Gerichtsurteil zu Überdüngung: Bundesregierung muss gegen Grundwasserbelastung handeln
Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) muss etwas gegen zu hohen Nitrateinsatz unternehmen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht nun.
Nitrat im Grundwasser ist schädlich für Menschen und erhöht die Kosten für die Trinkwasseraufbereitung. Deshalb sieht die EU-Nitrat-Richtlinie von 1991 vor, dass bei der Düngung nur so viel Nitrat ausgebracht wird, wie die Böden aufnehmen können. Aus der EU-Grundwasser-Richtlinie von 2006 ergibt sich das Ziel, bis 2015 im Grundwasser einen Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter einzuhalten.
Das ist nicht gelungen. Im jüngsten Nitratbericht der Bundesregierung von 2024 heißt es, dass in 25,6 Prozent der deutschen Messstellen der Nitratgrenzwert nicht eingehalten wird.
Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland schon mehrfach wegen Verletzung des EU-Rechts verurteilt, zuletzt 2018. Doch unter dem Druck der Bauernlobby scheitert Deutschland regelmäßig daran, wirksam gegen übermäßige Düngung vorzugehen.
Wo ist das Aktionsprogramm?
Im konkreten Rechtsstreit verlangte die DUH bereits seit 2018 die Aufstellung eines Aktionsprogramms gegen die Nitratbelastung. Das Bundesagrarministerium behauptete, es gebe ein Aktionsprogramm, das im Wesentlichen aus der Düngeverordnung mit ihren Regeln für gute fachliche Praxis beim Düngen bestehe. Die DUH ließ das nicht gelten. Laut Düngegesetz müsse das Ministerium erst ein Aktionsprogramm aufstellen, in dem es geeignete Maßnahmen identifiziert und ihre Leistungsfähigkeit beschreibt. Erst dann könnten diese Maßnahmen in der Düngeverordnung umgesetzt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun im Sinne der DUH. Die Bundesregierung muss ein Nitrat-Aktionsprogramm erstellen, das die flächendeckende Einhaltung des Nitratgrenzwerts anstrebt. Anschließend müsse die Düngeverordnung entsprechend geändert werden. Die DUH sprach gewohnt vollmundig von einem „historischen Erfolg für sauberes Wasser“.
In der ersten Instanz beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster war die DUH-Klage noch aus formalen Gründen gescheitert. Die NRW-Richter waren der Auffassung, dass sich die DUH im Vorfeld der Klage nicht konkret genug geäußert habe. Das Bundesverwaltungsgericht sah das nicht so streng. Agrarminister Alois Rainer (CSU) muss nun das Leipziger Urteil umsetzen. Er ist ohnehin mit dem Düngerecht befasst, denn die Ergänzung des Düngegesetzes um ein Monitoringverfahren ist überfällig. In der Ampelwahlperiode war sie am Widerstand der CDU/CSU-regierten Länder im Bundesrat gescheitert.
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