Frauengesundheit: Mutterschutz – auch ohne Kind
Dass Mutterschutz früher und trotz Fehlgeburt anerkannt wird, ist eine gute Neuigkeit. Für reproduktive Gesundheit muss indes noch mehr passieren.

F ehlgeburten können plötzlich passieren oder quälend langsam. Sie können damit beginnen, dass der Fötus, der auf dem Monitor der Frauenärztin zu sehen ist, merkwürdig stillzuliegen scheint. Oder damit, dass Blutungen und wehenartige Schmerzen einsetzen. Sie können begleitet sein von großer Trauer, die die Betroffenen lange nicht loslässt, von Depressionen und von Sprachlosigkeit.
Denn auch wenn das Tabu bröckelt: Öffentlich werden Fehlgeburten immer noch selten thematisiert. Damit einher ging bislang, dass Frauen im Stillen litten. Anspruch auf Mutterschutz gab es nicht, Anspruch auf Krankschreibung ebenso wenig.
Das hat sich nun geändert – endlich. Seit 1. Juni regelt der gestaffelte Mutterschutz für Fehlgeburten ab der 13. und bis zur 24. Woche, dass Frauen je nach Fortschritt der Schwangerschaft zwischen zwei und acht Wochen nicht arbeiten müssen.
Anerkannt hat eine breite Mehrheit des Bundestags damit nicht weniger als die Tatsache, dass Frauen nicht einfach Hüllen sind, in deren Körper Föten heranwachsen. Sondern dass ihr Wohlbefinden, ihre reproduktive Gesundheit zählt. Es wird – hoffentlich – bald unvorstellbar sein, dass Mutterschutz jemals nicht anerkannt wurde.
Untrennbar verknüpft mit diesem ist allerdings ein anderes, noch immer nicht gewährtes reproduktives Recht: das auf Schwangerschaftsabbruch. Während sich eine breite Mehrheit im Bundestag darauf geeinigt hat, die Rechte der Frau als Mutter auch bei Fehlgeburten zu stärken, wird denjenigen, die keine Mutter sein wollen, ihr Recht weiter verwehrt.
Dabei kann in einem Frauenleben beides passieren: das Leiden wegen einer Fehlgeburt und als Schwangere nicht selbstbestimmt zu sein.
Der Mutterschutz nach Fehlgeburten ist eine Errungenschaft, zweifellos. Gleichzeitig aber gilt: Reproduktive Rechte sind Menschenrechte, ob man nun Mutter ist oder nicht. Das muss auch die Union, die in dieser Legislaturperiode den Ton in Sachen Frauengesundheit vorgibt, endlich anerkennen.
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