piwik no script img

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Israel kalibriert seinen Schlag

Israel will keine Atom- oder Ölanlagen im Iran angreifen. Unifil-Truppen im Libanon wollen trotz israelischer Warnungen ihre Stellungen halten.

Wollen trotz israelischer Warnungen ihre Stellungen halten: Blauhelm-Truppen der Unifil im Libanon Foto: Taher Abu Hamdan/XinHua/dpa

Israel will weder Irans Atom- noch Ölanlagen angreifen

Israel will seinen geplanten Vergeltungsschlag gegen den Iran einem Bericht zufolge auf militärische Einrichtungen konzentrieren und Atom- und Ölanlagen verschonen. Das habe der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der US-Regierung mitgeteilt, berichtete die Zeitung Washington Post unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Beamte. Bei ihrem Telefonat am 9. Oktober habe Netanjahu dem US-Präsidenten Joe Biden gesagt, er plane, militärische Infrastruktur im Iran anzugreifen.

Netanjahus Büro teilte zu dem Bericht mit: „Wir hören uns die Ansichten der Vereinigten Staaten an, aber wir treffen unsere endgültigen Entscheidungen auf der Basis unserer nationalen Sicherheitsinteressen.“

Vor zwei Wochen hatten Irans Revolutionsgarden rund 200 ballistische Raketen auf den jüdischen Staat gefeuert. Israel kündigte daraufhin Vergeltung an.

Ein israelischer Angriff auf den Iran solle vor den US-Wahlen am 5. November erfolgen, sagte ein mit der Angelegenheit vertrauter Beamter der Zeitung weiter. Würde Israel nicht reagieren, könnte das vom Iran als Zeichen der Schwäche interpretiert werden.

US-Präsident Biden hatte deutlich gemacht, einen israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen nicht zu unterstützen. Laut Analysten könnte ein Angriff auf Ölanlagen die Energiepreise nach oben treiben, eine Attacke auf Atomanlagen hingegen eine weitere Eskalation auslösen und die USA in den Konflikt hineinziehen. Netanjahus Plan, lediglich militärische Einrichtungen anzugreifen, sei in Washington mit Erleichterung aufgenommen worden.

Allerdings dringen prominente israelische Politiker weiter auf einen Angriff auf iranische Atomanlagen. „Israel darf diese einmalige Gelegenheit zur Zerstörung des iranischen Atomprogramms nicht verpassen“, schrieb der frühere israelische Ministerpräsident Naftali Bennett Anfang Oktober auf der Plattform X. „Wenn wir es jetzt nicht tun, sehe ich nicht, dass es jemals passieren wird.“ (dpa)

Medien: Israel fliegt Angriffe im Nordosten des Libanons

Die israelischen Streitkräfte sind Medienberichten zufolge Luftangriffe auf den Nordosten des Libanons geflogen. Getroffen worden seien mehrere Gebiete in der Bekaa-Ebene und rund um die Stadt Baalbek, berichtete der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Majadin. Der Fernsehsender MTV meldete mindestens zehn Luftschläge in Baalbek und dem Umland. Auf einem Video, das aus dem Dorf Duris stammen soll, war ein brennendes Gebäude zu sehen.

Baalbek gilt israelischen Medienberichten zufolge als Hochburg der Schiiten-Miliz Hisbollah. Die Region wurde seit Beginn der Eskalation Ende vergangenen Monats bereits mehrfach von der israelischen Luftwaffe bombardiert. Die israelischen Streitkräfte greifen nach eigenen Angaben immer wieder Stellungen der proiranischen Miliz an. Die Hisbollah feuert ihrerseits weiterhin Raketen auf Israel ab. Nach Angaben des israelischen Militärs wurden am Montag etwa 115 Geschosse registriert, die aus dem Libanon auf Israel abgefeuert wurden.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte an, die Hisbollah weiterhin hart im ganzen Libanon zu bekämpfen. (dpa)

Israels Militär: Kommandozentrale der Hisbollah entdeckt

Israelische Bodentruppen haben im Südlibanon nach Angaben des Militärs eine unterirdische Kommandozentrale der Hisbollah entdeckt. Der Komplex habe der Elitetruppe Radwan gedient, teilten die Streitkräfte mit. Dort seien Waffen, Munition und Motorräder gefunden worden. Der unterirdische Komplex war nach Militärangaben so konzipiert, dass Radwan-Einheiten sich dort ausrüsten und dann zu Fuß oder auf Motorrädern in israelisches Territorium eindringen konnten. Bei der Entdeckung der Anlage sei ein Radwan-Kämpfer getötet worden. (dpa)

Missionschef: Unifil hält ihre Stellungen

Trotz der israelischen Aufforderung zum Abzug sollen die Soldaten der UN-Beobachtermission im Libanon (Unifil) ihre Arbeit vorerst fortsetzen. „Es wurde die Entscheidung gefällt, dass Unifil derzeit alle ihre Stellungen hält, obwohl sie von den israelischen Streitkräften zum Abzug aus ihren Positionen nahe der Grenze aufgefordert wurde“, sagte der Chef der UN-Friedensmissionen, Jean-Pierre Lacroix.

Bei den Kämpfen zwischen den israelischen Streitkräften und der Hisbollah waren die Blauhelme in den vergangenen Tagen mehrmals unter Feuer geraten, mindestens vier Soldaten wurden dabei verletzt. Die UN-Mission überwacht das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon bereits seit Jahrzehnten. Daran sind mehr als 10.000 UN-Soldaten aus mehr als 50 Ländern beteiligt, darunter auch die Bundeswehr. (dpa)

UN-Sicherheitsrat kritisiert Angriffe auf Unifil

Nach dem wiederholten Beschuss von Stellungen der UN-Friedenstruppen im Libanon (Unifil) zeigte sich der Weltsicherheitsrat besorgt um die Sicherheit der dort stationierten Blauhelmsoldaten. „Wir rufen alle Parteien dazu auf, die Sicherheit des Personals und der Einrichtungen von Unifil zu respektieren“, sagte die Schweizer UN-Botschafterin Pascale Baeriswyl als amtierende Präsidentin des Sicherheitsrats im Namen aller 15 Mitglieder. „Wir erinnern daran, dass UN-Friedenssoldaten und UN-Liegenschaften niemals Ziel von Angriffen werden dürfen.“

Angesichts der Kämpfe zwischen den israelischen Streitkräften und der Hisbollah äußerte der UN-Sicherheitsrat auch seine Besorgnis über zivile Opfer, die Zerstörung der Infrastruktur und die steigende Zahl an Binnenflüchtlingen. „Wir rufen alle Parteien dazu auf, das humanitäre Völkerrecht zu achten“, sagte Sicherheitsratspräsidentin Baeriswyl. (dpa)

Australien belegt fünf Iraner mit Sanktionen

Die australische Regierung hat Sanktionen und Einreiseverbote gegen fünf iranische Staatsbürger verhängt. Ihnen werde vorgeworfen, zum Raketenprogramm der Islamischen Republik beigetragen zu haben, sagte die australische Außenministerin Penny Wong am Dienstag. Das Abfeuern von mindestens 180 ballistischen Raketen auf Israel am 1. Oktober habe „eine gefährliche Eskalation“ markiert, die das Risiko eines umfassenderen Krieges in der Region erhöht habe. „Australien wird den Iran weiterhin für seine rücksichts­losen und destabilisierenden Handlungen zur Verantwortung ziehen“, sagte Wong.

Die neuen Sanktionen zielen auf zwei Direktoren und einen weiteren hochrangigen Vertreter der iranischen Organisation der Luft- und Raumfahrtindustrien (AIO), den Direktor der Shahid Bagheri Industrial Group und den kaufmännischen Direktor der Shahid Hemmat Industrial Group ab. Damit wächst die Liste der von Australien mit Sanktionen belegten Personen und Organisationen oder Unternehmen mit Verbindungen zum Iran auf 200 an. (ap)

China ruft zum Dialog zwischen Israel und Iran auf

Der chinesische Außenminister Wang Yi hat sich in Gesprächen mit seinen Amtskollegen in Israel und dem Iran besorgt über die eskalierenden Spannungen im Nahen Osten gezeigt. Peking rief die beiden verfeindeten Länder dazu auf, Gespräche zu führen, um ihren Konflikt zu lösen und nicht in einen „Teufelskreis“ zu geraten, wie die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf ein Telefonat Wangs mit dem israelischen Außenminister Israel Katz berichtete.

Wang forderte demnach zudem eine Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas sowie die Freilassung aller Geiseln aus der Gewalt der palästinensischen Extremisten. Die „humanitären Katastrophen“ im Gazastreifen müssten beendet werden, sagte Wang laut Xinhua zu Katz. Der chinesische Top-Diplomat sprach auch mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi, der bekundete, sein Land sei besorgt über das Risiko einer „umfassenden Eskalation“ des Konflikts und wolle nicht, dass sich dieser ausweite. (ap)

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!