+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Iran verurteilt US-Luftangriffe
Teheran nennt die Vergeltungsschläge eine Verletzung der Souveränität Syriens und Iraks. Die EU ist besorgt über Israels mögliche Offensive in Richtung Rafah.
Iran: „abenteuerlicher Fehler der Vereinigten Staaten“
Der Iran verurteilt die US-Luftangriffe auf Ziele in Syrien und im Irak. Sie verletzten die Souveränität und die territoriale Integrität der beiden Länder, erklärt der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani. Die Angriffe stellten „einen weiteren abenteuerlichen und strategischen Fehler der Vereinigten Staaten dar, der nur zu einer erhöhten Spannung und Instabilität in der Region führen wird“.
Bei den US-Luftangriffen auf pro-iranische Ziele im Irak sind nach Angaben der irakischen Regierung 16 Menschen getötet worden. Darunter seien auch Zivilisten, teilt das Büro von Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani mit. 25 weitere Menschen seien verletzt worden. Die Regierung verurteilt die Angriffe als „neue Aggression gegen die Souveränität des Iraks“. Sie seien auch nicht vorher zwischen der irakischen und der US-Regierung abgestimmt worden. Solche Behauptungen seien Lügen, erklärt das Büro des Ministerpräsidenten.
Die Präsenz der von den USA geführten Militärkoalition in der Region sei „zu einem Grund für die Bedrohung der Sicherheit und Stabilität im Irak und zu einer Rechtfertigung für die Einbeziehung des Iraks in regionale und internationale Konflikte geworden“. (rtr)
EU besorgt über Ausweitung von Israels Offensive nach Rafah
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell hat sich besorgt gezeigt über eine mögliche Ausweitung der israelischen Offensive im Gazastreifen auf die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten. Mehr als eine Million Menschen sind vor den Kämpfen des Militärs mit der militant-islamistischen Hamas in das Gebiet geflüchtet. Borrell warnte, eine Ausweitung des Konflikts in der Region sei wahrscheinlich, wenn keine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vereinbart werde.
Mit Blick auf die Menschen, die sich an die ägyptische Grenze zurückgezogen haben, sagte Borrell, diese seien davon ausgegangen, dass es sich um eine sichere Zone handele, „aber in Wirklichkeit sehen wir, dass die Bombardierung der Zivilbevölkerung weitergeht und eine sehr schlimme Situation schafft.“ Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hatte am Donnerstag gesagt, dass das Militär nach der Einnahme von Chan Junis im Süden des Gazastreifens nach Rafah vorrücken werde. Einen Zeitrahmen nannte er nicht.
Eine derartige Offensive könnte dazu führen, dass die Geflüchteten weiter nach Ägypten verdrängt werden, was die israelische Friedensvereinbarung mit dem Land untergraben und die USA verärgern würde. Eine Erstürmung Rafahs könnte auch die schleppenden Gespräche mit der Hamas und die komplizierten Bemühungen um eine Freilassung der von ihr festgehaltenen israelischen Geiseln torpedieren. Die Aussicht auf Bodengefechte in Rafah hat die Sorge darüber befeuert, wo die palästinensische Zivilbevölkerung in dem Fall Schutz finden könnte. Die Vereinten Nationen haben erklärt, die Stadt werde zu einem „Druckkessel der Verzweiflung“.
Vor dem Beginn informeller Gespräche zwischen den EU-Außenministern in Brüssel sagte Borell, der Gaza-Krieg habe „einen Dominoeffekt“ geschaffen, mit dem Konflikte auch im Libanon, dem Irak, Syrien und im Bereich des Roten Meeres ausgebrochen seien. „Wir leben in einer kritischen Situation im Nahen Osten, in der gesamten Region“, sagte er. „Solange der Krieg im Gazastreifen andauert, ist es sehr schwer zu glauben, dass sich die Situation am Roten Meer verbessern wird, denn das eine hängt mit dem anderen zusammen.“ (ap)
Baerbock: Offensive in Rafah wäre nicht zu rechtfertigen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Ankündigung Israels kritisiert, seine Militäroffensive im Gaza-Streifen auf die südliche Stadt Rafah auszuweiten. Sie habe diese Ankündigung „mit Schrecken gehört“, sagte sie dem Redaktions Netzwerk Deutschland (RND, Samstag). „Jetzt in Rafah, an dem letzten und überfülltesten Ort, vorzugehen, wie vom israelischen Verteidigungsminister angekündigt, wäre einfach nicht zu rechtfertigen.“ Die Menschen im Gaza-Streifen könnten sich nicht in Luft auflösen.
Baerbock forderte internationale Sicherheitsgarantien für die Umsetzung einer Zweistaatenlösung in Nahost. Eine nachhaltige Sicherheit für Israel könne nur entstehen, wenn auch die Palästinenser in einem eigenen Staat in Sicherheit und Würde leben könnten. „Dazu müssen Israel und Palästinenser zugleich anerkennen, dass die Sicherheit des anderen die Lebensgarantie für einen selbst ist. Das kann aus meiner Sicht nur in der Zweistaatenlösung funktionieren.“
Baerbock forderte weiter den Aufbau „einer echten palästinensischen Verwaltung“. Dazu müsse die Palästinenserbehörde reformiert werden. Später müsse der Gaza-Streifen mit Hilfe einer Art Marshallplan wieder aufgebaut werden.
Auch der Rückbau von israelischen Siedlungen in Palästinensergebieten und die Anerkennung des palästinensischen Staates müsse besprochen werden. Voraussetzung sei eine neue Feuerpause, in der die israelischen Geiseln freigelassen würden. „Solange die Geiseln nicht frei sind und das tägliche unmenschliche Leiden der Kinder und Zivilbevölkerung nicht schwindet, ist der gordische Knoten schwer zu zerschlagen und kann niemand über den Tag danach reden. Deswegen ist eine neue Feuerpause so zentral“, sagte Baerbock. (epd)
Gesundheitsbehörde: Über 27.200 Tote im Gazastreifen
Bei den israelischen Angriffen auf Ziele im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde bislang mindestens 27.238 Menschen getötet worden. Fast 66.500 Palästinenserinnen und Palästinenser seien seit Anfang Oktober verletzt worden. Allein in den vergangenen 24 Stunden seien mindestens 107 Menschen getötet und 165 verletzt worden.
Die Zahl der Opfer könnte noch weitaus höher sein, da viele Menschen vermisst werden und unter den Trümmern zerstörter Gebäude begraben liegen dürften. (rtr)
Israels Armee: Wieder Dutzende Hamas-Kämpfer getötet
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben seine Angriffe gegen Ziele der Hamas im Gazastreifen fortgesetzt. Dabei seien in den letzten 24 Stunden Dutzende Kämpfer der islamistischen Terrormiliz getötet worden, teilte die Armee am Samstagmorgen mit. Im Flüchtlingslager Al-Schati im Nordteil des Küstenstreifens entdeckte das Militär eine Gruppe Kämpfer, die Waffen transportieren wollten. Der Trupp sei durch einen gezielten Luftschlag ausgeschaltet worden. Die Angaben des Militärs ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Die Kämpfe in dem abgeriegelten Küstenstreifen konzentrierten sich weiter auf die südliche Stadt Chan Junis. Eine Gruppe von Kämpfern feuerte eine Panzerabwehrgranate auf ein Armeefahrzeug ab, wie die Armee erklärte. Die israelischen Soldaten erwiderten demnach das Feuer und töteten die drei Angreifer. An einer anderen Stelle hätten israelische Soldaten ein Gebäude gestürmt, in dem sie Waffen und Tauchausrüstungen der Hamas gefunden hätten. Israelische Kampfjets bombardierten darüber hinaus eine Hamas-Kommandozentrale, die mit einem Tunneleingang und einem Waffenlager verbunden war, wie das Militär weiter erklärte. Auch diese Angaben zum Kriegsverlauf ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. (dpa)
Iran verurteilt US-Vergeltungsangriffe in Syrien und im Irak
Der Iran hat die US-Luftangriffe auf Dutzende Stellungen proiranischer Milizen im Irak und in Syrien scharf verurteilt. „Diese abenteuerlustigen Angriffe werden lediglich zu noch mehr Spannungen und Instabilität in der Region führen“, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani am Samstag. Er warf den USA vor, damit israelische Kriegsverbrechen in Gaza vertuschen zu wollen. Dies sei eine „strategische Fehlkalkulation“ der US-Regierung und werde Washington nur noch weiter in den Konflikt zwischen Israel und Palästina hereinziehen, sagte der Sprecher laut dem Webportal des Außenministeriums.
Kritik kam auch aus dem Irak. Die Angriffe verletzten die Souveränität des Landes, mit unvorhersehbaren Konsequenzen für die ganze Region, sagte ein Sprecher der irakischen Streitkräfte.
Knapp eine Woche nach einem tödlichen Angriff proiranischer Milizen auf US-Soldaten in Jordanien reagierten die USA in der Nacht zum Samstag mit Luftangriffen auf Ziele im Irak und in Syrien. Die US-Luftwaffe beschoss nach eigenen Angaben mehr als 85 Ziele, darunter Kommandozentralen, Geheimdienststandorte und Waffenlager, die von iranischen Revolutionsgarden (IRGC) und mit ihnen verbundenen Milizen genutzt werden, wie das US-Regionalkommando Centcom mitteilte. (dpa)
US-Militär fliegt im Irak und in Syrien Vergeltungsangriffe
Als Vergeltung für den Tod von drei US-Soldaten bei einem Drohnenangriff in Jordanien haben die US-Streitkräfte Ziele im Irak und in Syrien bombardiert. Das US-Militär und die Regierung in Washington erklärten am Freitag, die Angriffe auf mehr als 85 Ziele hätten den iranischen Revolutionsgarden und mit Teheran verbündeten Milizen gegolten. „Unsere Antwort hat heute begonnen“, erklärte US-Präsident Joe Biden. „Sie wird zu Zeitpunkten und an Orten weitergehen, über die wir entscheiden werden.“
Der US-Präsident betonte trotz dieser Ankündigung weiterer Angriffe, er wolle keinen Krieg: „Die USA suchen keinen Konflikt im Nahen Osten oder irgendwo sonst in der Welt. Aber alle, die uns schaden wollen, müssen wissen: Wenn ihr einem Amerikaner Schaden zufügt, werden wir antworten.“
Das für den Nahen Osten zuständige US-Regionalkommando Central Command erklärte, bei den Luftangriffen seien mehr als 125 Präzisionsraketen oder Präzisionsbomben zum Einsatz gekommen. Unter den Zielen seien Kommando- und Geheimdienstzentralen sowie Raketen- und Drohnenlager von Milizen und den Al-Kuds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden gewesen, die Angriffe gegen US-Streitkräfte und verbündete Truppen ermöglicht hätten. Die mehr als 85 Ziele befanden sich an sieben Orten.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, sagte, die Angriffe hätten rund 30 Minuten gedauert. An dem Militäreinsatz beteiligt waren demnach auch in den USA gestartete Langstreckenbomber vom Typ B-1.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, bei Angriffen im Osten Syriens seien mindestens 18 pro-iranische Kämpfer getötet worden. Unter den Kämpfern, die bei den Angriffen auf Stellungen pro-iranischer Gruppen in der Nähe al-Majadin in der Provinz Deir Essor getötet worden seien, seien auch Ausländer gewesen, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.
Derweil verlautete aus Sicherheitskreisen im Irak, im Westirak seien Stellungen pro-iranischer Milizen angegriffen worden, insbesondere bei al-Kaim an der Grenze zu Syrien. Nach ersten Informationen sei ein Waffenlager bombardiert worden, sagte ein Beamter des Innenministeriums der Nachrichtenagentur AFP. (afp)
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