Pali-Proteste in Berlin: Demo-Verbot folgt auf Glorifizierung
Bei einer Straßenblockade wird palästinensischen Kämpfern gehuldigt. Eine Kundgebung am Abend hat die Versammlungsbehörde verboten.
taz | Kurz nach 8 Uhr am Dienstagmorgen haben propalästinensische Aktivist:innen die Kreuzung Warschauer Straße/Mühlenstraße in Friedrichshain blockiert. Auf Fotos und Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie Menschen auf der Fahrbahn sitzen, während sich dahinter der Verkehr staut. Andere halten ein großes Transparent mit der Aufschrift „Glory to the fighters“, eine offensichtliche Huldigung der Kämpfer der Hamas und anderer militanter Palästinenser-Organisationen, die am 7. Oktober 2023 Israel überfallen hatten.
Die Berliner Polizei sprach in einer ersten Mitteilung von 37 Personen, die sich an der Blockade beteiligten. Wegen des Ausrufs verbotener Parolen und Nötigung im Straßenverkehr seien 17 Personen festgenommen, zehn von ihnen in eine Gefangenensammelstelle gebracht worden. Von weiteren Personen seien die Personalien festgestellt worden. Aufgrund des Banners bestehe der Anfangsverdacht der Billigung von Straftaten.
Die Szene, die mehrmals wöchentlich in Berlin auf die Straße geht, hat rings um den zweiten Jahrestag des Angriffs auf Israel ihre Aktivitäten noch einmal intensiviert. Mobilisierend wirkte dabei auch der Stopp der Gaza-Flotille durch die israelische Armee in der vergangenen Woche.
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Am Donnerstag hatten dagegen etwa 800 Menschen am Alexanderplatz demonstriert. Auch hier war es wegen der Blockade von Straßenbahngleisen und verbotener Parolen nach einer zunächst friedlichen Kundgebung zu 50 Festnahmen gekommen. Am Wochenende dann waren zahlreiche Aktivist:innen ebenfalls mit Bezug auf die aufgehaltenen Schiffe mit Booten auf dem Landwehrkanal unterwegs. Mit Hinweis auf noch von Israel festgehaltene Teilnehmer:innen befinden sich Aktivisten in Berlin seitdem im Hungerstreik.
Jubel über den 7. Oktober
Seit dem Sonntag läuft zudem eine Aktionswoche unter dem Titel „United 4 Gaza“ mit täglichen Protesten. Am Dienstagabend war eine Kundgebung am Alexanderplatz geplant, in dessen Aufruf es über die Attacke auf Israel unverhohlen heißt: „Ihr heldenhafter Ausbruch aus dem Gefängnis überraschte die ganze Welt und erschütterte das zionistische Regime“.
Wie die Polizei am Dienstagnachmittag auf Anfrage der taz bestätigte, wurde die Versammlung verboten. Auf X schrieb sie, bereits der Aufruf in den sozialen Meiden habe zur „Einleitung eines Strafverfahrens geführt“. Daher müsse von einem „unfriedlichen Verlauf ausgegangen werden“. Auch alle Ersatzveranstaltungen sind verboten
Ein Verbot hatte zuvor etwa der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Matz gefordert. Die Polizei ist über den Tag mit einem großen Aufgebot von 1.400 Einsatzkräften bei den verschiedenen Versammlungen mit Nahost-Bezug vor Ort, unterstützt durch Einheiten aus fünf Bundesländern.
In den kommenden Tagen sind weitere Kundgebungen geplant. Am Samstag folgt eine bundesweit mobilisierte Demonstration, die am Brandenburger Tor starten soll.
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