Wer bekommt Warner?: Interessenkonflikt pur
Wer gewinnt den Wettbewerb um Warner Bros. Discovery? Ob Netflix oder Paramount zum Zug kommen, ist eine politische Frage – und Trump ist mitten drin.
O racle-Gründer Larry Ellison ist niemand, der klein beigibt. Und so kommt die geplante feindliche Übernahme des Medienkonzerns Warner Bros. Discovery durch das von Larry Ellisons Sohn David geführte Film- und TV-Unternehmen Paramount Skydance nicht wirklich überraschend. Schließlich geht es hier um einen weiteren großen Brocken im US-Medienmarkt, der bislang noch unabhängig und allein dem kommerziellen Erfolg verpflichtet ist.
Doch das ist in den Vereinigten Staaten des Donald J. Trump nicht mehr opportun. Larry Ellison, 81 Jahre alt und 336 Milliarden Dollar schwer, hat schon immer vor allem die Republikaner und vor allem Trump unterstützt. Als Dank darf er mit Sohn David jetzt ein konservatives Medienimperium von MAGAs Gnaden aufbauen. Erst im Sommer war die Fusion des traditionsreichen Film- und Fernsehstudios Paramount und Ellisons Skydance perfekt – und damit das hier und da Trump-kritische TV-Network CBS „befriedet“. Jetzt soll mit Warner Bros. Discovery der nächste Dominostein in Richtung Ellison/Trump fallen.
Dabei schien letzte Woche ein ganz anderer Mega-Deal im US-Mediengeschäft unter Dach und Fach zu sein. Ur-Streamer Netflix würde den Medienkonzerns Warner Bros. Discovery für satte 72 Milliarden US-Dollar übernehmen, meldeten die beteiligte Unternehmen.
Allerdings nicht komplett übernehmen: Am klassischen, werbefinanzierten TV-Geschäft, zu dem der Nachrichtensender CNN gehört, hatte Netflix kein Interesse. Dafür umso mehr an den perfekt zu Netflix passenden Abo-TV- und Streaming-Diensten HBO und Discovery+ mit ihren knapp 130 Millionen Kundi*nnen in aller Welt. Zusammen mit den eigenen 310 Millionen Abonnent*innen wäre Netflix dann die unangefochtene Nummer 1 auf dem Planeten.
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Zielen auf den Gesamtkonzern
Wie ernst es Paramount mit dem Gegenangebot ist, zeigt die gegen die Netflix-Milliarden gebotene Summe. Mit 108,4 Milliarden Dollar liegt es um knapp 50 Prozent höher und soll nach US-Medienberichten jetzt den Gesamtkonzern umfassen. Also auch CNN – den Sender, der Trump schon immer ein Dorn im Auge ist.
Damit auch gar nichts schiefgeht, ist die Familie des US-Präsidenten gleich selbst mit an Bord. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner finanziert den Deal über seine Beteiligungsfirma Affinity Partners mit.
Das ist aus europäischer Perspektive Interessenkonflikt pur und hätte wohl bis letztes Jahr auch in den USA als Ding der Unmöglichkeit gegolten. Aber seitdem der Präsident Donald Trump heißt, ticken die Uhren anders.
Das perfide Sowohl-als-auch-Spiel der US-Administration zeigt sich aber auch hier: Einerseits wird auf Einhaltung von Recht und Gesetz gepocht, wenn es Trump & Co. passt. So hatte sich der Präsident höchstpersönlich nach der Verkündung des jetzt in der Schwebe hängenden Netflix-Deals gemeldet und eine strenge kartellrechtliche Prüfung wegen der entstehenden Dominanz auf dem Streaming-Markt angekündigt.
Es geht ums Monopol
Die Schwiegersohn-Nummer wird dagegen kaum eine Reaktion hervorrufen, und auch die bei einem Deal mit Paramount entstehende Marktmacht dürfte die von Trumps Anhängern geführten Aufsichtsbehörden nicht weiter kümmern.
Wenn der Deal zustande kommt, bedeutet das für Warner Bros. Discovery und vor allem für CNN nichts Gutes. Wie sehr die Ellisons Trump zu Willen sind, zeigt sich am Umbau von CBS und ganz besonders bei CBS News.
Dort führt jetzt Bari Weiss das Regime, die zuvor auf ihrem Substack The Free Press gegen Mainstream-Medien und angeblich woken Journalismus agitierte. Für die neuen Eigner und Finanziers lohnt sich das Engagement aber natürlich auch wirtschaftlich. Denn de facto läuft die Entwicklung auf eine Monopolisierung oder zumindest Oligopolisierung der US-Medienlandschaft hinaus.
Kleinere Unternehmen haben dabei das Nachsehen, und viele versuchen es mit der Vogel-Strauß-Politik. Sie stecken den Kopf in den Sand und hoffen, dass die Welle über sie hinwegschwappt. „Wenn jetzt noch die New York Times umkippt, war es das mit freien Medien in den USA“, brachte das unlängst die Vertreterin eines US-Branchenverbandes auf den Punkt. Namentlich zitieren lässt sie sich vorsichtshalber schon nicht mehr.
Doch genau hier besteht Hoffnung. Zwar hat Trump die New York Times (NYT) mindestens so lieb wie CNN und neulich auf schlappe 15 Milliarden Dollar verklagt, weil ihm das von NYT-Journalist*innen verfasste Buch „Lucky Loser: How Donald Trump Squandered His Father's Fortune and Created the Illusion of Success“ nicht passt.
Was die NYT aber nicht davon abhielt, wegen der neuen, auf Vorzensur hinauslaufenden Regeln für Pentagon-Berichterstatter letzte Woche ihrerseits Trump und seine Regierung zu verklagen. (kna)
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