Brandstiftung im Saarland: Polizei schließt Rassismus als Motiv nicht aus
Anfang April soll ein 64-Jähriger in St. Wendel einen arabischen Lebensmittelladen angezündet haben. Im Haus wohnen auch mehrere syrische Familien.
Nach bisherigen Erkenntnissen des Polizeipräsidiums Saarland soll der 64-jährige Tatverdächtige Holzplatten, die im Eingangsbereich des Ladens abgestellt waren, in Brand gesetzt haben. Das Feuer soll sich so schnell im Erdgeschoss ausgebreitet haben, dass mehrere Menschen, die im Haus wohnten, dieses nicht mehr hätten verlassen können. Dank aufmerksamer Zeug:innen, die unmittelbar nach der Brandlegung die Flammen bemerkten, konnte Schlimmeres verhindert werden. Sie löschten das Feuer mit Hilfe von Feuerlöschern, so dass die Flammen bis zum Eintreffen der Feuerwehr nicht weiter auf das Gebäude übergreifen konnten.
Der Besitzer des Lebensmittelladens berichtete der taz, dass am Laden und Gebäude Sachschäden entstanden seien. Dass niemand verletzt wurde, sei einzig dem schnellen Notruf durch Nachbar:innen zu verdanken. Den Grund für die Brandstiftung könne er nicht nachvollziehen. „Es ist das erste Mal, dass so etwas passiert. Eigentlich haben wir keine Angst. Wir hoffen einfach, dass es nicht noch einmal passiert“, so der Besitzer.
Der mutmaßliche Täter aus St. Wendel war bereits kurz nach der Tat festgenommen, dem Haftrichter vorgeführt und in Untersuchungshaft gebracht worden. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken geht von versuchtem Mord in mehreren Fällen sowie versuchter schwerer Brandstiftung aus. Laut Berichten des Saarländischen Rundfunks hatte der 64-jährige Mann unter anderem auch versucht, etwa 200 Meter entfernt vom Tatort einen Container mit Holzabfällen in Brand zu setzen.
17 rechtsextreme Brandstiftungen
Laut Bundesinnenministerium erreichte die Zahl rechtsextrem motivierter Straftaten im Jahr 2024 mit 41.406 Delikten einen neuen Höchststand – insgesamt 1.443 Gewaltdelikte und mindestens 17 Brandstiftungen wurden demnach als rechtsextrem eingestuft. Auch der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) zeigt sich alarmiert. Zwischen 2020 und 2023 registrierte der Verband bundesweit 110 Brandanschläge mit rassistischem, antisemitischem oder rechtsextremem Hintergrund.
Derzeit läuft vor dem Landgericht Wuppertal ein Prozess wegen Brandstiftung. Angeklagt ist ein 40-Jähriger, der im vergangenen Jahr ein Mehrfamilienhaus in Solingen in Brand gesetzt haben soll. Bei dem Feuer kam eine vierköpfige Familie aus Bulgarien ums Leben, 21 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Polizei hatte zunächst erklärt, es gebe keine Hinweise auf ein „fremdenfeindliches“ Motiv. Die Nebenklage schließt ein rassistisches Tatmotiv dagegen nicht aus – in dem Haus lebten „überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund“ und im Wohnhaus des Angeklagten wurde neonazistische Literatur gefunden.
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