Mittel seien bereits vorbereitet. (rtr)

USA vor weiterer Waffenlieferung

Die USA wollen der Ukraine zeitnah vier weitere Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars zukommen lassen. Die Lieferung sei Teil eines neuen Hilfspakets im Umfang von 624 Millionen Dollar (rund 635 Millionen Euro), das voraussichtlich am Dienstag verkündet werden solle, teilten US-Gewährspersonen am Montag (Ortszeit) mit. Damit würde die Zahl der präzisen Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite, die Washington der Führung in Kiew bereitgestellt hat, auf 20 steigen. (ap)

Ungarn schließt Theater wegen Energiekosten

Das 111 Jahre alte Erkel-Theater in Budapest, eine von drei Bühnen der renommierten Ungarischen Staatsoper, bleibt von November an dunkel. Die rasant gestiegenen Energiekosten machen es der Intendanz nach eigener Darstellung unmöglich, den Zuschauerraum mit 1.800 Sitzplätzen noch weiterhin zu beheizen. Vielen anderen Theatern und Opernhäusern geht es nicht besser.

Auch das Budapester Trafo-Haus für Zeitgenössische Kunst sah sich zu schmerzlichen Einsparungen gezwungen, wie Direktorin Beata Barda erklärt. Dort sollen die Aufführungen im kommenden Winter um etwa ein Drittel reduziert werden. „Wir möchten auf jeden Fall verhindern, ganz zu schließen oder unser Repertoire einschränken zu müssen. Also mussten wir halt sehen, wie wir mit weniger Aufführungen über die Runden kommen“, sagt Barda. Die Stromkosten des Trafo-Hauses hätten sich seit Juni verdreifacht.

Die kulturellen Einrichtungen außerhalb Budapests leiden nicht weniger als die in der Hauptstadt. Kommunalbehörden im ganzen Land haben die Schließung von Theatern, Kinos, Museen und anderen Kulturstätten angekündigt. Selbst dann könne die öffentliche Hand nur mit Ach und Krach über den Winter kommen, heißt es. Viele Kulturschaffende fragen sich allerdings, ob solche Schließungen wirklich nur temporär für die kältesten Monate des Jahres verfügt würden oder ob vielen Theatern und ähnlichen Einrichtungen dauerhaft das Aus drohe. (ap)

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42 Kommentare

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    Die Moderation

  • Was geht in Elon Musk's Kopf vor, dass er glaubt,zu jedem größeren Problem seinen Senf abgeben zu müssen - offenbar in der Vorstellung er könne Problemlösungen finden, an denen vorher viele gescheitert sind, die sich länger und näher damit befasst haben?



    Muss alles, was der Mann als Thekengespräch gerne sagen darf, als wichtige Meldung um den ganzen Globus geblasen werden?

  • Nochmal, ich spreche nicht vom Recht Elons, seine Meinung kundzutun und sie mit den Mitteln, die er hat, die sind "größer" als sie andere haben, zu verbreiten. Dafür eine Anhängerschaft zu suchen.



    Ich spreche auch nicht von den unternehmerischen Leistungen von Musk.



    Ich versuche kritisch darauf zu schauen, ob gesellschaftlich mächtige Menschen und Gruppen ihre Möglichkeiten, ihre Meinungen Kund zu tun, siehe gerade oben, in manipulativer Weise einsetzen KÖNNTEN.



    NICHT in der Art, dass sie sich bei der Verbreitung ihrer Meinung auf eine Anhängerschaft berufen für diese Meinung berufen. Sondern dass sie suggerieren, dass diese Anhängerschaft Stimmen wären, denen ähnliche Bedeutung zu käme, wie den Wählerstimmen. Auch die Stimmen einer solchen Anhängerschaft sagen etwas über "den Willen" eines Teils der Gesellschaft aus. Aber es sollte nicht geschehen dürfen, das ein Meinungsführer, Führerin dann darüber hinaus eine demokratische Legitimation für sich beansprucht, die darüber hinaus geht. Also z. B. so getan wird, als hätte man den Anspruch, dass diese Stimmen schon eine Art Volksentscheid darstellen würden.



    Da mache ich mir schon Gedanken, wenn ein Multimilliardär und Konzernlenker in einem sozialen Medium, an dem er beteiligt ist, zu einer "Abstimmung" über seine Meinung hinsichtlich der internationalen Politik aufruft.Noch dazu, wenn er an diesem Geschehen konkret beteiligt ist. Siehe @Sonntagssegler.



    Musk tut überhaupt nichts Verbotenes. Die Frage für mich ist: Was macht er daraus? Und wäre das, was er daraus macht, mit im genannten Sinne illegitimen pseudodemokratischen Rechtfertigungen versehen.

    • @Moon:

      Antwortkommentar



      gerichtet an @GÜNTER

  • Vielleicht hat er es zukünftig nicht mehr mit Putin, sondern mit Kadyrow zu tun.



    Niemand garantiert, dass es nach Putin besser werden würde.



    Ich würde darauf nicht warten...

    • @mfkmfk:

      Kadyrow dürfte gerade in Panik sein. Geht Putin, geht auch er. Was dann mit Tschetschenien passiert, wenn die Rubel aus Moskau ausbleiben, kann man sich leicht ausmalen.

    • @mfkmfk:

      Wer auch immer Putins Nachfolger wird, es wird garantiert kein tschetschenischer Muslim. Dazu betont die russische Staatsideologie des Faschisten Iwan Iljin die Bedeutung der orthodoxen Kirche zu stark - und die der russischen Ethnie. Und die halbwegs realpolitischen Entscheider werden mit Sicherheit auch keinen irrsinnigen Blutsäufer wie Kadyrow in die Nähe der Macht kommen lassen.

  • Gute Idee !



    -Dann sollten wir aber auch die Bürger von Moskau und St. Petersburg abstimmen lassen, ob sie lieber zu Russland oder zur Ukraine gehören wollen... !

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Russland läuft gegenwärtig Gefahr, die Kontrolle über die strategischen Städte zu verlieren, die für die weitere Okupation & Repression der Stadt Cherson einschließlich der Krim von entscheidender Bedeutung sind.

    Möglicherweise wird bald eine verzweifelte russische Streitmacht mit dem Rücken am Fluss Dnipro stehen. Putler wird politisch nicht in der Lage sein, einen Rückzug aus Cherson zu genehmigen.

    Die Ukraine diktiert momentan das operative Tempo. Ob Russland noch irgendwelche Ambitionen oder die Fähigkeit hat, in die Offensive zurückzukehren ist gegenwärtig nicht zu erkennen.

    Die Ukraine schafft an jedem Tag schneller Probleme für die russischen Besatzer, als sie effektiv lösen können.

    Im Internet kursieren Videos von russischen Rekruten, die nachts bei minus 5 ° C Lagerfeuer auf Feldern entzünden. Ob diese Art erzwungener Lagerfeuerromantik die Moral erzeugt, die Russen benötigen, um den völligen Irrsinn und die Idiotie ihres Treibens zu verdrängen, um innere Kampfkraft zu generieren, bleibt abzuwarten.

    Nach Aussagen von Militärs, die es wissen müssen, sei Russlands kopfloser Wochenendrückzug an der Nordfront aus Lyman trotz des Befehls zur Verteidigung und zum Verbleib erfolgt.

    Und das ist die positive Nachricht: Russische Soldaten stellen ihr Leben, wenn es bedroht wird, über die Befehle Putlers. Weiter so.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Ich kann mir nicht helfen. Die ganze Sache mit den Meldungen über russische Verlustse und mehr oder weniger überstürzte Rückzüge stinkt.



      Mich würd's ja freuen, wenn's stimmt - aber Krieg ist zu wenig vorhersagbar, als dass ich schnell auf diesen Zug springe.



      Was wenn er nur seine Leute aus dem Gebiet rausholt, das er verstrahlen will?

  • "Der ukrainische Präsident erklärt sich zu Verhandlungen mit Moskau bereit, aber ohne den Kremlchef".

    Dieser Vorschlag ist verständlich, aber Putin ist noch der Präsident Russlands.

    Dialog ist aber richtig und wichtig!



    Am besten von Westmächten inkl. Ukraine mit Russland zu Frieden und mehr wirklich gutem Miteinander für die Zukunft, für mich wäre das der Beste aller möglichen Wege.

    Im Frieden und mit gutem Miteinander lassen sich alle Probleme weltweit am besten lösen.

    • @felix :

      "Im Frieden und mit gutem Miteinander lassen sich alle Probleme weltweit am besten lösen."

      Daran besteht kein Zweifel, genauso wenig wie daran, dass das mit Putin auf Dauer undenkbar ist.

    • @felix :

      Das ist schon sehr erstaunlich was Sie von sich geben.

      In den russisch besetzten Gebieten gibt es keine Bürger und nicht einmal einklagbare Menschenrechte.



      Andauernde Verbrechen und Deportationen sind belegt.



      Aus Kaliningrad zielen Atomraketen auf Warschau und Berlin.



      Das russische Regierungshandeln folgt einer skrupellosen imperialen Rationalität.

      Es ist eigentlich nicht meine Art moralisch zu argumentieren, aber all das Genannte scheint Sie nicht zu stören.

      Und dieser Zustand sollte mit einem Friedenschluss auf Basis des jetzigen Status Quo für unbestimmte Zeit festgeschrieben werden?

      Die russische Armee muss raus aus der Ukraine. Ich denke inzwischen sogar, dass es kaum vorstellbar ist, dass Russland die Krim behält.

      Putin hat alles verzockt.

      • @Waage69:

        Ich sehe die Schuld für die fruchtbaren aktuellen Probleme nicht nur bei Russland.



        Das aktuelle Leid und der Krieg ist auch für mich furchtbar und völlig verkehrt, ich bin absoluter Pazifist - deswegen bin ich der Meinung, wir brauchen weltweit mehr Frieden und gutes Miteinander, denn damit kann man Alles verbessern !

        Mit Frieden und mehr gutem Miteinander kann man doch die bestehenden Probleme aus der Welt schaffen, und nach Möglichkeit in Frieden und gutem Miteinander gut gemeinsam Leben, viel besser als bisher.

      • @Waage69:

        Ein Waffenstillstand beim Status-Quo mit einer womöglich UN-gesicherten Entmilitarisierten Zone wäre ein Sieg für Putin.



        Denn er könnte einfach neue ungestörte Vorbereitungen treffen für die nächste Runde in 3 Jahren.



        Oder diese Trennung wird so stabil und tief wie die zwischen Nord- und Südkorea seit nunmehr fast 70 Jahren...

    • @felix :

      Falls Sie es noch nicht gemerkt haben: dieses Russland will keinen Frieden oder auch nur ein gutes Miteinander. Wo leben Sie eigentlich?

      • @Fran Zose:

        In unserer gemeinsamen Welt, meines Wissens waren die letzten großen Angriffe auf Russland von Deutschland und Frankreich, nicht umgekehrt.



        Ich bin generell für eine Zukunft mit mehr Frieden und gutem Miteinander, weltweit, damit kann man Alles verbessern.

  • Vor 1 Stunde kamen die ersten Bilder aus den befreiten Städten Dawidyw Brid und Welyka Olexandriwka.

    Die russischen Verteidigungslinien im gesamten Norden der Oblast Cherson sind damit (und mit dem Vorstoß am Dnipro vorgestern) ausgehebelt. Bis runter nach Beryslaw/Nowa Kachowka nur noch kleine Dörfer, in denen sich russische Truppen eingebunkert haben, und die zu gegebener Zeit (wenn die russische Lage erkennbar aussichtslos ist) befreit werden - es ist sinnlos, ukrainische Truppen in Sturmangriffen zu verheizen.

    Die Zeit der Kommandoanarchie in Cherson, die ironischerweise die ukrainische Offensive verlangsamte - die russischen Truppen steckten in Abwesenheit einer klaren Kommandostruktur an Ort und Stelle fest, und konnten nicht anders, ihre Stellungen zu befestigen - ist seit vorgestern vorbei, aber der neue russische Oberkommandant Generalleutnant Roman Berdnikow (der Schlächter von Syrien) übernimmt eine zerfallende Front mit demoralisierten Truppen, die seit mehr als einem Monat ohne verlässlichen Nachschub sind, und deren Verstärkung nicht einsatztauglich ist.



    "Na dann sieg mal schön..."

    Wie ich vor 3 Wochen sagte: die Cherson-Offensive ist keine der Charkiw-Offensive untergeordnete "Ablenkung", sondern es sind zwei sich gegenseitig unterstützende Großoffensiven, mit dem strategischen Ziel, die logistischen Herausforderungen für das russische Militär unlösbar zu machen.

    Die Notwendigkeit, jetzt Cherson zu verstärken, schwächt die Verteidigung der "Volksrepublik Luhansk", und erleichtert die nächste ukrainische Offensive dort.

    Und so wird das weitergehen - mal Erfolge im Südwesten, mal im Nordosten. So wird eine ständige Folge guter Nachrichten für Ukraine und schlechter für das Putin-Regime nahezu (soweit man das in einem Krieg überhaupt kann) sichergestellt. Bis die russischen Truppen so ausgedünnt und zermürbt sind, dass - naja, Dinge sind in Arbeit. Aber alles zu seiner Zeit.

    • @Ajuga:

      Ich wollte, Sie hätten recht. Aber es ist so unglaublich, dass Putin weiterhin so tut, als liefe alles nach Plan, als bekäme er von diesen Abläufen überhaupt nichts mit. Wenigstens er kann doch alle Medien der Welt ungefiltert nutzen.



      Bucht der das alles als ganz groß konzertierte Propaganda-Inszenierung zentral gelenkter West-Medien ab? So blöd kann er doch nicht sein?

  • Der Gedanke, dass nur eine (echte, also von der UN organisierte und überwachte und ohne russische Bevormundung stattfindende) Volksabstimmung in den strittigen Ostprovinzen eine akzeptable Lösung bringen kann, hat Anfang Juni schon Edward Luttwak an Selenski übermittelt.



    www.focus.de/polit..._id_107944055.html



    Das ist selbstverständlich ernstzunehmen. Dazu müsste die russische Armee diese Gebiete aber erstmal verlassen (die ukrainische Verwaltung natürlich ebenso, wie 1920 in Ostpreußen halt).



    Auf dieses Ziel sollte man auf jeden Fall hinarbeiten, auch international, insoweit unterstütze ich Musks Idee, obwohl ich ihn sonst überhaupt nicht mag und die Art, wie er sich äußert, auch nicht ganz durchdacht scheint, weil er offenbar einen russischen Abzug nicht für nötig hält. Daneben muss aber eben sicherlich auch die ukrainische Seite in ihrem Beharren auf der kriegerischen Option und dem unnachgiebigen Wiedereroberungsdrang gebremst werden.



    Vor allem die hiesigen Unterstützer der Ukraine müssten endlich begreifen, dass Wiedereroberung verlorener Gebiete kein Menschenrecht ist, sondern im Kern ein revisionistisch-nationalistisches Anliegen, das feministischer Außenpolitik diametral widerspricht ( taz.de/Schwere-Waf...-Ukraine/!5850577/ ). Menschenrechte haben die Bewohner dieser Provinzen, die endlich ein Ende des Krieges wollen, egal ob sie für oder gegen Russland sind.



    Insofern ist die Debatte zwischen Musk und Selenski ein guter Anstoß zum Umdenken. Wenn man sich die jüngsten Aussagen Selenskis ansieht, hat das auch einen gewissen Effekt. Er steht jetzt offenbar nicht mehr so sehr unter dem Druck der Ultras wie noch vor einigen Wochen und schließt eine Verhandlungslösung (ohne Putin, aber das ist m.E. auch richtig) nicht aus.

    • @Günter Picart:

      Wie soll denn sicher gestellt werden, dass an einer solchen Abstimmung, Referendum der entsprechende Teil der mehr als 2 Millionen (!) Ukrainer teilnehmen kann, der nach Russland "geflohen ist" oder "deportiert wurde" - je nach Sichtweise.



      Wo sind die und wie kämen die ggf wieder ohne Repressalien wieder in die Ukraine zurück?



      Dürften nur die Erwachsenen zur Stimmabgabe in die Ukraine - und die Kinder bleiben unter russischer Kontrolle?



      Na, dann gute Nacht.

    • @Günter Picart:

      Die Ukrainer "beharren auf Krieg", und verfolgen mit ihrem "unnachgiebigen Wiedereroberungsdrang" ein "im Kern "revisionistisch-nationalistisches Anliegen".



      Ihre Argumentation ist Täter-Opfer-Umkehr in Reinkultur.



      Was sagt Herr Luttwak eigentlich zur Krim, und zu den Gebieten Zaporozhje, Cherson und Mykolayiv? Müssen die Ukrainer da auch Abstimmungen veranstalten, oder "dürfen" sie diese Gebiete zurückerobern? Und dürfen die Russen im Gegenzug eine Wunschliste bei der UN einreichen, wo sie noch überall "abstimmen" wollen - Kiev, Odesa, Charkiv...?



      (Mein Eindruck ist ja, dass Herr Luttwak, wie Musk, die Krim für "russisch" hält, aber ich frage Sie, weil Sie diesen Experten ins Spiel bringen).



      Sie irren sich übrigens, wenn Sie Selenskys neue Position als "versöhnlicher" interpretieren als die vorherige. Das Gegenteil ist der Fall. Die bisherige Position war (und dies konsistent, vom ersten Kriegstag an): Freiwilliger Rückzug der Russen auf die Position vom 23.2.2022 als Vorbedingung für einen Waffenstillstand und danach Verhandlungen. Diese Option ist durch die Annektion, und Putins Rede vom 30.9. obsolet. Putin hat in dieser Rede die Ukrainer zu Verhandlungen aufgerufen und im selben Satz erklärt, über die "annektierten" Gebiete werde Russland nicht verhandeln, weil diese nun auf ewig zu Russland gehören würden. Putin allein (!) hat also die Tür für eine Verhandlungslösung zugeschlagen, endgültig und vor allem: bewusst und absichtlich. Dieser Krieg ist der neue und gewollte Zustand seiner Herrschaft, es ist Putin der "auf Krieg beharrt". Deswegen wird dieser Krieg nun so zuende gehen, wie es Putin allein (!) entschieden hat: Mit der Vertreibung der russischen Armee von ukrainischem Territorium mit militärischen Mitteln. Und danach gibt es entweder einen eingefrorenen Konflikt entlang der Staatsgrenze von 1991, bis in Russland wieder Verhandlungspartner auftauchen, die man ernstnehmen kann, oder Putins Herrschaft endet bereits während dieser Rückeroberung.

      • @Barbara Falk:

        Nur mal so zum Nachdenken für Sie, Frau Falk: Der Anteil der russischen Bevölkerung beträgt auf der Krim 60 %. Können Sie überall nachlesen.



        Die Krim wurde erst 1954 durch Chruschtschow der Ukraine angegliedert, nachdem sie vorher 170 Jahre zu Russland gehörte.



        All den "Gut gegen Böse"-Verfechtern (einschließlich unserer noch etwas unerfahrenen Außenministerin Baerbock mit ihrer "werteorientierten Diplomatie" - deshalb kommt LNG-Gas dank ihres kongenialen Kollegen Habeck auch aus dem Mutterland der Menschenrechte, Katar) sei gesagt: Hier ist nicht Dänemark oder Schweden von Putin überfallen worden, sondern ein Zweivölkerstaat (im Osten). Und deswegen ist Selenskis Forderung nach "Rückeroberung" der Ukraine mit Skepsis zu sehen. Übrigens hat nicht Polen die meisten Flüchtlinge aufgenommen, sondern Russland mit 3 Millionen. Kann man mühelos hier in der TAZ nachlesen. Warum haben die wohl die Ukraine in diese Richtung verlassen?



        Insofern ist der Vorschlag von Herrn Musk absolut diskutabel, in der "Gut-Böse"-Welt, die in Deutschlands Medien vorherrscht, kann man dafür natürlich nur verrissen werden. Der Möchtegern-Diplomat Melnyk mit dem Auftreten eines polternden Kneipenbesuchers ("fuck you" gegenüber Musk) passt da perfekt ins Bild.

        • @Kobolt:

          "Der Anteil der russischen Bevölkerung beträgt auf der Krim 60 %. Können Sie überall nachlesen."

          Wenn es nur um die Krim ginge, wäre eine zeitnahe Verhandlungslösung auch denkbar. Geht es aber nunmal nicht.

          Ich sehe die Wahrscheinlichkeit eines Kriegsendes unter Putin mittlerweile auch als nicht nur unwahrscheinlich, sondern extrem gering an, im einstelligen Prozentbereich.

          Mittlerweile ist allen politischen Entscheidern klar, dass es nur ein temporäres Ende wäre. Ein Ende, dass vollkommen nutzlos wäre und nur aufschiebt, ein Ende, dass zu größerem Unheil in der Zukunft führt.

        • @Kobolt:

          Königsberg ist heute Russland. Wo ist der Anfang und das Ende von Gebietsansprüchen seit dem 2 Weltkrieg oder innersowetischen Befindlichkeiten. Die Unverletzlichkeit der Grenzen der Ukraine wurde vertraglich vereinbart.

        • @Kobolt:

          Dass die Krim "erst" 1954 zur Ukraine -innerhalb der Sowjetunion- zur Ukraine kam, wird damals nicht so einen großen Unterschied gemacht haben.



          Aber auch die russisch-stämmige Bevölkerung wird doch seit 1990 mit der Zugehörigkeit zur Ukraine wahrnehmbar besser gefahren sein, als sie jetzt Aussicht hat unter einer Putin-Herrschaft besser zu leben.

        • @Kobolt:

          „Nur mal so zum Nachdenken für Sie“.



          Ich habe, nachdem ich nachgedacht habe, die aus meiner Sicht realistischste Prognose genannt, wie dieser Krieg, nach Putins Orwellianischer Annektionsfeier, weiter und zuende gehen wird.



          Was ist den ihre Prognose?

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Barbara Falk:

        Sie haben absolut recht, dass Putin durch die Annexion sich eine Zwangslage aufgebaut hat, die er nicht ohne Gesichtsverlust verlassen kann. Der Zweck ist dabei klar: Verhandlungen zu Russlands Bedingungen. Ich bezweifle das Russland das durchsetzen können wird.

        Die Täter-Opfer-Umkehr müssen Sie jedoch auch von der anderen Seite sehen: seit 2014 wird der Donbass von der Ukraine militärisch beschossen. Da wurde nicht auf Verhandlungen, Entschärfung oder Deeskalation gesetzt, sondern auf Gewalt. Dieser Graben ist ziemlich tief. Hier gibt es zwei Täter (beide Armeen) und die Opfer sind die Zivilisten. Dieser Konflikt wird von Putins Krieg überschattet und findet erst nachträglich durch die Gewalttaten der Russischen Armee seine Legitimation. Und mir ist kein Zeitpunkt aufgefallen, an dem Kiew von seiner Rückforderung von Luhansk/Donbass abgewichen wäre.

        Hinzu kommt der Bau eines Dammes, der die Krim von der Wasserversorgung abgeschnitten hat. Zugang zu Wasser ist seit 2010 ein Menschenrecht, nur so am Rande.

        Beides Argumente die heute kaum gehört werden wollen, aber durchaus legitim sind.

        Kurzum: Die „Forderungen“ von Elon Musk sind durchaus diskutabel. Und ja, die Rückeroberung der Gebiete die man 8 Jahre lang beschossen hat, ist durchaus nationalistisch einzuordnen.

        • @83191 (Profil gelöscht):

          Irgendwie sehe ich Ähnlichkeiten zum Streit, wohin Elsaß-Lothringen oder das Saarland denn nun gehören, zu Frankreich oder zu Deutschland. Und es wurde hin und her besetzt und erobert. Und die jeweilige gewaltsame "Rück-"eroberung hatte jedesmal Beschuß und militärische Gewalt gegen die lokale Bevölkerung zur Folge - egal auf welcher Seite sie stand und wer gerade militärisch die Oberhand hatte.



          Ich sehe nicht, wie man in der Ostukraine einen Zustand für eine gültige Abstimmung erreichen kann. Außer vielleicht: 5 oder 10 Jahre ausschließlich UNO-Truppen in der Region. Und Rückführung der Flüchtlinge.

        • @83191 (Profil gelöscht):

          Die Ukraine hat nicht „acht Jahre den Donbas beschossen“, und schon gar nicht auf Gewalt gesetzt, um die Gebiete wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie geben unkritisch ein russisches Narrativ wieder, das nicht der Wirklichkeit entspricht. 2014 und 2015 hat die russische Armee im Donbas verdeckt Krieg gegen die Ukraine geführt, es starben im Donbas 2014 etwa 2000 Zivilisten und 2015 900. Dann könnte der Krieg durch Bemühen der westlichen Staaten und der Ukraine eingefroren werden, und die zivilen Opferzahlen gingen stark zurück. Und die allermeisten dieser Opfer starben nicht durch Beschuss, sondern durch (2014 und 2015 gelegte und, vor allem auf dem Territorium der „Volksrepubliken“, nicht geräumte) Minen und andere Unfälle mit nicht detonierter Munition. 2020 starben, auf beiden Seiten der Demarkationslinie zusammengenommen, 26 Zivilisten, und 2021 25.

          • 8G
            83191 (Profil gelöscht)
            @Barbara Falk:

            Tatsächlich übernehme ich bzgl des Konfliktes seit 2014 eher die Linie der OSZE. Der Konflikt wurde von beiden Seiten geführt. insbesondere kurz vor Beginn des Krieges 2022 ist die Zahl der Angriffe nochmal regelrecht eskaliert. Von der russischen Propaganda halte ich sehr wenig.

            Bei ihrer Angabe bzgl Toten Zivilisten übersehen sie, dass Männer in den Volksrepubliken massiv zwangseingezogen wurden und Zivilisten sich logischerweise von der Kontaktlinie fern hielten. Und bei den Volksrepubliken bezweifle ich, dass das alles Freiwillige waren, im Gegenteil. Die hatten keine Wahl ob sie kämpfen. Ob dann einfach alle Männer pauschal als „Rebellenkämpfer“ bezeichnet wurden, insbesondere da die OSZE ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zu den Stellungen der Volksrepubliken durch gelassen wurde.. keine Ahnung ehrlich gesagt. Aber den Zivilisten trennt von einem Soldaten im Zweifel nur die Waffe, und die kann einem schnell in die Hand gedrückt werden.

            Aber alle Achtung einen Konflikt mit mindestens 14.000 Toten auf „gerade mal 26 Tote Zivilisten in einem Jahr“ zu reduzieren.. Krass.

            • @83191 (Profil gelöscht):

              Aber alle Achtung einen Konflikt mit mindestens 14.000 Toten auf „gerade mal 26 Tote Zivilisten in einem Jahr“ zu reduzieren.. Krass."



              Zivile Todesopfer im Donbas gemäß Berichterstattung des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte



              2014: 2084 (davon 298 Insassen des Malasian-Airline-Flugs MH 17)



              2015: 955



              2016: 112



              2017: 117



              2018: 58



              2019: 27



              2020: 26



              2021: 25



              ukraine.un.org/sit...%20corr%20EN_0.pdf



              "dass Männer in den Volksrepubliken massiv zwangseingezogen wurden" Dass viele Männer der "Volksrepubliken" bei dem sogenannten, von Russland orchestrierten "Bürgerkrieg" nicht freiwillig gegen die ukrainische Armee gekämpft haben, da stimmen ich ihnen ja zu. Aber wer hat die denn zwangseingezogen?



              Soldaten können im Kampf nicht feststellen, ob ihr Gegenüber zwangsrekrutiert wurde, und können darauf keine Rücksicht nehmen. Deshalb, und aus vielen anderen naheliegenden Gründen, ist die Zwangsrekrutierung von Zivilisten der gegnerischen Partei für das eigene Militär ein von der Genfer Konvention geächtetes Kriegsverbrechen.



              Die OSZE und die UN fassen Zwangsrekrutierte nicht unter zivile Opfer (weil das im Einzelfall schlicht nicht überprüfbar ist, und weil jemand, der bewaffnet ist, nunmal kein Zivilist mehr ist). Ich stimme Ihnen zu, dass die im Kampf gefallenen Zwangsrekrutierten Opfer sind. Aber sie sind Opfer derjenigen, die sie (völkerrechtswidrig) rekrutiert haben.



              Diese Zwangsrekrutierungspraxis wurde übrigens in den Gebieten Lughansk und Donetsk im Februar 2022 wieder aufgenommen, ein russisches Kriegsverbrechen von einem Ausmaß, das offenbar enorm, aber noch nicht genau absehbar ist.

      • @Barbara Falk:

        "Täter-Opfer-Umkehr" zieht hier nicht, es geht nicht um Täter und Opfer des Angriffs, sondern um die Beendigung des Kriegs, für die logischerweise Täter und Opfer völlig unabhängig von der Schuldfrage gleichermaßen gewonnen werden müssen. Das ist übrigens der Grundfehler der Ukraineunterstützer von Anfang an gewesen, aus der Opferrolle irgendwelche Sonderrechte hinsichtlich der Gewaltanwendung ableiten zu wollen. Auch Opfer müssen die Gewalt beenden, sobald sie zur Selbstverteidigung gegen den Angriff nicht mehr unabdingbar nötig ist. Das sind grundlegende Basics christlicher Kriegsethik.

        Was Selenski angeht, ist seine Position nie eins zu eins die der Scharfmacher gewesen (die ihn ja weniger als ein Jahr vor dem russischen Angriff noch wegen "Kapitulation" stürzen wollten). Er schwankt aber immer etwas hin und her, weil er mal stärker mal weniger stark unter dem Druck der Ultras steht und nicht alles frei sagen kann. Ein gutes Beispiel dafür ist die Krimfrage, wo er vor einigen Monaten zunächst eine militärische Rückeroberung ausschloss, weil sie zu viele Opfer fordere, dann wieder ganz anders klang (aber auch nicht explizit von Eroberung, sondern nur Rückgewinnung sprach) und jetzt wieder etwas verhandlungsbereiter spricht. Das mag ein Eintagsphänomen sein und ich finde die Gratwanderung Selenskis in diesen Dingen auch gut und geschickt gemacht. An sich ist Selenski recht vernünftig und kann auf seine breite Popularität bauen, etwas Sorge muss man nur haben, ob er letztlich nicht doch unter dem Druck der Ultras nicht anders kann als eskalieren.

        • @Günter Picart:

          Nochmal: Selensky hat sich von irgendwelchen Falken oder „Ultras“ nicht beirren lassen und hat Putin sieben Monate lang eine goldene Brücke für einen Weg raus aus diesem Krieg gebaut. Putin allein hat diese Brücke am 30.9. eingerissen.



          Was Sie „Sonderrechte hinsichtlich der Gewaltanwendung“ nennen, ist nichts anderes als das von der Ukraine wahrgenommene völkerrechtlich verbriefte Recht von Staaten auf Selbstverteidigung gegen einen militärischen Aggressor.



          „Auch Opfer müssen die Gewalt beenden, sobald sie zur Selbstverteidigung gegen den Angriff nicht mehr unabdingbar nötig ist. „



          Sie scheinen der Ansicht zu sein, die Ukrainer würden aktuell exzessive, vom Völkerrecht auf Selbstverteidigung nicht mehr gedeckte Gewalt ausüben. Inwiefern? Könnten Sie das bitte erläutern.



          Auf meine Rückfragen zu den von Ihnen angeregten Referenden unter der Kontrolle der UNO sind Sie leider nicht eingegangen.



          „etwas Sorge muss man nur haben, ob er letztlich nicht doch unter dem Druck der Ultras nicht anders kann als eskalieren.“



          Was verstehen Sie unter Eskalation?

          • @Barbara Falk:

            Denke, wir sind uns einig, dass Selenski ein Glücksfall ist. Dass er nicht unter Druck radikalnationalistischer Akteure stünde, ist allerdings naiv anzunehmen. Akteure wie "informnapalm", Veteranenclubs usw. haben starke Rückendeckung und würden keinen Augenblick mit einer Verteufelung unpatriotischer Anwandlungen zögern, auch nicht gegenüber Selenski, den sie ja wie gesagt schon vor dem Krieg auf dem Kieker hatten.



            informnapalm.org/d...-fall-martschenko/



            Das wird auch nach dem Krieg nicht besser, wenn die Asow-Bewegung +/- 30% (meine Schätzung) der Stimmen in der Ukraine erhält. Natürlich muss sich Selenski darauf einstellen. Dass er trotzdem versucht, neben Pathos auch vernünftige Parolen auszugeben, ist wie gesagt ein Glücksfall.

            Zur Selbstverteidigung: Momentan ist es denke ich richtig, die russischen Invasoren weiter auch militärisch unter Druck zu setzen, keine Frage. Auch die Losung, Russland zum Sturz Putins zu drängen (zB indem man Verhandlungen mit Putin ausschließt), ist wie gesagt aus meiner Sicht im Moment richtig. Die russische Eskalation durch die Annexionen kann keine Basis für Verhandlungen sein. Das Problem an der ukrainischen Haltung bleibt dennoch die unreflektierte Präferenz für eine (letztlich unerreichbare, wie Musk ja richtig feststellt) militärische Lösung sämtlicher Fragen. Das entspricht auch nicht den Versprechungen, die von Ukraineunterstützern gemacht wurden (etwa Borrell, der nach seinem gruseligen Schlachtfeldsager dann doch einräumte, es gehe militärisch nur darum, die Ukraine in eine günstige Lage für Verhandlungen zu bringen). Dieser Punkt ist irgendwann erreicht.



            Selbstverständlich sind die ukrainischen Ansprüche völkerrechtlich völlig berechtigt. Auch für die Krim sehe ich nach dem Angriff vom 24.2. eine völlig andere argumentative Ausgangslage als vorher. Der springende Punkt ist aber, dass all diese Dinge nicht militärisch erzielt werden dürfen.

  • Da hat ein Privatmann seine Meinung gesagt, nichts weiter.



    Alle halten sich für kompetent, für alles Mögliche, insbesondere Leute wie wir, die ihren Sermon in Foren wie diesem zum Besten geben. Das ist ebenso absurd; wir tun es trotzdem.

    • @Günter:

      Es ist aber doch unverkennbar, dass das Diskussionsniveau auch bei unverwandten Themen in diesem Forum erheblich gestiegen ist, seit wir hier endlich wieder faktenbasiert über Sachthemen und Faktenfragen diskutieren können, und nicht mehr irgendwelche Erwins jeden Versuch einer Debatte durch stumpfes Dazwischenblöken der letzten RT-Propagandalügen zum Entgleisen bringen!

      Wer eine mündige und einer freiheitlichen Demokratie angemessene öffentliche Auseinandersetzung mit den Themen der Zeit will, kommt in Krisenzeiten leider nicht umhin, die Klonarmee der Volksverhetzer aus dem "Diskurs" auszuschließen. Ob man das mit Karl Popper begründet oder mit Carlo Schmidt, ist lediglich eine Frage der eigenen politischen Positionierung.

    • @Günter:

      Natürlich kann Elon Musk seine Meinung sagen, wie wir alle anderen auch und egal wie kompetent er damit ist.



      Er darf auch als Unternehmer seine Meinung äußern und z.B. auch zu allg. gesellschaftlichen u. pol. Themen, Fragen, Ereignissen Stellung nehmen.



      Nur sollte nicht der Eindruck entstehen und der "Glaube" gefördert werden, dass z. B. hier ein Unternehmer mehr als eine ihm zustimmende Gruppe um sich schart. Unternehmerisches Handeln is so Interessen geleitet wie anderes auch. Man wirbt um Zustimmung und tut dies in der Öffentlichkeit kund.

      Doch das darf nicht damit verbunden sein, dass aus einer so gewonnenen Zustimmung ein demokratisch legitimiertes Recht behauptet wird, dass mit so einer mehr oder wenig großen Zustimmung eine Art mehrheitliche "Wahlentscheidung" getroffen wäre, der die Gesellschaft deshalb zu folgen hätte.

      Vielleicht/wahrscheinlich sieht das Musk - theoretisch - so auch nicht. Doch persönliches Machtstreben und der Antrieb von den Konzeninteressen her, lassen es so unwahrscheinlich nicht erscheinen, dass eine solche meinungslenkende Öffentlichkeitsstrategie von einem Konzern angewandt werden könnte. Doch z. B. auch Gewerkschaften dürfen/müssen selbstverständlich auf ihren Interessenvertretungsanspruch pochen können, mit Verweiß auf ihre Mitgliedschaft.

      Doch darf daruas kein Vertretungsrecht (Mehrheit) der ganzen Gesellschaft werden. Das verbietet das demokratische System. Dafür stehen zuerst Wahlen und Parlamente.



      Das darf nicht unterlaufen werden, durch Machtinteressen (die ja auch Stiftungen, Think-Tanks, NGO´s durchaus haben dürfen). Die wie wir wissen, so ja durchaus vorgehen. Das würde aber letzt endlich zu einer Art Feudal-Demokratie führen, wo neben Bürgerinnen und Bürgern qua "Gesetz" Institutionen mit eigenem Stimmrecht mit eingreifen dürften.

      Da muss sehr krtisch dann darauf geschaut werden, ob gesellschaftlich mächtige Menschen und Gruppen sich in diese Richtung bewegen oder gar so etwas bewusst herbei führen wollen.

      • @Moon:

        Gut, der Mann bring enormes zu stande, mit seine Leuten, die er inspiriert. Ob das nun gut oder schlecht ist darf jederzeit von anderen besprochen werden.



        Aber der Eindruck, wie Sie sagen, entsteht immer in den Köpfen der jeweiligen Betrachter, die jederzeit die Möglichkeit haben, nicht nur kritisch auf etwas zu schauen, sondern etwa durch eigene Leistung und Anstrengung etwas zu Stande zu bringen und dadurch an Einfluss zu gewinnen.

    • @Günter:

      Nur ist Elon Musk nicht irgendwer.

      Starlink spielt im Ukrainekrieg eine nicht unbedeutende Rolle. Musk hat der Ukraine das System nach meiner Erinnerung im Februar sogar teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt. (Aktuell wird der Betrieb wohl von den USA bezahlt.)

      Damit ist es den Russen faktisch unmöglich, das ukrainische Internet zu zerstören bzw. auch abgelegene Truppenteile kommen ins Netz.

      Der Mann hat in diesem Krieg also einigen Einfluss.

      • @Sonntagssegler:

        Das ist die alte Geschichte. Wer sich anstrengt und etwas leistet, bringt es zu Einfluss. Jeder hat die Möglichkeit dazu.

  • Ein Unternehmer hält sich für kompetent scheindemokratische Abstimmungen auf einem Sozialen Medium abzuhalten über eine Nation, mit der er nichts zu tun hat. Absurder kann es nicht mehr zugehen.