+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel zieht sich aus Netzarim-Korridor zurück
Nach Angaben der Gaza nun wieder kontrollierenden Hamas, verlässt das israelische Militär den Korridor, der Nord- von Südgaza trennte.
Rückzug aus Netzarim
Das israelische Militär hat sich der Hamas zufolge aus dem sogenannten Netzarim-Korridor zurückgezogen, der den Gazastreifen in einen Nord- und einen Südteil teilt. Der Abzug ist Teil des Abkommens zur Waffenruhe zwischen Israel und der radikalen Palästinenser-Organisation. In israelischen Sicherheitskreisen wird bestätigt, dass das israelische Militär von seinen Stellungen im Zentrum des Gazastreifens abziehe. Es hatte seine Präsenz dort bereits verringert. Eine offizielle Stellungnahme des israelischen Militärs gibt es zunächst nicht.
Seit den ersten Kriegsmonaten hatten israelische Streitkräfte den etwa 6,5 Kilometer langen Korridor südlich der Stadt Gaza besetzt, der sich von der israelischen Grenze bis zum Mittelmeer erstreckt. Die Hamas feierte den Rückzug des israelischen Militärs als Sieg. Sie schickt Polizei in das Gebiet, um den Zustrom der in den Norden zurückkehrenden Palästinenser zu kontrollieren. (rtr)
Israelische Armee weitet Einsatz im Westjordanland aus
Die israelische Armee weitet nach eigenen Angaben ihren Einsatz im besetzten Westjordanland aus. Sicherheitskräfte hätten eine Reihe militanter Palästinenser in Nur Schams getötet, teilt ein Militärsprecher mit. Zudem seien mehrere gesuchte Personen festgenommen worden. Das israelische Militär, das auch die international nicht anerkannten jüdischen Siedlungen im Westjordanland sichert, geht seit einiger Zeit massiv gegen Palästinenser vor. Es gab zahlreiche Razzien, die sich nach israelischen Angaben gegen Extremisten richten.
Derzeit ist ein großangelegter Einsatz des israelischen Militärs, der Polizei und des Geheimdienstes in Dschenin im Gange. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen hat auch die Gewalt im Westjordanland erheblich zugenommen. Es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen militanten Palästinensern einerseits und radikalen israelischen Siedlern beziehungsweise Sicherheitskräften andererseits. Tausende Palästinenserinnen und Palästinenser wurden von israelischen Sicherheitskräften festgenommen, Hunderte Menschen wurden getötet – bewaffnete Personen und unbeteiligte Zivilisten. Auf der anderen Seite kamen Dutzende Israelis bei Angriffen von Palästinensern im Westjordanland ums Leben. (rtr)
Hamas nutzt Geiselübergabe für Machtdemonstration
Vermummte Bewaffnete, triumphale Gesten, hunderte Schaulustige und drei zur Schau gestellte abgemagerte und erschöpfte Männer: Erneut hat die radikalislamische Hamas im Gazastreifen die Freilassung israelischer Geiseln für eine sorgsam choreografierte Machtdemonstration genutzt. Israels Präsident Isaac Herzog sprach von einem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. In Tel Aviv sorgten die Bilder der von der Gefangenschaft gezeichneten Geiseln für Entsetzen.
Auf einem Platz in der Stadt Deir el-Balah im Zentrum des Gazastreifens, an dem die die drei Geiseln – der Deutsch-Israeli Ohad Ben Ami sowie Or Levy und Eli Sharabi – an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes übergeben wurden, versammelten sich Hunderte von Schaulustigen.
Reihen von schwarzen Pickups säumten den Ort des Geschehens, Lautsprecher übertrugen martialische Musik, während zahlreiche vermummte Kämpfer eine Absperrung bildeten – um „Verwirrung und Chaos zu vermeiden“, wie es aus Hamas-Kreisen hieß. Einige Schaulustige kletterten für eine bessere Sicht auf Werbetafeln. Über der Szene wehten palästinensische Flaggen und Flaggen der Hamas. Daneben marschierten hunderte uniformierte und bewaffnete Männer mit schwarzen Sonnenbrillen und Munition vor der Brust auf. Eine Frau warf den Kämpfern Blüten von Blumen entgegen.
Sichtlich abgemagert, erschöpft und desorientiert wurden die Geiseln auf eine improvisierte Bühne geführt. Mithilfe eines Mikrofons verlasen alle Geiseln mit leeren Blicken eine Erklärung auf Hebräisch, während hinter ihnen große Banner mit zerstörten israelischen Armeefahrzeugen den „völligen Sieg“ der Hamas verkündeten. Die choreografierten Wortbeiträge beantworteten die Hamas-Kämpfer mit „Allahu-Akbar“-Rufen (Auf Deutsch: Gott ist groß). Dann wurden die freigelassenen Geiseln vom Roten Kreuz an die israelische Armee übergeben und endlich in Freiheit gebracht. (afp)
Weitere Geiseldeal-Verhandlungen laufen schleppend
Angehörige der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln werfen Israels Regierung vor, die nächste Runde der Waffenruhe-Gespräche mit der Hamas nicht entschlossen genug anzugehen. Sie kritisieren das begrenzte Mandat der israelischen Delegation, die zu den Verhandlungen nach Katar geschickt wurde, und warnen vor einer Wiederaufnahme des Gaza-Kriegs.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe die Unterhändler angewiesen, vorerst nur über „technische Einzelheiten“ zu verhandeln, berichteten israelische Medien unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte. Die Delegation ist demnach auch weniger hochkarätig besetzt als bei früheren Runden: Ihr würden nicht die sonst meist nach Doha entsandten Chefs des Auslands- und Inlandsgeheimdiensts angehören, sondern diesmal nur höhere Beamte sowie der israelische Geisel-Koordinator, der pensionierte General Gal Hirsch.
Die indirekten Gespräche in Doha, bei denen Katar, Ägypten und die USA vermitteln, sollen sich um die zweite Phase der Waffenruhe drehen, die Ende des Monats beginnen müsste. Diese soll zu einem endgültigen Ende des Kriegs und zur Freilassung der restlichen Geiseln führen, die noch am Leben sind. „Wir werden alles tun, um unsere Geiseln nach Hause zu bringen“, versprach Netanjahu in einer Videobotschaft. „Wir werden die Hamas eliminieren, und wir werden unsere Geiseln nach Hause bringen.“ Das Kabinett werde am Sonntag zusammentreten, um die zweite Phase der seit 19. Januar geltenden, aber fragilen Waffenruhe zu erörtern. Ein Verschwinden der Hamas aus Gaza, wo sie 2007 die Macht an sich gerissen hatte, ist unter den geltenden Bedingungen des Waffenruhe-Abkommens kaum vorstellbar.
Ein Mitglied des Hamas-Politbüros namens Bassem Naim sagte dem arabischen Sender Al-Jazeera, die Islamistenorganisation sei bereit dazu, alle Hürden für die Umsetzung des Abkommens aus dem Weg zu räumen. Allerdings wende Israel „schmutzige Tricks“ an und unterlaufe damit die Abmachung. Dass Hilfslieferungen verzögert und weiterhin Palästinenser im Gazastreifen getötet würden, gefährde den mühsam ausgehandelten Deal. (dpa)
Geiseln aus Thailand kommen in ihrem Heimatland an
Fünf aus Thailand stammende ehemalige Geiseln der Hamas sind in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie wurden am Flughafen Bangkok von ihren Angehörigen empfangen. Sie seien sehr gerührt und dankbar, sagt einer der Rückkehrer. Die Thailänder wurden bereits vor eineinhalb Wochen von der Hamas freigelassen. Nach israelischen Angaben hatte die Hamas bei ihrem überraschenden Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 rund 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt und etwa 1200 Menschen getötet, darunter Israelis und Ausländer. Während des Angriffs töteten Hamas-Kämpfer demnach 41 Thailänder und entführten 30 thailändische Arbeiter. Vor dem Konflikt arbeiteten etwa 30.000 Thailänder in Israels Landwirtschaft. Fast 9000 von ihnen kehrten nach dem Hamas-Angriff nach Thailand zurück. (rtr)
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