Krieg in der Ukraine: Weitere EU-Sanktionen gegen Moskau in Arbeit
Nach russischen Angriffen auf die nordukrainische Stadt Sumy am Sonntag wollen EU-Außenminister den Druck auf Moskau erhöhen. Die Zahl der Toten steigt auf 35.

Die nordukrainische Stadt war am Sonntagmorgen Ziel russischer Angriffe geworden. Angaben des Staatlichen Dienstes für Notfallsituationen (GSTchS) vom Montag zufolge waren bei den Luftschlägen mit zwei ballistischen Raketen – davon eine bestückt mit Streumunition – mindestens 35 Menschen – darunter zwei Kinder – getötet sowie 119 Personen verletzt worden – davon viele schwer. Unter den Verletzten sollen 15 Kinder sein. Ziel der Luftschläge war die staatliche Universität Sumy im Zentrum der Stadt. Dort hatten sich viele Ukrainer*innen versammelt, um an Feiern zum Palmsonntag teilzunehmen.
Laut des ukrainischen Geheimdienstes seien an dem Angriff die 112. und die 448. Raketenbrigade beteiligt gewesen, die in den russischen Gebieten Woronesch und Kursk stationiert sind. Die erste Rakete sei im Kongresszentrum eingeschlagen, in dessen Keller 40 Minuten später ein Theaterstück für Kinder hätte beginnen sollen. Drei Minuten später habe eine zweite Iskander-M-Rakete eine belebte Kreuzung getroffen.
Am Sonntagabend hatte der ukrainische Präsident Selenskyj in einem Interview mit dem US-Sender CBS News US-Präsident Trump zu einem Besuch in die Ukraine eingeladen. „Bevor Sie Entscheidungen treffen oder Verhandlungen planen, kommen Sie und schauen Sie sich die Menschen, die Zivilisten, die Soldaten, Kinder, Krankenhäuser, Kirchen an, die gestorben sind oder zerstört wurden. Sie werden verstehen, mit wem Sie es zu tun haben. Sie werden verstehen, was Putin getan hat“, sagte Selenskyj.
Schuldzuweisung an Biden
Trump hatte die Angriffe auf Sumy als „schreckliche Sache“ bezeichnet. Wäre er jedoch damals Präsident gewesen, hätten die USA den Ausbruch dieses Krieges niemals zugelassen – eine klare Schuldzuweisung an die Adresse seines Amtsvorgängers Joe Biden.
Als Reaktion auf den russischen Angriff auf Sumy will die EU den Druck auf Russland erhöhen und die Arbeiten am nächsten Sanktionspaket vorantreiben. Dies sagten Diplomaten und Außenminister bei einem EU-Treffen am Montag in Luxemburg. „Ich denke, wir müssen maximalen Druck auf Russland ausüben, um diesen Krieg wirklich zu beenden, denn es braucht zwei, um Frieden zu wollen“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Das 17. Sanktionspaket sei in Arbeit.
Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot forderte die EU auf, die „härtesten Sanktionen“ gegen Russland zu verhängen, um die Wirtschaft zu schwächen und das Land daran zu hindern, den Krieg fortzusetzen. Empört zeigte sich auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. „Verstärkter Schutz der Ukraine ist Friedenspolitik“, sagte die scheidende Grünen-Politikerin. Je breiter die Unterstützung weltweit sei, desto wahrscheinlicher sei es, dass man einer Friedenslösung näher komme.
Warnung vor Eskalation
Unterdessen warnt der Kreml vor einer Eskalation in der Ukraine. Dazu könne es kommen, wenn Deutschland die seit Langem diskutierte Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an Kyjiw veranlasst, warnte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten in Moskau.
Der voraussichtlich neue Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am Sonntag in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ auf die Frage, ob er Taurus liefern würde, geantwortet, er habe „immer gesagt, dass ich das auch nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern tun würde“. Einige europäische Außenminister signalisierten Zustimmung. „Das wäre ein ganz wichtiges Signal, wie Europa in dieser Situation steht“, sagte der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp in Luxemburg. Sein polnischer Amtskollege Radosław Sikorski nannte Merz’ Angebot „sehr gut“.
Mitarbeit: Anna Klochko
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