Israelhass beim Glastonbury-Festival: Fast wie im Mittelalter
Beim größten britischen Musikfestival in Glastonbury wurde am Wochenende Israelhass gefrönt – live zu sehen bei der BBC-Übertragung im TV.
Stein des Anstoßes ist das Konzert des Punk-Grime-Duos Bob Vylan. Am Samstag skandierte es von der Bühne „Tod den IDF“ – Tod den israelischen Streitkräften. Das führte zu polizeilichen Ermittlungen. Organisatoren, BBC, ja sogar Labour-Premierminister Keir Starmer haben die grenzüberschreitende Aussage verurteilt.
Der Sänger von Bob Vylan, bürgerlich Pascal Robinson-Foster, hatte beim Konzert die Menge zunächst mit „Free Free …“ angeheizt, was sie mit „Palestine!“ beantwortete. „Kennt ihr den hier?“, fuhr er fort: Und skandierte „Death Death to the IDF“, enthusiastisch von der Menge wiederholt.
Die alte Vernichtungsfantasie
Mit dem Slogan „From the River to the Sea, Palestine must be free“, der als Aufruf zur Vernichtung Israels verstanden wird, beendete Robinson-Foster schließlich die Szene. An anderer Stelle ließ er wissen, dass er einst „für einen verdammten Zionisten“ gearbeitet habe.
Noch am Abend wollte Kulturministerin Lisa Nandy von BBC-Intendant Tim Davie wissen, wie es dazu kam, dass dies live im Fernsehen übertragen wurde, eine Frage, der sich Premierminister Keir Starmer am Sonntag anschloss. Für Hassbotschaften gebe es keine Entschuldigung. Die BBC bestätigte, dass die Aussagen anstößig gewesen seien, weswegen ein Warnhinweis eingeblendet worden sei.
Inzwischen ist das Bob-Vylan-Konzert aus der Mediathek verschwunden. Die Veranstalter erklärten pflichtschuldig, in Glastonbury sei kein Platz für Antisemitismus oder für Aufrufe zur Gewalt. Zahlreiche jüdische Vertreter:innen und die israelische Botschaft verurteilten die Aktion scharf.
Via Social Media werden derweil weitere Hassansagen von anderen Bands zum Thema bekannt. Gesundheitsminister Wes Streeting, der sich als erster Regierungsvertreter zu den Vorfällen äußerte, gab an, dass es bizarr sei, dass so etwas auf einem Musikfestival passiert, wenn man bedenkt, dass Israelis am 7. Oktober auf einem Musikfestival massakriert und vergewaltigt wurden, einige verbleiben bis heute als Geiseln der Hamas. Er räumte jedoch ein, dass auch Israel seine Gewalt gegen Palästinenser:innen eindämmen müsse.
Eigentlich hatte man mit Ärger beim Konzert der irischen Krawallbrüder Kneecap gerechnet. Rapper Mo Chara, alias Liam Óg Ó hAnnaidh, hatte bei einem Gig in London im vergangenen November eine Hisbollah-Fahne geschwenkt und „Hoch auf Hamas und Hisbollah“ gerufen, was in England unter Terrorverherrlichung fällt.
Die BBC entschied vorsichtshalber, den Kneecap-Auftritt nicht live auszustrahlen. Mit Kufija bekleidet, beließ es Rapper Moglai Bap, alias Noise O Caireallain, am Samstag beim schlichten „F**k Keir Starmer.“ So weit, so hohl.
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