+++ Drohnenspionage in Europa +++: Dobrindt geht von erhöhter Bedrohungslage in Deutschland aus
Die Bundeswehr soll ab Herbst mehr Befugnisse bei der Drohnenabwehr bekommen. In Dänemark wurden erneut unbemannte Flugobjekte in der Nähe von Militäranlagen gesichtet.
Dobrindt geht von erhöhter Bedrohung durch Drohnen in Deutschland aus
Nach den Drohnenvorfällen in Schleswig-Holstein hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) von einer erhöhten Bedrohungslage in Deutschland gesprochen. Bei dem Vorfall in der Nacht zum Freitag seien „Drohnenschwärme über Schleswig-Holstein festgestellt“ worden, sagte Dobrindt am Samstag in Berlin. „Es gibt eine Bedrohung, die durchaus auch als hoch eingestuft werden kann.“ Diese sei eine „abstrakte, aber im Einzelfall ist sie dann natürlich auch wieder sehr konkret“. Grundsätzlich gebe es bei Drohnenüberflügen einen „Spionageteil, der offensichtlich damit verbunden ist“.
Dobrindt kündigte auch vor dem Hintergrund mehrerer Drohnen-Vorfälle in Deutschlands Nachbarländern an, die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden in dem Bereich neu strukturieren zu wollen. Die Bundeswehr müsse rechtlich in die Lage versetzt werden, in Abstimmung mit der Polizei Drohnen aufspüren, abfangen und auch abschießen zu dürfen. (afp)
Mehr Befugnisse für Bundeswehr bei Drohnenabwehr
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will die Befugnisse der Bundeswehr im Kampf gegen illegale Drohnenüberflüge deutlich erweitern. „Ich will im Luftsicherheitsgesetz festschreiben, dass die Bundeswehr der Polizei im Inneren Amtshilfe leisten darf – gerade bei Drohnenabwehr-Einsätzen“, sagte der CSU-Politiker der Rheinischen Post. Die gesetzlichen Grundlagen werde man sehr schnell noch in diesem Herbst auf den Weg bringen.
Nach Informationen der Bild-Zeitung ist zentraler Bestandteil der geplanten Reform, dass die Bundeswehr im Falle einer akuten Bedrohung künftig Drohnen abschießen darf. Möglich sein soll das demnach, wenn dies das einzige Mittel zur Abwehr eines schweren Unglücks ist.
Eine entsprechende Änderung des Luftsicherheitsgesetzes hatte die Ampel-Regierung schon im Januar auf den Weg gebracht. Die Neuregelung sollte den Streitkräften die Anwendung von „Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge“ ermöglichen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl wurde das aber nicht mehr umgesetzt.
Zuletzt hatten Drohnen in Dänemark stundenlang Flughäfen lahmgelegt, am Freitagabend wurde erneut mindestens eine Drohne entdeckt, diesmal laut Nachrichtenagentur Ritzau am Militärstützpunkt Karup. In der Nacht zum Freitag waren auch in Schleswig-Holstein Flugkörper gesichtet worden. (dpa)
„Bild“-Bericht: Maßnahmenkatalog gegen Drohnen
Die Drohnenabwehr-Pläne der schwarz-roten Bundesregierung umfassen laut Bild neben der Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes auch einen Maßnahmenkatalog, der die Erfassung und Klassifizierung illegaler Drohnen, den Einsatz elektronischer Abwehrmittel wie Störsender oder die Übernahme der Steuerung sowie – als letztes Mittel – den Einsatz von Waffengewalt vorsieht. Geschützt werden sollen vor allem Menschenleben sowie kritische Infrastrukturen wie Energieversorgung und Regierungsgebäude.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte auf Anfrage mit, derzeit liefen Abstimmungen für eine Reform des Bundespolizeigesetzes sowie einer Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes. Zu laufenden Gesetzgebungsverfahren wollte sich das Ministerium nicht näher äußern.
Dobrindt nannte in der Rheinischen Post als Ziel, ein deutsches Drohnen-Kompetenzzentrum aufzubauen, in dem Bund, Länder und Bundeswehr vernetzt sind. Am Donnerstag hatte der Minister im Bundestag bereits eine Gesetzesreform angekündigt: „Wir befinden uns in einem Wettrüsten zwischen Drohnenbedrohung und Drohnenabwehr. Deswegen werden wir stärker in dieses Wettrüsten investieren, sowohl mit Mitteln der Gestaltung eines neuen Luftsicherheitsgesetzes als auch mit finanziellen Mitteln, und nach dem Grundsatz „aufspüren, abwehren, abfangen“. (dpa)
Mögliche Neuauflage einer Ampel-Reform
Die Ampel-Regierung hatte kurz vor der Bundestagswahl als Begründung für die geplante Gesetzesverschärfung angeführt, dass es in Deutschland regelmäßig zu illegalen Flügen unbemannter Drohnen über Einrichtungen der kritischen Infrastruktur komme – also Anlagen für Energie, Telekommunikation, Verkehr oder Industrie.
Vorgesehen war nach damaligen Angaben, dass die Bundeswehr bei einem drohenden besonders schweren Unglücksfall die Befugnis erhalten solle, illegal fliegende Drohnen abzuwehren. Voraussetzung sei, dass die für die Gefahrenabwehr grundsätzlich zuständigen Polizeien der Länder technisch dazu nicht in der Lage seien und entsprechende Unterstützung anforderten. (dpa)
Luftsicherheitsgesetz setzt Grenzen
Das Luftsicherheitsgesetz erlaubt der Bundeswehr bisher nur, vergleichsweise milde Mittel einzusetzen. So dürfen die Streitkräfte im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben.
Ein Abschuss von Drohnen ist grundsätzlich rechtlich auch möglich, wie die Rechtswissenschaftlerin Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr in München am Freitag auf Anfrage betonte. Jedoch müsse dies verhältnismäßig sein und berge zudem erhebliche Gefahren – etwa durch herabfallende Trümmerteile oder explosive Ladung und werde deshalb bisher kaum in Betracht gezogen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hatte zuletzt angekündigt, der Kampf Drohne gegen Drohne werde mit Nachdruck vorangetrieben. Experten nennen als Maßnahmen zur Drohnenbekämpfung auch Funkstörungen, sogenanntes GPS-Spoofing, Abfangdrohnen, Netzwerfer oder auch Laser-Systeme. (dpa)
Drohnen über dänischen Militäranlagen gesichtet
In Dänemark sind in der Nacht zum Samstag Drohnen unbekannter Herkunft in der Nähe von Militäranlagen beobachtet worden. Dies teilen die Streitkräfte dem Sender DR zufolge mit. An welchen Orten die Drohnen gesichtet wurden, lässt das Militär offen. Die Polizei beobachtete Drohnen in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts Karup, wie die Nachrichtenagentur Ritzau meldete. In den vergangenen Tagen waren der Kopenhagener Flughafen sowie fünf weitere Flugplätze wegen Drohnensichtungen vorübergehend geschlossen worden. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte die Vorfälle als „bisher schwersten Angriff auf die dänische kritische Infrastruktur“ bezeichnet. (rtr)
Sprunghafter Anstieg von Störangriffen auf Zivilflugzeuge
Verkehrsflugzeuge in der Luft sind in den vergangenen Monaten einem Medienbericht zufolge im großen Stil zum Ziel von Störangriffen geworden. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) habe von Januar bis August 447 Meldungen von Flugzeugbesatzungen registriert, die während des Fluges eine Störung oder Manipulation ihrer Satellitennavigation festgestellt hätten, berichtete die Welt am Sonntag. Zwei Jahre zuvor seien noch lediglich 25 entsprechende Vorfälle verzeichnet worden.
Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sei insbesondere im Ostseeraum sowie über dem Baltikum eine deutliche Zunahme von Störungen der GPS-Signale festgestellt worden, hieß es weiter. Dabei werden den Angaben nach die Satellitensignale mittels starker Sender am Boden überstrahlt oder irreleitende Täuschsignale gesendet. Diese Signalmanipulation, Spoofing genannt, gelte als deutlich gefährlicher, weil Flugzeugcrews über ihre tatsächliche Position getäuscht werden können.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) bewertet die Störangriffe gegenüber der Welt am Sonntag als „Bedrohung für den sicheren Betrieb von zivilen Flugzeugen“ und forderte in Anbetracht der zunehmenden Bedrohungslage einen besseren Schutz der Zivilluftfahrt. (afp)
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