piwik no script img

Wer bekommt Warner?Interessenkonflikt pur

Steffen Grimberg

Kommentar von

Steffen Grimberg

Wer gewinnt den Wettbewerb um Warner Bros. Discovery? Ob Netflix oder Paramount zum Zug kommen, ist eine politische Frage – und Trump ist mitten drin.

Immer Ärger mit der freien Presse: Donald Trump im Disput mit CNNs Jim Acosta während einer Pressekonferenz im Weißen Haus Foto: Jonathan Ernst/reuters

O racle-Gründer Larry Ellison ist niemand, der klein beigibt. Und so kommt die geplante feindliche Übernahme des Medienkonzerns Warner Bros. Discovery durch das von Larry Ellisons Sohn David geführte Film- und TV-Unternehmen Paramount Skydance nicht wirklich überraschend. Schließlich geht es hier um einen weiteren großen Brocken im US-Medienmarkt, der bislang noch unabhängig und allein dem kommerziellen Erfolg verpflichtet ist.

Doch das ist in den Vereinigten Staaten des Donald J. Trump nicht mehr opportun. Larry Ellison, 81 Jahre alt und 336 Milliarden Dollar schwer, hat schon immer vor allem die Republikaner und vor allem Trump unterstützt. Als Dank darf er mit Sohn David jetzt ein konservatives Medienimperium von MAGAs Gnaden aufbauen. Erst im Sommer war die Fusion des traditionsreichen Film- und Fernsehstudios Paramount und Ellisons Skydance perfekt – und damit das hier und da Trump-kritische TV-Network CBS „befriedet“. Jetzt soll mit Warner Bros. Discovery der nächste Dominostein in Richtung Ellison/Trump fallen.

Dabei schien letzte Woche ein ganz anderer Mega-Deal im US-Mediengeschäft unter Dach und Fach zu sein. Ur-Streamer Netflix würde den Medienkonzerns Warner Bros. Discovery für satte 72 Milliarden US-Dollar übernehmen, meldeten die beteiligte Unternehmen.

Allerdings nicht komplett übernehmen: Am klassischen, werbefinanzierten TV-Geschäft, zu dem der Nachrichtensender CNN gehört, hatte Netflix kein Interesse. Dafür umso mehr an den perfekt zu Netflix passenden Abo-TV- und Streaming-Diensten HBO und Discovery+ mit ihren knapp 130 Millionen Kun­di*n­nen in aller Welt. Zusammen mit den eigenen 310 Millionen Abon­nen­t*in­nen wäre Netflix dann die unangefochtene Nummer 1 auf dem Planeten.

taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Zielen auf den Gesamtkonzern

Wie ernst es Paramount mit dem Gegenangebot ist, zeigt die gegen die Netflix-Milliarden gebotene Summe. Mit 108,4 Milliarden Dollar liegt es um knapp 50 Prozent höher und soll nach US-Medienberichten jetzt den Gesamtkonzern umfassen. Also auch CNN – den Sender, der Trump schon immer ein Dorn im Auge ist.

Damit auch gar nichts schiefgeht, ist die Familie des US-Präsidenten gleich selbst mit an Bord. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner finanziert den Deal über seine Beteiligungsfirma Affinity Partners mit.

Das ist aus europäischer Perspektive Interessenkonflikt pur und hätte wohl bis letztes Jahr auch in den USA als Ding der Unmöglichkeit gegolten. Aber seitdem der Präsident Donald Trump heißt, ticken die Uhren anders.

Das perfide Sowohl-als-auch-Spiel der US-Administration zeigt sich aber auch hier: Einerseits wird auf Einhaltung von Recht und Gesetz gepocht, wenn es Trump & Co. passt. So hatte sich der Präsident höchstpersönlich nach der Verkündung des jetzt in der Schwebe hängenden Netflix-Deals gemeldet und eine strenge kartellrechtliche Prüfung wegen der entstehenden Dominanz auf dem Streaming-Markt angekündigt.

Es geht ums Monopol

Die Schwiegersohn-Nummer wird dagegen kaum eine Reaktion hervorrufen, und auch die bei einem Deal mit Paramount entstehende Marktmacht dürfte die von Trumps Anhängern geführten Aufsichtsbehörden nicht weiter kümmern.

Wenn der Deal zustande kommt, bedeutet das für Warner Bros. Discovery und vor allem für CNN nichts Gutes. Wie sehr die Ellisons Trump zu Willen sind, zeigt sich am Umbau von CBS und ganz besonders bei CBS News.

Dort führt jetzt Bari Weiss das Regime, die zuvor auf ihrem Substack The Free Press gegen Mainstream-Medien und angeblich woken Journalismus agitierte. Für die neuen Eigner und Finanziers lohnt sich das Engagement aber natürlich auch wirtschaftlich. Denn de facto läuft die Entwicklung auf eine Monopolisierung oder zumindest Oligopolisierung der US-Medienlandschaft hinaus.

Trumps Stern in Hollywood ist begehrt, auch am Tag seiner Verurteilung wegen Schweigegeldzahlungen am 30. 5. 24 Foto: Jay L Clendenin/getty images

Kleinere Unternehmen haben dabei das Nachsehen, und viele versuchen es mit der Vogel-Strauß-Politik. Sie stecken den Kopf in den Sand und hoffen, dass die Welle über sie hinwegschwappt. „Wenn jetzt noch die New York Times umkippt, war es das mit freien Medien in den USA“, brachte das unlängst die Vertreterin eines US-Branchenverbandes auf den Punkt. Namentlich zitieren lässt sie sich vorsichtshalber schon nicht mehr.

Doch genau hier besteht Hoffnung. Zwar hat Trump die New York Times (NYT) mindestens so lieb wie CNN und neulich auf schlappe 15 Milliarden Dollar verklagt, weil ihm das von NYT-Journalist*innen verfasste Buch „Lucky Loser: How Donald Trump Squandered His Father's Fortune and Created the Illusion of Success“ nicht passt.

Was die NYT aber nicht davon abhielt, wegen der neuen, auf Vorzensur hinauslaufenden Regeln für Pentagon-Berichterstatter letzte Woche ihrerseits Trump und seine Regierung zu verklagen. (kna)

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Komisch, die Marktmacht, die Netflix mit Warner bekommen würde, spielt im Bericht keine Rolle.



    Stattdessen wird hier von einem Monopol für Paramount gefaselt.



    Die haben aktuell bei ihrem Streamingdienst 79 Millionen Abonnenten. Wenn sie Warner übernehmen, hätten sie zusammen mit deren 130 Millionen gerade mal 209 Millionen.



    Das wäre noch ein ganzes Stück hinter Netflix mit seinen aktuell 310 Millionen Abonnenten.



    Dann gibt es noch Disney mit 125 Millionen, Prime mit 200 Millionen, und Apple TV mit 45 Millionen gibt es auch noch.

    Eigentlich gibt es einen funktionierenden Wettbewerb, auch wenn Warner an Paramount geht.



    Wenn allerdings Netflix zuschlagen darf, hätten wir einen Riesen, der größer ist als die verbliebene Konkurrenz zusammen.

    • @Don Geraldo:

      Absolut. Und noch.



      Wobei Kundigere als ich vielleicht dabei noch die Teilmärkte zerlegen können.

      Streaming ist fast ein natürliches Monopol, dann spräche viel auch für ein staatliches oder staatlich sehr reglementiertes Angebot. Private schwer angreifbare Monopole sind bekanntlich unter den ärgsten Welten für Verbrauchers, wenn da jemand absaugt.

  • Ok, wir sammeln mal eine Runde in Europa. Und setzen dann eine Art EU-Propagandasender dort auf, der solche fiesen Sachen wie breite Bildung, wirtschaftliche Fairness, Völkerrecht, Klimaschutz, Verfassungsreform offen in seinen Sparten erläutert und dazu einlädt. Wenn die Fossil-Autokraten das Spielchen können, können wir es doch auch.

    • @Janix:

      "Television



      And



      Ztreaming"



      Ich wüsste auch schon die Abkürzung für diese Entwicklungshilfe über den Atlantik.

  • Ist schon interessant, dass sich der Verfechter der komplett freien Entfaltung der Wirtschaft, des unbegrenzten Kapitalismus hier einmischen muss. Wenn der Staat die Wirtschaft kontrolliert oder dirigiert, dann ist das ja ... pinko-communist socialism ... oh ach, oh weh!

  • Gut kommentiert. Interessen mit allen Mitteln durchsetzen und dabei auch noch ordentlich Profit machen. Wenn dann fast alle sozialen wie konventionellen Medien in der Hand der Magafreunde sind, kann man die Wahrheit komplett kontrollieren. Im kleinen Ungarn ist das wohl ähnlich gelaufen, Orban oder seine Partei wird man auch nicht mehr los.

  • Es geht immer noch eine Nummer gruseliger, gar nichts wird besser in den USA, und gefühlt damit überall. Es ist bitter, bitter, bitter. Was kann Hoffnung und Mut machen? Dass die meisten faschistoiden und autokratischen Regime vorbeigehen? Wie machen es Menschen, die jahrzehntelang in Diktaturen leben, nicht die Hoffnung zu verlieren oder trotz verlorener Hoffnung nicht verrückt zu werden? Ernstgemeinte Frage. Humor, Kunst und kleinteilige soziale Support-Netze ist fast das einzige, was mir einfällt. Vielleicht noch Religiosität, nur ist das gegen meine Überzeugung. Aber man wünscht sich doch etwas anderes als die neoliberal-faschistoiden Probleme bewundern und mit relativ ausgeprägter Hilflosigkeit leben lernen.