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Wiederaufbau der Dresdner CarolabrückeKaputte Brücken sind Chancen

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Die neue Brücke in Dresden soll vierspurig werden. Zwei Spuren hätten es auch getan oder noch besser: eine in die Zukunft weisende ÖPNV-Brücke.

Ausflug nach Dresden mit Fototermin vor der kaputten Brücke, die aber bald wieder wie neu sein soll Foto: Robert Michael/dpa

S eitdem sie im vergangen September völlig unerwartet kollabiert ist, steht die Dresdener Carola­brücke stellvertretend für Deutschlands marode Infrastruktur. Nun könnte auch die Debatte über ihren Wiederaufbau Schule machen. Am Donnerstag entscheidet der Dresdener Stadtrat über einen CDU-Antrag, nachdem die Stadt die Brücke wieder vierspurig aufbauen will.

Dagegen plädieren Ak­ti­vis­t:in­nen und Ver­kehrs­pla­ne­r:in­nen für deutlich reduzierte Versionen, in denen die Verkehrswende schon mitgedacht wird. So fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) nur zwei Fahrspuren. Die Initiative Verkehrswende Dresden fordert sogar, der Neubau solle eine reine ÖPNV-Brücke werden, nur für Straßenbahn, Rad- und Fußverkehr. Die Initiative Carolabrücke sammelt derzeit Unterschriften für die Rekonstruktion der historischen Brücke von 1895.

Diese sei nicht nur schöner, sondern auch nachhaltiger, da Bogenbrücken leichter zu reparieren seien. Allerdings wäre sie auch deutlich teurer. Auch wenn der Stadtrat sich wahrscheinlich für die autofreundliche Variante entscheidet, zeigt die Debatte über die Carolabrücke: Eine kaputte Brücke ist eine Chance, die Verkehrspolitik für die nächsten Jahrzehnte zu prägen. Es wird noch weitere Gelegenheiten zur Genüge geben.

Rund 50.000 Brücken müssen in den nächsten Jahren bundesweit ersetzt werden, schätzt der Thinktank T&E, darunter mehr als ein Drittel aller Brücken im Fernstraßennetz. In den meisten Fällen dürfte der Ersatzneubau eine den modernen Vorgaben angepasste Kopie des Vorgängers sein. Das ist die schnellste Variante, und da Brücken mehrheitlich Nadelöhre sind, deren Ausfall in der Regel große Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben, ist es verständlich, dass viele Kommunen diesen Weg bevorzugen.

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Doch es kann durchaus sinnvoll sein, sich mit der Entscheidung Zeit zu lassen und gemeinsam zu überlegen: Müssen auch in 50 Jahren noch dieselben Blechlawinen über unsere Brücken rollen? Oder wären Bus, Bahn und Fahrrad nicht die besseren Alternativen?

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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4 Kommentare

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  • Wieso bauen wir ueberhaupt noch Heizungen ein? In 50 Jahren wird es aufgrund des Klimawandels so milde Winter geben, dass wir keine Heizungen mehr brauchen.

  • Danke für den Artikel, der Verständnis für die momentanen Bedürfniss der Stadt zeigt und gleichzeitig eine freundliche Perspektive in die Zukunft richtet. Ja, Krise ist auch eine Chance destruktive Gewohnheiten abzulegen und nachhaltigere Konzepte zu entwickeln und nebenbei Stadt wieder etwas schöner zu machen. Es tut gut, hier von positiven Handlungsmöglichkeiten zu lesen.

  • Jaja blahblah.

    Es wird noch hundert Jahre dauern bis der ÖPNV den Individualverkehr ersetzt haben wird.



    Und selbst wenn das erreicht ist muss der ÖPNV ja irgendwo rollen.



    Und dann sind es nicht ein Bus die Stunde sondern zehn.



    Und jetzt durch idiologische Staus den Schadstoffausstoss hochzutreiben weil in hundert Jahren vielleicht kein Auto mehr zu rollen braucht scheint mir nicht der richtige Weg.



    Insbesondere angichts der E-Mobilität.

    Und was man ja auch nicht vergessen darf: Der Güterkraftverkehr wird sich auch kaum im Lastenfahrrad bewältigen lassen. In hundert Jahren nicht und auch nicht in fünfhundert Jahren.



    Wenn es dann überhaupt noch Menschen gibt ...

  • Viel nötiger fände ich hier endlich mal eine Diskussion über unsere völlig überbordenden Vorschriften.



    Denn die alte Brücke war 30 Meter breit und 4-spurig, ein Neubau mit gleicher Fahrbahnanzahl müsse nun wegen Vorschriften 41 Meter breit werden... - welch ein Irrsinn🤷‍♂️



    Eine Fahrspurbreite für Autos beträgt in Deutschland 2,75 bis 3,50 Meter. Eigentlich ist die voraussichtliche Geschwindigkeit Maßstab für die Spurbreite.



    Trotzdem, gönnen wir der neuen Brücke einfach 4 Autobahnspuren, also 4x3,50, ergo 14 Meter für 4 Autospuren.



    Dazu zwei ebenfalls 3,50 m breite Spuren für die Trambahn, so dass dort auch Busse fahren können, also eine Kombinationsspur unabhängig vom Individualverkehr für den ÖPNV. Wären 7 Meter.



    Dazu nochmal 5 Meter Fuß- und Radweg. Ob kombiniert oder getrennt. Und katpe für beide Seiten - also 10 Meter.



    Rechnung:



    14 Meter Kfz, 7 Meter Tram und Bus, 10 Meter Fuß und Rad.



    Macht 31 Meter.



    Wie um alles in der Welt kann es sein, dass ein Neubau 41 Meter braucht???



    Ressourcensparend bauen heißt auch, nicht jeden bürokratischen Wahnsinn mehr durchwinken.



    Auf 31 Metern ist genügend Platz für alle Vorlieben - Auto, ÖPNV, Fuß, Rad.