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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Militäreinsatz im Westjordanland

Das israelische Militär geht im Westjordanland erneut gegen militante Palästinenser vor. Das Ziel sei ein vom Iran unterstütztes Terrornetzwerk.

Immer wieder gibt es Einsätze im Westjordanland – und dann Beerdigungen, wie hier am 18. August in Dschenin Foto: Majdi Mohammed/ap

Neun Tote bei israelischem Einsatz im Westjordanland

Das israelische Militär hat am Mittwoch bei einem groß angelegten Einsatz im gesamten besetzten Westjordanland nach palästinensischen Angaben mindestens neun Menschen getötet. Das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah teilte mit, dass in der Nacht zum Mittwoch sieben Menschen in Tubas und zwei weitere in Dschenin umgekommen seien. Das israelische Militär bestätigte Einsätze in Dschenin und Tulkarem, nannte aber keine Details.

Der Gouverneur von Dschenin, Kamal Abu al-Rub, sagte im palästinensischen Radio, dass israelische Streitkräfte die Stadt umzingelt hätten und die Aus- und Einfahrtswege sowie den Zugang zu Krankenhäusern blockierten.

Die großangelegte Militäroperation im besetzten Westjordanland könnte nach Informationen der Times of Israel noch länger andauern. Der in der Nacht begonnene Anti-Terror-Einsatz sei Quellen in der Armee zufolge auf mehrere Tage angelegt, berichtete die israelische Zeitung am Morgen. Schwerpunkt der Operation sei vor allem die Region Tulkarem, aber auch in der Stadt Dschenin und einem Flüchtlingslager nahe Tubas seien die Streitkräfte aktiv. Im Rahmen des Einsatzes seien mehrere gesuchte Palästinenser festgenommen worden, hieß es unter Berufung auf das Militär.

„Die israelische Armee geht seit heute Nacht mit aller Macht in den Flüchtlingslagern von Dschenin und Tulkarem gegen ein islamistisch-iranisches Terrornetzwerk vor“, schrieb der israelische Außenminister Israel Katz auf X. Der Iran arbeite daran, ähnlich wie im Gazastreifen und dem Libanon „durch die Finanzierung und Aufrüstung von Terroristen sowie Schmuggel fortschrittlicher Waffen über Jordanien eine östliche Terrorfront gegen Israel in Judäa und Samaria (Westjordanland) aufzubauen“. (ap/dpa)

🐾 Evakuierung des Al-Aksa-Märtyrer-Spitals

Im südlichen Gazastreifen hat das israelische Militär erneut zu Evakuierungen aufgerufen. Ein Bericht aus einem sich leerenden Krankenhaus, von Sami Ziara in Gaza und taz-Redakteurin Lisa Schneider in Berlin.

Befreite Geisel: Mitgefangener in Gaza verstorben

Eine weitere Geisel der Hamas, die mit ihm gemeinsam gefangen gehalten wurde, sei in Gaza in seinem Beisein verstorben – das berichtet der befreite Farhan al-Qadi laut einem Bericht des israelischen TV-Senders Channel 12. Bei dem Verstorbenen habe es sich um einen jüdischen Mann gehandelt. Das israelische Militär bestätigte die Angaben bisher nicht.

Al-Qadi hat Israels Staatspräsident Izchak Herzog außerdem eindringlich dazu aufgerufen, alles in seiner Macht Stehende für die Freilassung der übrigen Entführten zu tun. „Tun Sie alles, was Sie können, um die Menschen nach Hause zu bringen. Arbeiten Sie 24 Stunden am Tag und schlafen Sie nicht, bis sie zurückkommen“, sagte Farhan al-Qadi kurz nach seiner Befreiung in einem Telefonat mit dem Präsidenten, wie Herzogs Büro mitteilte. „Die Menschen leiden sehr, das können Sie sich nicht vorstellen“, sagte der 52-Jährige demnach weiter.

Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, den am 7. Oktober entführten Mann aus der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Hamas befreit zu haben, machte aus Sicherheitserwägungen jedoch keine weiteren Angaben.

Al-Qadi sagte in dem Gespräch mit Herzog, er habe plötzlich jemanden vor der Tür Hebräisch sprechen gehört. „Ich konnte es nicht glauben.“ Die Hamas hat nach israelischer Zählung nun noch 108 Geiseln in ihrer Gewalt. Mindestens ein Drittel davon gilt als tot. (taz/dpa)

Evakuierungen in Gaza erschweren humanitäre Hilfe

Die wiederholten Evakuierungsbefehle der israelischen Armee im Gazastreifen untergraben laut den Vereinten Nationen die humanitären Hilfsoperationen für die Bevölkerung. Die Menschen würden der dringend benötigten Hilfsgüter und medizinischen Versorgung beraubt, erklärte der Sprecher des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), Jens Laerke, am Dienstag in Genf.

Das israelische Militär habe seit Freitag neue Evakuierungsbefehle für mehr als 19 Gebiete im nördlichen Gazastreifen und in Deir al-Balah im Zentrum des Küstenstreifens ausgestellt. Dort hätten sich mehr als 8.000 Menschen aufgehalten, viele davon in behelfsmäßigen Unterkünften. Damit habe sich die Zahl der angeordneten Evakuierungen allein im Monat August auf 16 erhöht.

Durch die immer neuen Evakuierungsbefehle sind die Bewohner des Gazastreifens Laerke zufolge zunehmend gezwungen, sich in eine von Israel ausgewiesene Zone mit einer Fläche von 41 Quadratkilometern zu begeben. Dort fehle es jedoch an Infrastruktur und grundlegenden Dienstleistungen. Die Bereitstellung von Hilfe sei „aufgrund von Zugangs- und Sicherheitsproblemen eingeschränkt“. Die katastrophalen gesundheitlichen und sanitären Bedingungen würden dadurch noch verschärft, dass sich bis zu 34.000 Menschen auf einem Quadratkilometer befänden.

Auch Beschäftigte der Vereinten Nationen und ihrer Partner mussten laut Laerke den Ort Deir al-Balah überstürzt verlassen. „Diese Verlagerungen fanden sehr kurzfristig und unter gefährlichen Bedingungen statt“, betonte er. Die Helferinnen und Helfer hätten 15 Wohngebäude, vier Lagerhäuser, ein Krankenhaus, zwei Kliniken, drei Brunnen, ein Wasserreservoir und eine Entsalzungsanlage zurücklassen müssen. (epd)

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12 Kommentare

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  • Nein, da gibt es nicht das unschludige Israel, dass sich gegen die bösen Palästinenser verteidigt. Auch nicht die unschuldigen Palästinenser, die sich gegen das böse Israel verteidigen. Beide Seiten haben viel Dreck am Stecken. Sieht man wieder auf dem Bild: eine Beerdigung eines Palästinensers und da laufen Leute mit Maschinengewehren und Hamas-Bändern ganz vorne mit.

  • Schaut in der Redaktion eigentlich bei den Texten zum Gaza-Krieg jemand mal drüber mit Blick darauf, wieviel des Textes sich wie eine Pressemitteilung der israelischen Armee liest ? Da wird eine Behauptung des Militärs an die andere gereiht - ohne Beleg, immer im gleichen Duktus: wir jagen Terroristen.



    Versuchen Sie doch mal folgende Variante: Wenn es nichts an ergänzenden Belegen aus anderen Quellen gibt, die dasselbe sagen - lassen Sie die ganzen Angaben aus Israel weg. Dito von mir aus für palästinensische Angriffe.



    Denn so werden Sie nur zum Sprachrohr vornehmlich einer Seite, die genau weiß, wie man Sprachrohre erzeugt und benutzt. Der Hinweis "Quellen können nicht unabhängig überprüft werden" ist dabei nicht mehr als das Kleingedruckte bei Online-Käufen aus Amazonien.

  • Israel terrorisiert als Besatzer ungestraft die Bevölkerung der Westbank und schlägt durch den Aussenministrr Katz ein möglichen Vorgehen wie in Gaza vor, d.h. die Totalzerstörung. Die westliche Welt, treuer Unterstützer der rechtsextremen Netanjahu Regierung sollte sich daher nicht wundern, wenn terroristische Anschläge weiter zunehmen.

  • Mich würde ja bei diesen Aktionen im Westjordanland mal interessieren was internationales Recht dazu sagt. In der UN-Resolution 37/43 heißt es in Absatz 2: Reaffirms the legitimacy of the struggle of peoples for independence, territorial integrity, national unity and liberation from colonial and foreign domination and foreign



    occupation by all available means, including armed struggle". In diesem Fall ist es "nur" eine Resolution der Generalversammlung aber auch diese können zum sogenannten Gewohnheitsrecht werden. Zumal ein ähnlicher Wortlaut auch schon in Resolution 2625 zu finden ist. Spannend wird das dann auch noch unter dem Aspekt des IGH Gutachtens, das die Besatzung für illegal erklärt hat und zudem festgestellt hat das Israel gegen das Verbot von Segregation und Apartheid verstößt. Selbst konnte ich nur finden, das es international ein umstrittenes Thema ist, eben wegen der Verwischung von Grenzen zwischen Widerstand und Terrorismus. Südafrika ist da das beste Beispiel:Mandela stand sogar noch bis 2008 auf der terror watch list der Amerikaner. Selbst wir haben im GG das Recht auf Widerstand verankert, nur das dort nicht ausgeführt ist wie der aussehen kann.

    • @Momo Bar:

      Das Völkerrecht sagt klar: (1) Israel ist Besatzungsmacht. (2) Eine Besatzungsmacht hat die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Und damit sind in diesem Fall eben nicht die illegalen Siedler gemeint. Die existieren für dieses Völkerrecht nur insofern als sie eben illegal sind und dort zu verschwinden haben - eigentlich auch etwas, was die israelische Armee als Besatzungsmacht durchsetzen müsste.



      Wir wissen alle: Das sieht die israelische Armee nicht als ihre Aufgabe, im Gegenteil: sie sichert die Sicherheit der Siedler und von niemandem sonst.

    • @Momo Bar:

      Soviel zu Israel. Da es hier - wie in vielen Konflikten - jedoch auch noch eine zweite Konfliktpartei gibt, interessiert mich, was Sie vorschlagen, um das aggressive Verhalten der Hizbollah einzudämmen. Dies lediglich als Widerstand zu sehen, geht wohl stark an der Realität vorbei, in welcher die Hizbollah schlichtweg eine Terrororganisation auf libanesischem Boden ist, die sich solidarisch mit der Hamas und deren Zielen (Palästina von den Juden zu "befreien") zeigt. Zudem missachtet die Hizbollah ebenfalls Resolutionen des Sicherheitsrates, insbesondere Resolution 1701. Also wie soll man mit der Hizbollah umgehen?

  • Ich bin echt gespannt ob Netanjahu auch in Neuköln Einsätze plant weil er dort Hamas Führer vermutet.

    Das ist auch eine Art sich Freibriefe auszustellen .

  • Vermutlich stimmt der Vorwurf von Gantz bezüglich der iranisch-palästinensischen Aktivitäten. Wäre erstaunlich wenn es nicht so wäre. Aber ob es wirklich klug ist, in dieser angespannten Lage nicht nur den Nachschub zu behindern, sondern aktiv mit offenem Feuer in ein weiteres Pulverfass zu steigen? Ich weiß ja nicht.

    • @vieldenker:

      Die Grenze zwischen dem Westjordanland und Jordanien wird von Israel lontrolliert.

  • AI fordert das richtige:



    www.spiegel.de/aus...-8105-fb02495b7543

  • „Die israelische Armee geht seit heute Nacht mit aller Macht in den Flüchtlingslagern von Dschenin und Tulkarem gegen ein islamistisch-iranisches Terrornetzwerk vor“

    Wozu diese idiotische Ausrede, um weiter PalästinenserInnen im Westjordanland zu vertreiben, zu töten? Die Welt schaut doch sowieso nur zu und unternimmt nichts. Israel könnte doch auch einfach offen die Wahrheit sagen. Es würde nichts ändern.

    Kann gut sein, dass dort inzwischen auch ein Terrornetzwerk am Start ist. Wen würde es wundern bei der israelischen Politik. Oder in Deutschland bei der deutschen Politik in Bezug auf Israel?

  • Wie Sie auf dem Foto sehen können, sind dies Menschen in Sandalen, die sich gegen eines der am stärksten militarisierten Länder der Welt (einschließlich Atomsprengköpfen) verteidigen. Die Invasion und Besetzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens, alles völlig illegal - und was macht Deutschland... es liefert Munition und Waffen. Und was tut die deutsche Bevölkerung dagegen... Sobald das Wort "Iran" erwähnt wird, schicken wir ein bisschen mehr Waffen..