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Gerichtsurteil zu ÜberdüngungBundesregierung muss gegen Grundwasserbelastung handeln

Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) muss etwas gegen zu hohen Nitrateinsatz unternehmen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht nun.

Bamberg, August 2021: ein Landwirt düngt sein Feld mit Gülle Foto: K. Schmitt/Fotostand/imago

Freiburg taz | Die Bundesregierung muss ein Aktionsprogramm gegen die Verunreinigung des Grundwassers mit Nitrat aus der landwirtschaftlichen Düngung erstellen. Das entschied an diesem Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Nitrat im Grundwasser ist schädlich für Menschen und erhöht die Kosten für die Trinkwasseraufbereitung. Deshalb sieht die EU-Nitrat-Richtlinie von 1991 vor, dass bei der Düngung nur so viel Nitrat ausgebracht wird, wie die Böden aufnehmen können. Aus der EU-Grundwasser-Richtlinie von 2006 ergibt sich das Ziel, bis 2015 im Grundwasser einen Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter einzuhalten.

Das ist nicht gelungen. Im jüngsten Nitratbericht der Bundesregierung von 2024 heißt es, dass in 25,6 Prozent der deutschen Messstellen der Nitratgrenzwert nicht eingehalten wird.

Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland schon mehrfach wegen Verletzung des EU-Rechts verurteilt, zuletzt 2018. Doch unter dem Druck der Bauernlobby scheitert Deutschland regelmäßig daran, wirksam gegen übermäßige Düngung vorzugehen.

Wo ist das Aktionsprogramm?

Im konkreten Rechtsstreit verlangte die DUH bereits seit 2018 die Aufstellung eines Aktionsprogramms gegen die Nitratbelastung. Das Bundesagrarministerium behauptete, es gebe ein Aktionsprogramm, das im Wesentlichen aus der Düngeverordnung mit ihren Regeln für gute fachliche Praxis beim Düngen bestehe. Die DUH ließ das nicht gelten. Laut Düngegesetz müsse das Ministerium erst ein Aktionsprogramm aufstellen, in dem es geeignete Maßnahmen identifiziert und ihre Leistungsfähigkeit beschreibt. Erst dann könnten diese Maßnahmen in der Düngeverordnung umgesetzt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun im Sinne der DUH. Die Bundesregierung muss ein Nitrat-Aktionsprogramm erstellen, das die flächendeckende Einhaltung des Nitratgrenzwerts anstrebt. Anschließend müsse die Düngeverordnung entsprechend geändert werden. Die DUH sprach gewohnt vollmundig von einem „historischen Erfolg für sauberes Wasser“.

In der ersten Instanz beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster war die DUH-Klage noch aus formalen Gründen gescheitert. Die NRW-Richter waren der Auffassung, dass sich die DUH im Vorfeld der Klage nicht konkret genug geäußert habe. Das Bundesverwaltungsgericht sah das nicht so streng. Agrarminister Alois Rainer (CSU) muss nun das Leipziger Urteil umsetzen. Er ist ohnehin mit dem Düngerecht befasst, denn die Ergänzung des Düngegesetzes um ein Monitoringverfahren ist überfällig. In der Ampelwahlperiode war sie am Widerstand der CDU/CSU-regierten Länder im Bundesrat gescheitert.

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4 Kommentare

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  • Hat die DUH auch geklagt weil Deutschland sich seit Jahren nicht an das von der EU geforderte Nitratmessnetz hält ? In Deutschland gibt es zwei Messnetzte, das Wasserrahmenrichtlinienmessnetz mit ca. 7300 Messtellen und das von Bundesumweltamt genutzte EUA-Netz mit ca. 700 Messtellen (bis 2015 wahren das 162, von da kamen die hohen Nitratwerte) , deren Ergebnisse werden nach Brüssel gemeldet. Der EU Durschnitt an Messtellen für Nitrat sind 8/ 1000 km2, Deutschland hat 1,9/ 1000 km2.



    Was hier auch (absichtlich) verschwiegen wird ist die Reproduktionszeit von Grundwasser, d.h. wie lange Wasser von der Oberfläche bis ins Grundwasser braucht. Bei Kiesböden und einem hohen Grundwasserstand kann das auf Tage gehen, kann aber auch bei sehr tiefen Grundwasserstand und Lehmboden Jahrzehnte dauern. Somit können sogar auf Flächen die gar nicht mehr gedüngt werden die Nitratwerte steigen.

  • Korrekt.

    Als die ersten Güllewagen am “Shit seien!“ waren ich zu meinem Rucksackbauer Onkel!



    “Wer garantiert denn - daß da nicht zuviel “gesät!“ wird?!“



    “Meinst du etwa ein Bauer ist so dumm - zuviel auf die Felder zu bringen?!“



    “Komm Komm - viel hilft viel! Alte Bauernregel“ •



    Und dabei blieb es bis heute! Woll



    & sorry Herr Rath



    “Die DUH sprach gewohnt vollmundig von einem „historischen Erfolg für sauberes Wasser“.



    Jeder Erfolg ein ebensolcher •



    & nochens



    “Die NRW-Richter waren der Auffassung, dass sich die DUH im Vorfeld der Klage nicht konkret genug geäußert habe. Das Bundesverwaltungsgericht sah das nicht so streng.“



    Sorry a 🥱 - hat mit streng nichts zu tun.



    Reine VwGO in action:



    Beibringungsgrundsatz & Aufklärungsmaxime •



    Nicht das erste Mal - daß sich Münster da unverhältnismäßig schwer tut.



    (Nicht selten wurden meine Entscheidungen anschließend in Berlin/Leipzig in der Sache wiederhergestellt! Newahr



    Normal;)

    • @Lowandorder:

      Am OVG Münster ging es um die Präklusionsvorschrift § 7 Abs. 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz.

      • @Christian Rath:

        Sach ich doch

        “Reine VwGO in action:

        Beibringungsgrundsatz & Aufklärungsmaxime • “